Niemand kann ernsthaft behaupten, dass die Erkenntnisse eines Wissenschaftlers, der vor runden 140 Jahren gestorben ist, heute noch Stand der Wissenschaft sind.
Wenn von Arbeitsmarkt die Rede ist, weiß jeder, was gemeint ist, weil der Begriff aktuell und allgemein gültig ist.
Zumal Arbeitskräftemarkt besagen würde, dass ich einen Metzger einstellen könnte, um eine Stelle als Chirurg zu besetzen. Es geht also durchaus nicht nur um Arbeitskräfte im Allgemeinen, sondern um eine Tätigkeit mit genau spezifizierter Qualifikation: um Arbeit.
Ich fange mal hinten an.
Natürlich wissen viele und die Ökonomen sowieso, was mit Arbeitsmarkt gemeint ist. Somit erfüllt dieser Begriff zumindest seine definitorische Aufgabe. Im deutschen Sprachraum gibts auch keine mir bekannten Ersatzbegriffe. (Den "Arbeitskräftemarkt" habe ich vorhin als sinnvolleres Gegenbeispiel erfunden.)
Dennoch bleibt "Arbeitsmarkt"
in sich ein falscher Begriff.
Es ist eben nicht so, dass, wie Du meintest
[COLOR="#0000FF"]....eine Tätigkeit mit genau spezifizierter Qualifikation ...[/COLOR]
gehandelt wird, sondern die Arbeitskraft, die eben diese Tätigkeit ausüben kann.
Die Ware auf dem sogenannten Arbeitsmarkt ist ausschließlich die
Ware Arbeitskraft.
Natürlich kann jemand auch seine Arbeitsleistung verkaufen. In Form von hergestellter Ware oder sonstiger Dienste (Dienstleistung). Das ist aber ein Komplex, der mit dem sogenannten Arbeitsmarkt, (der eigentlich Arbeitskräftemarkt heißen müsste ;-) ), nichts mehr zu tun hat.
Warum aber wird dann solch ein Begriff erfunden und genommen? So lange gibts ja "Arbeitsmarkt" auch noch nicht.
Antwort: Weil er den Unterschied zwischen Verkauf von Arbeitskraft und Arbeitsleistung verschleiern soll. Der Kapitalist kennt den Unterschied natürlich. Der Arbeiter aber soll nicht begreifen, dass seine Arbeitskraft viel mehr an Wert schaffen kann, als sie selbst wert ist.
Der Begriff "Arbeitsmarkt" erfüllt ideologische Ziele des Kapitals.
Von solchen Begriffen gibts hunderte.
Bei Karl Marx und Friedrich Engels gibt es solche widersprüchliche Begriffe ganz selten und zumeist nur aus Übernahmen von bekannten Ökonomen seiner Zeit. In derer Gesamtwerk ist fast jeder Begriff auch inhaltslogisch und damit kompatibel (Ökonomie, Naturbereiche, Gesellschaft). Das macht dieses Werk offen für jeden Kritiker, als auch ergänzbar für jeden, der mit sauberer Begrifflichkeit andocken möchte.
Jetzt zu Deiner Eingangsfrage. Bei Generationen von Wissenschaftlern seit Marx möchte man tatsächlich meinen, dass da irgendwas an von Marx erstmalig entdeckten Gesetzen und erstmalig aufbereiteten Erkenntnissen verbessert worden sein müsste. Es gibt aber nichts, was als Theoriegebilde die Realität besser spiegelt und nichts, was in der Dimension dazu gekommen ist. Nichts!
Es gab nur einen Haufen Ökonomen, die versucht haben, Fehler bei Marx zu entdecken - was legitime Angelegenheit wäre - sich dabei aber meist selbst unwissenschaftlicher Methodik outeten. Oder einfach nur Schwachsinn ablieferten.
Allerdings ist es auch nicht allzu spektakulär, dass die von Marx entdeckten Gesetze und Erkenntnisse nicht erneuert sind und aktuellsten Stand darstellen. Der Gegenstand der Betrachtung ist ja gleich geblieben. Während in der Naturwissenschaft durch das Vordringen in immer kleinere Dimensionen darin Neuartiges gefunden werden konnte oder durch Neuinterpretation vorhandener Phänomene bessere Erklärungen gefunden werden, hat sich beim gesellschaftlichen Menschen im Kapitalismus nichts geändert. Die Klassengesellschaft an sich nicht, die Eigentumsgrundlagen für Ausbeutung nicht, die Prinzipien der Kapitalverwertung nicht. Ein erfolgreicher Kapitalist des Jahres 1850 wäre auch ein guter Kapitalist des Jahres 2020. Der muss die gleichen Prinzipien anwenden.
Die Konkurrenzbedingungen sind härter geworden, die Kapital-Volumen (Ballung), die monopolistische Zielrichtung ausgeprägter, aber das sind ja alles Dinge, die Marx prophezeit hat. Ebenso die Steigerung des Ausbeutungsgrades. Kurios ist dabei dann immer der Protest, es sei doch heutzutage wesentlich sozialer. Ja, kann schon sein, aber das Soziale der Gesellschaft bezahlt doch letztendlich alles die leistende Arbeiterschaft. Ein Arbeiter der entwickelten Industrie in Westeuropa würde jeden Monat mit einem Mittelklassewagen oder vergleichbar mit 30.000 € nach Hause gehen müssen, denn das ist es was er ungefähr wirklich wertschöpft. Ein Vielfaches dessen, was ein Arbeiter bester Kraft im Jahre 1850 hätte leisten können.