Da sind wir soweit einig. Das ändert allerdings nichts daran, dass alleine die Möglichkeit, irgendwelche Regierungsinitiativen zu stoppen, eine Wirkung auf das teilweise schon fast feudale Verhalten der Etablierten hat.
Davon abgesehen ist die Akzeptanz in der Bevölkerung für einen Volksentscheid in der Sache erheblich höher. Das war sehr schön zu beobachten, als die bayrische Staatsregierung zunächst ein recht hartes Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet hatte, auf Grund von Beschwerden vor allem aus der Gastronomie zurückruderte und hinterher der Volksentscheid das Gesetz erheblich verschärfte.
Ich behaupte auch keineswegs, dass ein Volksentscheid zwangsläufig bessere Ergebnisse bringt. Aber: Wenn das Volk selbst entschieden hat, löffelt auch der Entscheider die Suppe aus. Entscheidet eine Regierung oder ein Parlament, muss ebenfalls das Volk die Suppe auslöffeln.
Du beherrschst das kleine Einmaleins der Demokratie nicht. Eine Regierung kann kein Gesetz verabschieden, auch in Bayern nicht.
Der Spruch: "Merkel muss weg." ist ebenfalls Ausfluss solcher Unkenntnis. Das Parlament bestimmt, welche Musik gespielt wird, nicht die Regierung. Die Regierung hat das Initiativrecht, das hat aber z.B. jede Bundestagsfraktion auch. Entschieden darüber wird im Bundestag.
Auf den ersten Blick ist ein Plebiszit eine sinnvolle Ergänzung. Auf den zweiten Blick sieht man erst die damit verbundenen Tücken. Ein Gesetz so zu formulieren, dass es sein Ziel erreicht und möglichst keine Nebenwirkung hat, ist eine hohe Kunst.
Die Idee des Plebiszites geht von vernünftigen und gut informierten Bürgern aus. Am Anfang stand die direkte Demokratie und erst im Laufe der Zeit bildete sich die parlamentarische heraus. Die parlamentarische Demokratie war als Verbesserung der direkten gedacht.
In kleinen eingetragenen Vereinen haben wir auch heute noch direkte Demokratie. Wenn da der Kassenwart seinen Bericht vorträgt, sieht man fast alle der wenigen Mitglieder, die erschienen sind, sanft entschlummern. Es ist schon ein Erfolg, wenn bei der Vorstandswahl ein Kandidat mehr antritt, als gewählt werden kann. In der Regel wird nur abgenickt, weil man dem Vorstandsgremium vertraut. Nur wenn etwas schief gelaufen ist, finden die Mitgliederversammlungen Zulauf. Diese Mitglieder wollen sich aber nicht dauerhaft engagieren; sie bleiben weg, sobald die Lok wieder auf die Schiene gesetzt wurde. Gerade solche kleinen Vereine, in denen jede Stimme etwas bewegen kann, suchen händeringend nach Menschen, die bereit sind, sich zu engagieren.
Je größer so ein demokratisches Gebilde wird, um so arbeitsteiliger und komplexer wird es. Ein einzelner Mensch kann dann nicht mehr alles durchschauen, stimmt aber mit ab. Dies kann er nur, weil er Menschen vertraut. Übrigens finden die wichtigsten Meinungsbildungsprozesse nicht im Plenum statt sondern in den Pausen, in denen man zwanglos mit anderen, denen man vertraut, reden kann.
Wenn Plebiszite, dann in der Kommunalpolitik, weil dort Dinge entschieden werden, die der Lebenswirklichkeit der Menschen am nächsten sind. Dort kann man sich noch unmittelbarer informieren und nicht nur über Medien. Aber gerade dort ist bei Wahlen die Beteiligung am geringsten.
Auf den höheren Ebenen erfolgt die Informationsvermittlung nur noch medial. Deshalb haben dort die die größten Chancen, die über die beste Infrastruktur verfügen; das sind dann doch wieder die Parteien - oder Reiche, die mit sehr viel Geld ihre persönlichen Interessen ganz legal durchsetzen können.
Ich will auch ein Beispiel anführen: Beim Brexit wurden von wichtigen Befürwortern erfolgreich falsche Zahlen über die Einsparungen verbreitet und die Aussicht, dass diese Einsparungen in das marode staatliche Gesundheitswesen investiert würden. Ohne diese Lügen wäre die Mehrheit nicht erreicht worden.