Guten Tag tyr,
offenbar weißt Du nicht, was unter „Kapitalismus“ zu verstehen ist und verwechselst ihn mit anderen Wirtschaftsformen, wie insbesondere dem „Merkantilismus“. Im Kapitalismus entscheidet der Markt in Form von Angebot und Nachfrage über die Qualität, die Quantität und den Preis von Produkten. Damit entscheiden alle am Wirtschaftsgeschehen beteiligte Personen. Demgegenüber entscheidet in der Wirtschaftsform absolutistischer Staaten, also dem Merkantilismus, der Herrscher bzw. eine kleine herrschende Schicht. Sie entscheidet, was zu welchem Preis zu produzieren und zu handeln ist.
Kapitalismus ist gleichzusetzen mit freier Marktwirtschaft. Der Markt und damit alle am Markt Beteiligten, entscheiden. In allen anderen Wirtschaftsformen entscheiden Einzelne oder eine Gruppe von Einzelnen (z.B. ein Politbüro). In Wirtschaftssystemen, in denen es Leibeigenschaft gibt, herrscht eine absolutistische Wirtschaftsform. Die hat jedoch nichts mit Kapitalismus zu tun, denn der setzt auf freiwilligen Handel von Beteiligten. Von freiwilligem Handel kann bei Sklaven nicht die Rede sein.
In seinen frühen Anfängen (industrielle Revolution) entwickelte der Kapitalismus weder ein Proletariat, noch Armut, sondern traf genau das an: bitterste Armut. Die Menschen verließen nicht die Landwirtschaft, weil es auf dem Lande so idyllisch, auskömmlich und schön war, sondern weil auf dem Lande das blanke Elend grassierte. Schwere Hungersnöte insbesondere auf dem Land waren über Jahrtausende gang und gäbe. Das war gegeben, als der Prozess der Industrialisierung begann. Und er kam zur rechten Zeit, denn im Vergleich zum Massiv-Elend auf dem Lande ging es selbst in den ganz frühen Zeiten der Industrialisierung den Menschen relativ besser und zwar obendrein mit sich stetig verbessernder Tendenz.
Jedes Land der Erde, auch die heute reichsten, war über Jahrtausende ein Elendsland, um dann, mit der Industrialisierung, zum Billiglohnland zu werden. Unsere Urgroßväter und Urgroßmütter waren alle Billiglohnempfänger. Allerdings – und das übersehen viele – befindet sich auch jedes Billiglohnland in Entwicklung. Wie es Jahrtausende von Jahren zuvor nicht schafften, schaffte es die Industrialisierung, über wenige Generationen hinweg für breit gefächerten Wohlstand zu sorgen, von dem wir bis heute natürlich profitieren und auf den wir aufsetzen.
Wir setzen auf dem auf, was unsere Vorfahren als Billiglohnarbeiter(innen) bewerkstelligten. Der Schritt in die wohlhabende Wissensgesellschaft von heute im Westen geht nicht auf einen Schlag. Es muss ein Prozess dazwischen stattfinden. Jede reiche Industrienation der Welt hat diesen Prozess durchgemacht. Und wie auch jüngere Beispiele zeigen (z.B. ehemalige Billiglohnländer, wie Südkorea, Taiwan, Japan, Singapur) kann dieser Prozess sogar in nur einer einzigen Generation gelingen.
Im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs profitierten natürlich auch die Lohnarbeiter. Einerseits durch höhere Löhne, andererseits durch mehr Rechte. Der Aufstieg erfolgte rasant. Gewerkschaften gründeten sich, die Politik kümmerte sich zusehends, etc.
Im Anblick eines solchen günstigen Prozesses davon zu reden, dass die Lohnarbeiter „rechtloser und ärmlicher“ dran waren als Sklaven, zeugt von massiver Ignoranz.
ein Lohnarbeiter hatte keinen Wert, er war beliebig ersetzbar.
Auch hier ist leider wieder ein erheblicher Denkfehler. Nur weil etwas ersetzbar ist, bedeutet das natürlich nicht, dass es „keinen Wert“ hätte.
