Ich habe bisher in meinem Leben das Privileg gehabt nie einen Krieg erleben zu müssen. Doch durch Familie, Verwandschaft, Freunde und Bekanntschaften hatte mich das Thema von Kindheit an begleitet? Im Krieg gibt es keine Helden. Krieg erzeugt das schlimmst vorstellbare Grauen und beseitigt vor allem bei Soldaten ein Maß an Hemmschwellen der Menschlichkeit.
Zwei meiner Schwäger waren im kambodschanischen Dschungel gegen Pol Poth im Kampf. Auf die Frage nach seinem Erleben gab der immer sehr freundliche Mann mit einem spontan zu einer Fratze verzogenem Gesicht ein krächzendes Geräusch von sich und die Geste seiner zu mir erhobenen Handfläche bedeutete, nicht fragen, ich will nicht drüber reden. Mein Lehrmeister kam noch rechtzeitig aus Stalingrad raus. Das schlimmste was er berichtete war, wie sich die Kameraden gegenseitig aßen, wenn einer von ihnen gefallen war. Ein anderer Lehrmeister war von uns ob seiner Strenge gefürchtet. An seinem Geburtstag erlaubte er uns 1 Flasche Bier und für uns unerklärlich heulte er plötzlich los. Nach einigem Zureden erzählte er, dass er seit unzähligen Jahren fast jede Nacht den selben Alptraum hat und bei jedem seiner Geburtstage bricht er zusammen. Sein Traum ist sein Erlebnis von den permanenten Ängsten und wie sie aus Panik vor den Russen kilometerweit mit ihren Panzern mit Vollgas über die Menschen in den Flüchtlingstrecks gefahren sind. Über alte Menschen, Verwundete, Kinder und Frauen. Ein jemenitischer Freund wurde im Krieg mit Südjemen als Scharfschütze ausgebildet. In den Bergen schoss er seinem ersten Opfer in den Kopf und sah durch die Zieloptik, wie der Schädel des feindlichen Soldaten zerplatzte. Er weinte wie verrückt und zerschlug sein Gewehr am Felsen. Dafür kam er ins Gefängnis, konnte aber fliehen. Ein US-Gi, der in Vietnam diente schrieb mich mal an, weil ich im Netz redaktionell tätig war. Später, als ich ihm mal vorschlug seine Geschichte zu veröffentlichen antwortete er, dass er das nicht könnte, weil er seit so vielen Jahren vergeblich versucht alles zu vergessen. Ein Österreicher war zum Minenräumen in Afghanistan, Kambodscha, Vietnam und Moucambique. Der hatte alle Aufzeichnungen, Fotos, Dokumente vernichtet, weil er ohne Erfolg versucht das erlebte Leid und Elend zu vergessen. Er könne keine Bilder und Filme mehr sehen, welche mit Krieg zu tun haben. Ein Russe, der in Afghanistan gekämpft hatte wollte mir auch nicht erzählen was er erlebt hatte. Ein Deutscher, Fremdenlegionär in Vietnam erzählte mir von Enthauptungen und Häutungen Gefangener, dann konnte er nicht weiter sprechen. Ein anderer Russe kämpfte in Sewastopol gegen die Deutschen. Als er erzählte fing er plötzlich zu weinen an. Das zog sich bei allen wie ein roter Faden durch.
Ich würde niemals behaupten, was ich im Krieg tun würde oder nicht. Mal davon abgesehen, dass ich nicht mehr der Jüngste bin. Der Krieg verändert den Menschen. Er enthemmt den Menschen. Alles andere sind Fantasiegeschichten.
Die Bilder, die ich aus der gesamten Welt sehe, wo jedes mal die USA die Fäden spinnen und die Folgen Chaos, unsegliches Leid, Tod und Zerstörung sind und vor allem, dass sich auch Deutschland an diesen Verbrechen beteiligt macht mich unendlich zornig.