Ja gut, aber das alles hat auch noch andere Ursachen als etwa die Politik der Merkel-Regierung.
Das ist richtig, aber die Politik setzt die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Gesellschaft, vom sehr wichtigen inneren Frieden, bis zur Gesetzgebung. Wenn man die Machbarkeit von Politik beurteilen will, muss man die Kumulation der letzten 50-75 Jahre betrachten, Merkel allein ist da zu kurz gegriffen, denn die ganze heutige Grundlage der Deutschen Gesellschaft ist ja eine über lange Zeit gewachsene, sowohl materiell als auch von den Überzeugungen her.
Und du hast Negativaspekte absolut unterschlagen.
Negativpunkte lassen sich je nach betrachteter Detailstufe immer finden, aber im internationalen Vergleich aller Kennzahlen ist Deutschland nun mal weltweit führend und woran will man sonst den relativen Erfolg eines politischen Systems messen?
Du meinst sicher die deutsche französische Erbfeindschaft.
Beides ist nicht Verdienst der Merkel-Koalition, besser Merkel-Diktatur. (Diktatur kann man es nennen, weil div. Aspekte das genau zeigen, z.B. "meine Politik ist alternativlos")
Die Deutsch-Französische Freundschaft heute ist einer dieser angesprochenen Langzeiteffekte von Politik, die in die Betrachtung einfließen muss. Mit einer Diktatur hat das nun wirklich nichts zu tun, keiner in der Regierung hat echte Alternativen auf den Tisch gebracht.
Sich als Jetzt-BRD mit der Friedlichen Revolution 1989 zu brüsten, ist schon heftiger Tobak.
Hast du da mitgemacht? Ich war mit demonstrieren, und ich weiß, dass genau diese friedliche Revolution kein Verdienst der BRD-Politik war, sondern das Aufbegehren gegen eine starrsinnige und wirtschaftlich falsche Politik der SED und deren Stasi.
Es ist aber eindeutig auch der deutschen Politik zuzuschreiben, dass die ganze Nummer friedlich geblieben ist, das hat letztlich Kohls Management der Amerikaner und Russen bedeutend mitgetragen und nur eine sehr stabile Demokratie kann das über 25 Jahre mittragen. Dass du friedlich demonstrieren konntest hat also sehr viel mit der Politik zu tun.
Wer lehnt sich denn jetzt von den braven BRD-Bürgen gegen die massivste Ausspionierung aller Menschen, ihrer PCs, Handys und Bankkonten auf, gegen die jede Spionage durch Stasi ein Kasperletheater war?
Die einzige Reaktion dieser Kanzlerin: "Ausspionieren unter Freunden? Das geht gar nich."
Die Mehrheit der Deutschen interessiert das doch auch nicht wirklich. Merkel ist da das perfekte Abbild der Deutschen (und somit ein Beweis für die Funktion der Demokratie). Das war ein kurzer Aufreger aber in Wahrheit fehlt den meisten Deutschen das grundlegende Verständnis, wie viel moderne Kommunikation über sie preisgibt. Da ist der Deutsche wie in vielen anderen Dingen einfach lernfaul. Wenn das wirklich einen jucken würde, wäre das nicht einfach so wieder aus dem Sinn gerutscht, dann hätten viel mehr Leute demonstriert oder ihr Internetverhalten nachhaltig geändert, technisches Wissen angesammelt… In der Mehrheit geschieht das aber nicht.
Und das Ende der Erbfeindschaft war kein Verdienst jetziger Politiker, sondern früherer. Das und auch der Kniefall Brandts oder die Ost-Annäherung durch eine frühere Regierung war Politik, die ich gutheiße, an die man sich leider nur noch wehmütig erinnern kann. Kohl hatte wenigstens gute Visionen, an denen er auch tatkräftig gearbeitet hat.
Was hat Merkel denn für Visionen? Keine. Nicht einmal einen realen Plan hat diese Frau.
Haben die heutigen Deutschen ja auch nicht. Das Merkel keine visionäre Kanzlerin, sondern Wohlfühlmutti darstellt ist seit Jahren bekannt und trotzdem wurde sie mit großer Mehrheit für ein Kabinett Merkel III gewählt. Die Politik ist da schon der Ausdruck des Wählerwillens, man wollte eine Kanzlerin die unter einer Menge Wahlplakate „und so soll es bleiben“ stehen hatte. Hier funktioniert die Politik absolut, sie spiegelt den Willen des Volkes.