Ferner geht es nicht um den Wert des Lohnarbeiters, sondern um den Wert seiner Arbeit. Beim Sklaven hingegen geht es tatsächlich um den Wert des Sklaven an sich.
Der Lohnarbeiter bringt seine Arbeitskraft ins Spiel. Übrigens natürlich in jedem wirtschaftlichen System. Seine Arbeitskraft ist natürlich nicht deshalb „wertlos“, bloß weil sie ersetzbar ist.
In jedem Wirtschaftssystem wird die Arbeitskraft ins Spiel gebracht. Sie wird benötigt, sie ist wertvoll, für sie wird gezahlt.
Nein, das ist Marktwirtschaft. Kapitalismus ist nichts anderes als Verleih von Kapitalien gegen Mehrwert/Zins und des Wiederverleih des Zinsertrages(Zinsezins).
Tut mir leid aber Du hast keine Ahnung.
Der Verleih von Kapital für Zinsen findet sich in faktisch jeder Wirtschaftsform. Auch im Sozialismus einer UdSSR, in Rot-China oder in der Ex-DDR. Einzig in religiös verblendeten und entsprechend rückständigen „Gottesstaaten“ ist der Verleih von Geld gegen Zins verboten.
Natürlich gibt es auch im Kapitalismus einen Verleih von Geld gegen Zins. Dort gibt es einen Finanz-MARKT. Der Markt entscheidet über die Höhe der Zinsen. In sozialistischen Ländern entscheidet hingegen der Staat bzw. ein Polit-Büro-Gremium über die Höhe der Zinsen.
Ferner „übersiehst“ Du, dass im Kapitalismus niemand gezwungen wird, einen Kredit aufzunehmen. Freilich gibt es sehr gute Gründe dafür. Z.B. weil jemand ein Unternehmen gründen oder vergrößern will. Das wäre Kreditaufnahme für Investitionsvorhaben. Oder weil jemand ein Produkt möchte und nicht warten will, bis er das nötige Geld zusammen gespart hat. Da kann es sich um kleinere Dinge ranken, z.B. ein doller Flach-TV, oder um größere (ein Auto) oder noch größere (eine Immobilie). Da geht es dann um einen Kredit für Konsum.
In jedem Fall erfolgt die Kreditaufnahme freiwillig und es ist gut, dass es die Möglichkeit zur Kreditaufnahme gibt. Ohne diese Kreditaufnahme gäbe es keinen technischen oder wirtschaftlichen Fortschritt, wir alle würden noch auf einem Niveau des auslaufenden Mittelalters herumdümpeln und somit in erschreckendem Elend leben.
So ist er auch entstanden, aus dem Geldverleih gegen Zins einiger Händler an die neu entstehenden absolutistischen Herrscher jenseits des 15.Jh....
Absolutistische Herrscher entstanden nach dem 15. Jahrhundert nicht „neu“, sondern herrschten bis zur Aufklärung bzw. zur industriellen Revolution durch die Bank über Jahrtausende hinweg. Erst ein wohlhabender werdendes Bürgertum (also Kapitalisten) bereiteten die Grundlage zur Abschaffung des Absolutismus. Das aufkommende Bürgertum wollte einfach mitbestimmen und zwar weil es auch Geld hatte (aber keinen Adelstitel).
Kredite sind keine Erfindungen des Kapitalismus, Kredite sind überhaupt keine Erfindung, sondern eine natürliche Gegebenheit. Sie kommen beim Tauschhandel automatisch vor. Auch, wenn lediglich Naturalien oder Zwischentauschmittel verwendet werden.
Vor rund 5.000 Jahren konnten sich Bauern in Mesopotamien Saatgut leihen und mussten es erst nach der Ernte (plus Zinsen natürlich) zurück“zahlen“. Und zwar in Form von Saatgut.
Dieses Kreditgeschäft funktionierte, denn alle Beteiligten profitierten. Und so funktioniert es noch heute.
Jetlag