Wann hat er denn gezögert?
Im Tagebuch von Goebbels lesen wir im Januar 1930
"Hitler trifft wie gewöhnlich keine Entscheidung ... Es ist zum Kotzen mit ihm! Hitler selbst arbeitet zu wenig. So geht das nicht weiter. Und hat nicht den Mut Entscheidungen zu faellen " und weiter "ich bin ueberzeugt er wird am Montag nicht kommen. Um sich vor Entschluessen zu druecken: Das ist der alte Hitler! Der Zauderer! Der ewige Hinhalter!'
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Goebbels musste es ja wissen. Auch Christopher Browning hat Hitler ja als Zoegerer dargestellt, dieses Motif liest man oft. Der bekannte Befehl bei Duenkirchen, das Verlegen von Barbarossa, da gibt es einige Beispiele.
Opferbereitschaft?
Was war Hitler denn bereit von dem was er bereits besetzt hatte zu opfern, für eine Verständigung mit Polen? Wenn ich raten sollte, keinen Quadratmeter, aber ich lasse mich gerne überraschen.
Nun im Mai 1933 erklärte Hitler das er die polnische Westgrenze respektieren wuerde. Immerhin haette das bedeutet ganze Staedte wie Bromberg, mit ueber 100,000 Einwohnern den Polen zu ueberlassen. Grunwald, Neudstadt, Altstadt, Wilda, Posen, Bentschen all diese Staedte waeren Polnisch geblieben. Anlässlich des Austritts aus dem Völkerbund (Oktober 1933) bot Hitler Polen Verhandlungen an und beendete demonstrativ die Zusammenarbeit mit der UdSSR. Mit dem Nichtangriffspakt lehnte Hitler den Krieg als Mittel der Problemloesung zwischen Polen und Deutschalnd zu loesen ab, etwas zu dem Streseman nie bereit war. Hitler lud die Polen sogar ein sich bei der Zerteilung Tscheschiens zu beteiligen und ueberliess Polen Teschen und das Olsagebiet, was er gar nicht haette tun muessen. Deutschland hatte sich Rest-Tscheschien also gar nicht einverleibt, Deutschland und Polen taten das, und noch ein paar andere.
Den diplomatischen Weg hatte mit der Annektion der Rest-Tschechei doch selber verlassen. Ich kann doch nicht erst sagen: "Och, was wir in München vereinbart haben, interessiert mich nicht mehr, ich nehme mir einfach was ich will" und anschließend an der Verhandlungstisch zurückkehren. Das ist kindisch. Entweder ich setze auf Verhandlungen, dann muss ich meine Zusagen die ich im Rahmen der Verhandlungen mache einhalten, oder ich setze auf Gewalt. Beides geht nunmal nicht und ja, wenn er die Rest-Tschechei annektiert, kann er das Korridor-Problem nur noch mit Gewalt lösen. Das Adjektiv "gezwungen" ist allerdings kühn in diesem Zusammenhang.
Man kann aber doch nicht so tun als ob jedes Abkommen das ein Staat trifft in der Geschichte immer eingehalten worden waere, die Umstaende aendern sich und natuerlich werden solche Abkommen dann und wann einseitig gekuendigt wenn sie nicht mehr im Interesse des einen oder anderen Staates sind. Nochmal, die Polen haben ja selber die Rest-Tscheschei mit-auseinander genommen, wenn ueberhaupt hat das Polen und Deutschland nochmal naeher zusammen gebracht. Selbst die Amerikaner sagen ja, macht Vertraege, but carry a big stick.
Hitler hat ja auch spekuliert, er könne die UDSSR schlagen. Ein eingefleischter Optimist.
Fairerweise, hat ja jeder Beobachter der Zeit gedacht die UdSSR wuerde in wenigen Wochen fallen, schliesslich hat sie sich beim Krieg mit Finland blamiert, die Offiziere wurden ermordet, der Krieg gegen Polen wurde verloren. Das die Sowjets schnell besiegt wuerden hatte die Times in London auch geschrieben, jeder dachte das. Hindsight is 20/20.
Das ist ja klar, aber wie passt die Rest-Tschechei hier ins Bild?