Auch hier verschweigst du das Negative.
Ich verschweige das Negative, indem ich klarstelle, dass Probleme in einer Gesellschaft mit 80 Millionen Menschen immer vorhanden sein werden?
Weshalb, denkst du, ist das Vertrauen vieler in genau diese Politik, die du hier so vehement lobst, derart massiv eingebrochen? Es ist bekannt, dass man versucht, auch das nur auf die Gegner zu schieben, auf AfD, Pegida usw.
Es ist das alte falsche Verhalten, ständig nach Feinden zu suchen, und falls nötig, diese zu konstruieren.
Das ist grundsätzlich richtig, aber die Unzufriedenheit im Moment stammt vor allem aus der Deutschen Hysterie und der Angst vor dem Verlust von Umverteilungsleistungen. Und dann natürlich aus der Angst heraus, sich mit einer komplexeren Realität auseinandersetzen zu müssen, die ein intensiveres Studium als das der BILD erfordert, was weniger Zeit zum Biertrinken und Eierschaukeln lassen würde.
Die weit überwiegende Mehrheit wählt trotzdem etablierte Parteien.
Ist es nicht eigentlich Zeichen lebendiger Politik, mal wieder richtig Konkurrenz zwischen Parteien zu haben? Die Opferrolle in der sich AfD und Pegida so gerne sehen ist eigentlich mehr Ausdruck einer viel zu dünnen Haut und der mangelnden Fähigkeit mit alternativen Meinungen und Gegenwind klarzukommen.
Deine Aussage "Ohne eine erfolgreiche Politik wäre das alles vollkommen unmachbar" ist reine Polemik. Was "wäre", vor allem was möglich gewesen wäre, gäbe es weitsichtige und kluge Politiker, kann keiner wissen.
Wie viel besser willst du es denn machen? Die Zahlen sprechen für sich, natürlich ist das nicht das Resultat der Merkel-Regierungen sondern von Jahrzehnten von Politik. Deswegen ist die Frage, ob Politik machbar sei, nur weil eine Regierung momentan unterdurchschnittlich gut arbeitet, viel zu kurz gegriffen. Und aus der Betrachtung des heutigen Stands heraus muss man ganz klar sagen: Ja es ist machbar.
Weshalb z.B. gelingt es den EU-Politikern nicht, eine relativ einheitliche Einwanderungspolitik zu machen?
Na? Vielleicht hast du darauf eine Antwort. Ich sage in Anlehnung an das Thema: Eine solche ist nicht machbar.
Schön zu sehen, dass du hoch komplexen Themen einfache Antworten gibst, funktioniert natürlich in der Realität nicht. Was wäre denn deine Alternative zu einer Auseinandersetzung auf EU Ebene? Zu Politik gehört nun mal auch das Scheitern.
Das Ganze ist natürlich Folge einer Organisation die unterschiedlich bevölkerte, erfahrene und aufgebaute Demokratien in sich hat. Da kann so etwas schon mal passieren. Problematisch sind hier die Menschen, denen es an Geduld fehlt und die nur mit einfachen Antworten zurechtkommen.
Die EU steht vor einer Zerreißprobe, sie ist eigentlich schon jetzt zerrissen. Was kann nach deiner Argumentation allein dafür verantwortlich sein?
Es gibt nicht die alleinige Ursache für die Probleme der EU, da kann man ganze Bücher drüber schreiben. Das ist von jungen Ländern in nationalistischen Phasen über fehlerhafte Kommunikation an die Bevölkerung bis hin zu restaurativen Wünschen, die letztlich als zentralen Wunsch eine Verkleinerung und Vereinfachung der eigenen Lebenswelt umfassen, so kompliziert, dass das für eine mal eben Beurteilung über: Ist Politik noch machbar? Vollkommen ungeeignet ist.
Weil die dafür zuständigen Politiker keine gute Politik machen. Weshalb auch immer. Unfähigkeit, Egoismus, Nationalismus, was auch immer, auf keinen Fall aber das, was sie uns einzureden versuchen: Europäische Solidarität.
Europäische Solidarität wäre eine gute Sache. Schuld sind die Wähler und somit die Bürger, die sich nicht ausreichend bilden und nach primitiven Slogans wählen.