OP
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Jetzt sage ich mal Danke, und zwar für Ihre nachdenklichen Threadthemen hier im Forum, die sich so grundlegend und wohltuend von den Propagandsträngen unserer Systemtreuen Liga unterscheiden.
Dieses haltbare Glück ist wohl eine der Grundsehnsüchte der Menschheit. Oft ist es schwierig, das rechte Maß zwischen Festhalten und Loslassen (oder auch Freireaum geben) zu finden. In einer Ehe kann sich heraus stelen, dass die Freizeitinteressen sich stärker unterscheiden als man zu Beginn der Ehe wahrhaben wollte oder als man geglaubt hat. Soll ich nun meiner Partnerin Freiraum lassen und mir davon im Gegenzug auch so viel davon nehmen wie es mir passt oder sollte ich versuchen, so viel mit ihr gemeinsam zu unternhmen wie nur irgend möglich? Mein Verstand sagt mir, man sollte der Partnerin zuliebe auch mal was mit ihr tun, was man selber nicht so mag. Wenn sie dann im Gegenzug auch entgegen kommt, mit Aktivitäten die nur ich mag, dann passt das, solange sich die wechselseitigen Aktivitäten die Waage halten.
Ein anderer Aspekt sind vergangene Lebensabschnitte. Ich erinnere mich nur allzu gerne an meine Studentenzeit zurück. Wenn ich mich in der Stadt meines Studiums aufhalte denke ich mitnichten daran dass ich diesen Beruf nicht mehr ausüben kann, sondern heute nur noch an die schönen Stunden meines damaligen Studentenlebens. Die Zeit, in der ich "büffeln" musste, gehört zwar auch dazu, ist aber in meiner Erinnerung nicht mehr relevant.
Vor Beginn meines Studiums hatte ich auf der Volkshochschule ein "Ergänzungsstudium 10. Klasse absolviert, einen 3 Monatigen Kurs, bei dem das Schulwissen bis zur 10. Klasse aufgefrischt wurde. Ursprünglich hatte ich die Absicht, nach diesem Kurs das Abitur in Abendschule nachzuholen. Dafür wurde ich aber trotz dieses Auffrischungskurses nicht zugelassen. Für mich war eine Welt zusammen gebrochen. Ich wollte mich beruflich weiter entwickeln, habe damals im Schreibmaschinenwerk am Fließband gearbeitet und wollte diese monotone Tätigkeit ein für allemal hinter mir lassen. Dabei waren die Arbeitstakte inhaltlich noch einigermaßen anspruchsvoll, da nicht ausschließlich Montagearbeit sondern teilwese auch mechanisch Justierung zu erledigen war, es gibt weitaus schlimmere Flißbandjobs mit viel monotonerer Arbeit. Aber das Arbeitsklima war auch nicht besonders gut, Erzählen konnte man persönliche Dinge nur sehr wenigen, hatte man mit dem faschen Kollegen geplaudert wußte eine Stunde Später die ganze Abteilung davon. Ich wollte daher um jeden Preis da weg und eine interessantere Arbeit haben. Hinzu kam, dass ich mich mit den Klassenkameraden der Abendschule so gut verstanden habe, wie vorher in meiner ganzen 10 Jährigen Schulzeit nicht. Schon wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe wollte ich das Abi mit diesen zusammen absolvieren. Dann aber die Ablehnung. Privat, wenn die am Wochenende was unternommen haben, war ich regelmäßig dabei, den Kontakt zu ihnen konnte mir die Volkshochschule mit der Ablehnung also nicht zerstören, ja, bis die das Abitur fertig hatten. Danach lief die Gruppe schlagartig auseinander und ich habe außer 3 Leuten niemanden mehr je wieder getroffen. Das hat weh getan. Auch als ich dann ein Jahr nach der Abi Ablehnung ein Fachschulstudium augenommen habe mußte ich ständig an meine Volkshochschulklassenkameraden denken und war nicht offen genug für die neuen Kontakte.
Dann musste ich, das erste Mal in einem Internat, Mobbing ertragen. Erst ein Fachrichtungswechsel, der auch mit einem Wechsel der Fachschule verbunden war, hatte Erleichertung und endlich die ersehnten neuen Schulfreunde gebracht. Und:
- während die Abiturklasse sich in alle Winde verstreut hat, gibt es mit meiner Seminargruppe vom Studium bis heute regelmäßige Treffen, alle 3 Jahre.
