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... nur, wozu brauche ich dann diesen Chiemgauer in Kiel, wenn ich ihn doch dort mit dem Euro decken (garantieren) muss ????!!!
Das ist die richtige Frage, die zugleich Ausgangspunkt des damaligen Geldversuchs war.
In einer von Verarmung und schweren Arbeitslosigkeit geprägten gesamtgesellschaftlichen Krise, war jeder Österreich´sche Schilling auch in Wörgl fürs Notwendigste zurückgehalten. Kein Sparen im klassischen Sinne, sondern blanke Notvorsorge, wo überhaupt noch Reserven steckten.. Um den Gemeindebewohnern zu helfen hatte die Gemeinde kein Geld und die Gemeindebewohner hatten wiederum kein Geld, die Gemeindekassen mit eigentlich zu zahlenden Steuern zu bedienen. Das Geld, was die Gemeinde hatte, wäre in Vorleistung oder Lohn verpufft, denn unter Druck stehende Haushalte bezahlen von ihren Einnahmen existentielle Dinge zuerst, wie Miete, Essen, Medizin (und ... Drogen zur Betäubung).
Da ist die Idee, mit Schuldscheinen auf der einen Seite und mit Arbeit auf der anderen Seite) aus diesem Dilemma der Wirtschaftsmisere zu kommen, sehr naheliegend. So muss man nicht ins Leere pfänden, schafft Leistungen in die Gemeinde und bringt die Leute in eine schuldenferiere Position.
Wenn man das mit Geschick macht (schnell amortisierende Investitionen) dann hat man sogar zusätzlich Synergieeffekte, die allen nutzen.
So weit so gut, aber die Sache hat natürlich einen Haken. Dieses Spiel ist nur solange gesund, wie die Schulden der Steuersäumigen maximal in den aktuellen Zeitraum bedient werden (abgearbeitet werden). Alles darüber hinaus bedeutet ==> Schuldaufhäufung der Gemeinde und die lässt sich in der Zukunft nicht mit der Ersatzwährung abgelten.
Die Aktion in Wörgl war also im Beginn eigentlich ein witzige Angelegenheit, der gesamtgesellschaftlichen Krise eine regionale Auszeit zu verpassen. Am Punkt jedoch, wo über säumige und aktuelle Steuern weiterhin Arbeitsscheine (Ersatzgeld) ausgegeben wurde, begann zugleich eine in aller Welt sich verbietende Haushaltspolitik; Ausgaben über Verhältnisse.
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Mal noch ein ganz anderer Punkt, den die Eiferer für Wörgl gerne unterschlagen.
Wenn sich eine Gesellschaft formiert, dann ist sie, egal, wie schlecht organisiert oder von Krisen gebeutelt kein Rahmen, wo sich Enklaven einfach herausnehmen können, die Leistungen in die Gesellschaft abzubrechen und ihr eigenes Ding auf Kosten der anderen zu machen. Bis zu einem gewissen Level akzeptiert die bürgerliche Gesellschaft Eigennutz auf Kosten anderer, auch unsere moderne BRD. Aber wenn zum Beispiel Tauschringe sich so gestalten, dass mit ihnen hauptsächlich Steuerhinterziehung betrieben wird, dann ist es der Gesamtgesellschaft gutes Recht, das zu unterbinden.
Demnach hätte der Staat Österreich gegen die Gemeinde Wörgl nicht nur wegen der Nichtbeachtung von Haushaltskriterien eingreifen müssen, sondern auch, um asoziale Ausgrenzung aus dem Staat durch die Gemeinde zu verhindern.