Genau das meine ich die ganze Zeit mit, "das passt nicht zusammen".
Es gibt nichts, was konsistent zusammenpasst, ausser eben Befreiung der Russen in der Ostrukraine und Entnazifizierung, so wie es Putin selbst angesagt hat, als "militärische Spezialoperation".
Die NATO Nummer jedoch hat nur dann Sinn, wenn die Ukraine ganz erobert wird.
Das stand aber offiziell nie zur Debatte.
Verstehst Du jetzt auch mal meine Zweifel oder wenigstens meinen Gedankengang?
Ich verstehe...ein bisschen aber nur.
Die NATO Nummer hat schon Sinn, Prämisse war: Keine NATO in der Ukraine, jedenfalls die Ukraine in den 91er Grenzen.
Das ist ein riesiges Gebiet mit einer langen Schwarzmeerküste...
Dieses Ziel haben die Russen nicht erreicht, bzw 20 Jahre lang auf diplomatischem Wege nicht erreichen können, dazwischen kam der Schock mit dem Maidan, der zum innerukrainischen Bürgerkrieg in der Ostukraine geführt hat, und der Sicherung der Krim selbstverständlich.
Vorletzter Versuch diplomatische Konfliktlösung walten zu lassen: Vertragsentwürfe Dezember 21 - ignoriert worden.
Letztlich haben sie also die SMO begonnen im Februar 22, zunächst mit dem Ziel, dieses Hauptziel mit dem damit auferlegten Druck letztlich doch noch auf diplomatischem Wege zu erreichen, weiss man heute.
Das ist auch gescheitert im April 22.
Damit war klar, dass sich das Ding ausweiten und eskalieren wird - erst dann kam dann, und zwar erst im Herbst 22, die Teilmobilisierung der russischen Reservisten, erst dann wurden in ganz Russland Büros für Freiwillige eröffnet.
Denn jetzt war aus russischer Sicht klar dass die Demilitarisierung der Ukraine nur auf militärischem Weg zu bewerkstelligen ist, und dass auf die Denazifizierung nicht verzichtet werden kann.
Im Februar 22 sind sie mit 190k Mann in die Ukraine gekommen, mit dem Kontingent kann man vielleicht eine einzelne Grossstadt erobern, aber nicht ein Land mit den Dimensionen der Ukraine, das ist so ausgeschlossen wie es absurd ist. (nebenbei, bei solchen Kontingenten handelt es sich höchstens bei der Hälfte um Kampftruppen, die andere Hälfte wird für Logistik zB gebraucht)
Der grundlegende Fehler, die die Analysten (denen ich vertraue) damals machten war, dass sie nicht wussten, mit welcher Personalstärke Russland die SMO in Angriff genommen haben - alles rechnete mit einem Riesenheer, das durch die Ukraine walzt. Alles rechnete mit einem shock&awe-Krieg im Stile der USA. Es war aber in Wirklichkeit nur ein Expeditionsheer, um zu beweisen, dass es ihnen ernst ist (dass sie nicht bluffen) und dass besser doch verhandelt werden sollte, und Luftangriffe um Städte in Schutt und Asche zu legen (um die Moral der Zivilbevölkerung zu brechen, das die eigentliche Bedeutung von "shock&awe" - keine Rücksicht auf Zivilisten) blieben ganz aus - bis heute !
Hast du irgendwelche Zweifel daran, dass die Russen Kiew in ein zweites Gaza verwandeln könnten, wenn sie das wollten ?
Die ganze Ukraine wird Russland am Ende nicht kontrollieren wollen, die traditionell feindseligen Westukrainer (Galizien ist ja das Herz des Nazikultes) wären nur unter grossem Aufwand zu kontrollieren, man müsste dort ein Besatzungsregime führen - und zwar unendlich.
Das Problem hatten die Sovjets ja schon in den 50ern, und haben es nur mit Müh und Not unter Kontrolle bekommen, aber auch nur, weil noch weiter westlich der Warschauer Pakt war, die Gegend war also von der Aussenwelt isoliert sozusagen. Heute grenzt daran aber die NATO (Polen), was neverending trouble für die russischen Besatzer bedeuten würde.
Wenn aber am Ende im Westen der heutigen Ukraine ein dysfunktionaler Rumpfstaat übrigbleibt, optimalerweise sogar als Binnenstaat, dürfte dem russischen Sicherheitsbedürfnis Genüge getan sein, selbst wenn der in die NATO reinkommt, viel mehr Bedeutung und Bedrohungspotenzial als ein Litauen hätte der dann nicht mehr. Dann haben sie 1000km mehr zwischen der dann neuen ukrainischen Grenze und dem Herz Russlands gebracht. Vielleicht wird aus der Mitte der Ukraine aber auch ein weiterer Staat geformt der russenfreundlich regiert wird (oder Neutralität bewahrt) und als Puffer dient, und die Russen nehmen den Dnjepr als natürliche Grenze zur RF. Wie sich dass dan letztlich politisch ausspielt, bleibt abzuwarten und hängt natürlich auch vom weiteren Kriegsverlauf ab.
Leuchtet das ein ?