Ich denke wenn man eine Staat zerschlaegt, nimmt man auch alles was man haben kann, wie gesagt die Skoda Werke waren sehr wertvoll und Hitler muss sich gedacht haben warum nicht grosse Teile der Tscheschei nehmen, er hat ja nicht alles genommen. Man darf nicht vergessen das die Tscheschei fuer viele, vor allem Oesterreicher, ein Saisonstaat war, ein kuenstliches Gebilde das erst nach dem 1.WK erstand das gar nicht existieren sollte.
Das war ja auch eine hypothetische Aussage.
Wenn, Hitler das Verhältnis zu Polen ohne Krieg hätte lösen wollen, dann...
Nun die Polen hatten ja lange diplomatische Geschichte mit Frankreich, und auch die Briten standen da hinter Polen, es ist schwer denkbar das die Alliierten die Polen wie die Tscheschei abserviert haetten.
Darum gehts aber nicht. Wichtig war die Frage, ob Hitler bereit ist, Absprachen mit den Westmächten einzuhalten und seine Expanion auf deutsche Gebiete zu beschränken. Beide Fragen hat die Annektion der Tschechei mit "NEIN" beantwortet.
Einen Moment, das haben ja wohl alle Staaten zu der Zeit getan, sich Gebiete einzuverleiben die nicht Ihnen gehoerten, wie die Polen an Pommern, Posen usw kamen, die Briten an Gibraltar usw ist doch weithin bekannt, wieso sollte Deutschland sich da so besonders zurueckhalten wenn andere das nicht taten? Uebrigens waren selbst nach Muenchen Neville Chamberlain und Co bereit ueber Danzig und den Korridor zu verhandeln, also das das nicht mehr gegangen waere glaube ich nicht. Sicher die Zerteilung Tscheschiens war da keine Hilfe, aber jeder Staat wusste das Eigeninteresse ueber Abmachungen vorrang hatte. Man war nicht so naiv zu erwarten das alles auf Ewigkeit feststeht.
Wogegen die Deutschen natürlich vorhatten, die Tschechei wieder rauszurücken, und natürlich wollten sie auch keine sonstigen nicht-deutsch besiedelten Gebiete annektieren.
Nein, ich sag' ja jeder Staat ist sich selbst der naechste, zu der Zeit. Allerdings glaube ich wirklich der Fehler war zu gierig zu werden, haette Hitler strikt Deutsch besiedelte Gebiete annektiert, es waere vielleicht gelungen.
Es war aber auch möglich, dass die Lösung der Korridorfrage Hitler zum Angriff verlockt hätte, wogegen Festigkeit ihn beeindruckt hätte.
Es war nicht moeglich das Festigkeit ihn beeindruckt haette, schliesslich blieben die Polen beim Korridor unnachgiebig und gerade deswegen hat Hitler sie dann in Tausend Stuecke zerhauen.
Aus zeitgenössischer Sicht die wahrscheinliche Variante, da Appeasement offenbar nicht funktioniert hatte.
Wie gesagt, die Polen selber haben sich ja bei der Teilung Tscheschiens beteiligt. IMHO ich glaube nicht das Muenchen sie abgeschreckt hatte, mit den Franz u Brit Garantien hatten sie einfach die bessere Hand, dachten Sie, und hofften sogar auf Krieg. Wie Du vielleicht weisst hat Polen in den 20gern sogar Mit Frankreich Gespraeche gefuehrt um zu sondieren ob Frankreich nicht einen Praeventivkrieg gegen Deutschland fuehren wollte, bei dem Danzig usw sofort besetzt wuerden. Die Kriegsplaene der Polen gegen Deutschland sind bekannt .
Taktische zeitweilige Zugeständnisse wie Südtirol, waren sicher möglich, Italien hätte er nach einem Sieg gegen Russland schließlich leicht annektieren können. Scheint mir aber kein Beleg, dass er das wirklich opfern wollte, wurde das nach der Besetzung Italiens nicht wieder eingesackt?
Nicht formell, es gab die Operationszone Alpenland die nominell zu Italien, bzw der Puppenrepublik, aber das war ja nur wegen der Besetzung Italiens, also ein ad-hoc Vorgehen, und so niemals geplant gewesen.