- war nach Abschluss meines Studiums die Luft so weit raus, dass ich nicht länger hätte studieren wollen, denn das tolle Studentenleben ist das Eine, das Andere ist, dass man für so ein Studium auch was tun muss, lernen!
Aber ich wollte nun endlich mein Wissen anwenden und im neuen Beruf arbeiten. Als ich meinen Abschluss hatte, waren meine Abiturkameraden noch im Studium. Erst dann konnte ich wirklich dieser ganzen Geschichte was positives abgewinnen. Bin dann sogar zu jener Schule gefahren, um mich vor diesem Gebäude bewusst an den Schmerz zu erinnern, den ich empfunden habe damals und wenn ich manches Mal nach Arbit vor Beginn das Abi Lehrganges da hin bin, um die Klassenkameraden zu sehen. Nun aber hatte ich meinen Abschluss in der Tasche, während die anderen noch studieren. Einmal habe ich diese Erinnerung vorher gebraucht, um mich zu motivieren die Ingenier-Abschlussarbeit so ins Reine zu schreiben, dass man sie einer Sekretärin zum Abtippen zumuten konnte. Irgendwie hatte ich da gar keinen Bock dazu, diese Abschlussarbeit war mit Schreibmaschine geschrieben abzuliefern und meine Handschrift war einfach beim besten Willen nichtleserlich genug für eine dritte Person. So half es alles nix. Ich bin dann wiederum zu der besagten Abiturschule gefahren, habe die schmerzliche Erinnerung wirken lassen. Danach habe ich dann doch besser noch diese Reinschrift meiner Ingenierarbeoit erledigt. So kurz vor dem Ziel soll man nicht aufgeben.
In Bezug auf das Loslassen sollte das passen, wegen dieser Volkshochschulkameraden.
Heute ist der Schmerz vergessen, aber das war ein langer Prozess. Möge sie alle auch in einem gut bezahlten Job arbeiten.
Repekt vor solchem Elan ein Abitur in Abendschule zu absolvieren, zumal das alles in der DDR war, wo sie auch wirklich alle noch gearbeitet haben. Das schafft wirklich nur jemand, der nicht allzuviel nach der Schule nacharbeiten und üben muss.
Ich habe viel zu viel Zeit zum Nacharbeiten des Lehrstoffes gebraucht, auf Abendschule hätte ich das wohl nie und nimmer gepackt. Hinzu kommt, dass Elektronik, was ich studiert habe, auch in der DDR ein Numerus Klausus Fach war. Wohl nicht zuletzt der Mangelwirtschaft geschuldet. Mit Elktronikkenntnissen konnte man sich in vieler Hinsicht selbst helfen. Lichtorgel bauen, sein Radio selber reparieren, Lichtanlage am Fahrzeug selber instand setzen und anderes.
Jetzt hab ich wieder viel von mir erzählt, aber um zum Thema zurück zu kommen:
Loslassen braucht auch ein Stück Lebenserfahrung. Wenn man loslässt kann es sein, dass man etwas besseres dafür bekommt oder auch mit dem Neuen leichter zum Ziel kommt.
Ich bedanke mich herzlich für die Schilderungen einiger Ihrer Lebensstationen. Und ich kann mich gut in Ihre entsprechende Gefühlswelt hinein versetzen.
Manchmal sind eben vermeintlich starke Verbindungen zu anderen Menschen nur der zeitweisen Interessensgleichheit geschuldet. Wo dann manche, sollte diese wegfallen, da wenden sich dann manche ab nach dem Motto: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan....
Was dann zeigt, dass es nichts über einen "Lehrstoff" hinausgehende Verbindung gab. Das ist nicht das Wesen von Freund- oder Kameradschaften. Und - eigentlich - sollte man da nicht hinterher trauern. Aber weh tut so etwas doch, wenn man selbst da mehr an Verbundenheit hinein gedacht hatte.
Es ist wohl meistens eine Überwindung "zu neuen Ufern" aufzubrechen. Weil man nicht weiß, ist es ein "rettendes". Somit blickt wohl so mancher mit (Verlust)Angst und Wehmut zurück, so er/sie loslässt.