Das ist keine (alleinige) politische Frage, das ist eine ethische Fragestellung.
Das bedeutet auch, dass man in dieser Frage keinen finalen eindeutigen Ansatz finden kann. Jedenfalls beim derzeitigen Stand der Forschung und Medizin nicht.
Kaum umstritten ist die Fragestellung, wann das Leben beginnt: Beim Verschmelzen von Eizelle und Samen.
Nur - mehr als die Hälfte der Zygoten stirbt ab....fordern wir deshalb eine Bestattung?
Kaum umstritten ist die Fragestellung, wenn es darum geht: Mutter oder Kind (im Mutterleib). Da wird regelmäßig für die Mutter entschieden - weil das Kind nicht lebensfähig ist. In den wenigen Fällen, in denen die Mutter nicht lebensfähig ist, entscheidet man sich für das Kind (beispielsweise hirntote Mutter, die noch ein Kind im Mutterleib hat, darf nicht sterben, bis man das Kind zur Welt gebracht hat).
Schwierig wird es bei der Frage des Schwangerschaftsabbruchs. Da gibt es einerseits eine Grenze bei derzeit ca. 21 Wochen - darunter wurde noch kein Frühgeborenes erfolgreich ins Leben entlassen. So gesehen könnte man aus diesem ableiten, dass spätestens mit der 21. Schwangerschaftswoche die Mutter eine Alternative zum Abbruch hat! (Frühchen auf die Welt holen, und um den Rest kümmert sich die Medizin und dann der Staat)
Was aber davor?
Am unteren Ende gibt es noch die legale Variante der Pille danach...für bis zu 72 Stunden nach vermutlich erfolgreichem Sex ohne Verhütung....
Drei Tage danach bis zur 9. Schwangerschaftswoche gibt es dann die Abtreibungspille - bis zur 12. Schwangerschaftswoche darf man noch ohne Konsequenzen abtreiben, wenn man die Spielregeln eingehalten hat. Die Spielregeln beinhalten dabei, dass die Frau eine bewusste Entscheidung nach Beratung (im Sinne des Lebens des Ungeborenen) durchgeführt hat.
In Summe finde ich die Regelungen bei uns ok.
Durch die Beratungspflicht kann man annehmen, dass keine Frau abtreiben lässt, ohne eine zweite Meinung zumindest in Erwägung gezogen zu haben. Die Beratungspflicht geht immer zu Gunsten des Kindes. Trifft die Frau für sich dennoch die Entscheidung, dann geht man davon aus, dass man sie nicht zum Leben des Kindes überzeugen konnte.
Sollte die Medizin aber zukünftig Verfahren finden, die einen Uterusersatz auch schon ab der ersten Schwangerschaftstage ermöglichen, halte ich es für wahrscheinlich, dass die Diskussion erneut massiv aufflammen wird.
So richtig anders sind die Einschätzungen in New York dann auch nicht. Die späten Abtreibungen sind nur erlaubt, wenn es dafür gute Gründe gibt...beispielsweise einen nicht lebensfähigen Embryo.
Mit passenden Argumenten kann man aber auch sogar schon die "Abbrüche" durch die Pille verteufeln....nach dem Motto: Wenn eine Frau es einem Mann erlaubt, in sie sexuell einzudringen, dann ermöglicht sie es ja auch dem Mann prinzipiell, neues Leben zu schaffen. Die in ihr enthaltene Eizelle könnte also zu neuem Leben werden, wenn der Mann seinen Samen in ihr ergießt. Die Pille und andere Verhütungsmittel verhindern den eigentlich gewollten Akt des Lebens...
Mit solchen Sichtweisen wäre man nah dran beispielsweise an der katholischen Sichtweise, dass Sex ein Akt der Zeugung ist.
Nur: "Tue, was du willst" ist nicht gleichbedeutend mit "Will auch, was du tust..." denn wenn ein Mann und eine Frau Sex haben, dann tun sie in der Regel das, was sie wollen - aber sie wollen nicht unbedingt das, was sie tun - also den Akt der Zeugung im Sinne der Entstehung neuen Lebens.
MIT der Entstehung neuen Lebens aber verändern sich die Bedingungen radikal, denn dann geht es nicht mehr nur um die Interessen von Frau und Mann, sondern auch um die Interessen des Kindes.
Die deutsche Regelung halte ich für einen vernünftigen Kompromiss - und sie ist nicht zu weit weg von dem, was in New York geht.
Sofern die Medizin Möglichkeiten findet, ungeborenes Leben auch schon vor dem 12. Monat überlebensfähig durchzubringen, wird aber berechtigterweise die Diskussion neu geführt werden müssen.WIE man entscheidet, ist eine ethische, keine politische Frage.