... "Was ist Ausbeutung"?
Hierfür ist das Eingangsbeispiel tatsächlich ungeeignet.
Der alte marxistische Kampfbegriff ist mMn wegen dieser Undefinierbarkeit obsolet.
Intuitiv würde ich meinen, solange die Angestellten eines "reichen" Firmenchefs mit ihrem Lohn/Gehalt auskömmlich (nicht unbedingt wohlhabend) leben können, werden sie nicht "ausgebeutet" - egal wie reich der Boss ist.
Jemand, der sich "ausgebeutet" fühlt, hat immer die Möglichkeit, sich woanders zu bewerben.
Und es gibt ja einen Mindestlohn - im Gegensatz zu Marxens Manchesterzeiten...
Zweifler
Moin Zweifler,
Ob nun marxistisch oder nicht, leider widerstehen jede Menge Firmenchefs der Gelegenheit auszubeuten nicht.
Ist mir selber bei einigen Jobs so gegangen, ohne dass ich gleich die Wahlmöglichkeit hatte, die Stelle zu wechseln, und ich hatte eine leichte Amtsphobie.
Meine Erfahrungen als Geringverdiener bei Ämtern waren nämlich schlecht. Auch schon vor Hartz IV.
Das war ein stupides Gerenne wegen Arbeitslosengeld, das mit Wochen Verspätung kam so dass man (ohne Rücklagen) noch ein zweites (noch widerwärtigeres Amt) bemühen musste.
Aus diesem Grund habe ich es oft vermieden "arbeitslos" zu werden, solange ich noch soviel aus meinem Chef rauspressen konnte (im wahrsten Sinne des Wortes) dass ich nicht aus monetären Gründen (Spritgeld) zu Haue bleiben musste.
Aber das waren auch keine "reichen Firmenchefs" sondern Looser, die mehr aus Faulheit oder Unfähigkeit ausbeuteten, statt aus Gier.
Es gibt auch andere Firmen.
Ich habe z. B. statt mich auf Hartz IV zu stützen ca 18 Monate für eine grosse deutsche Spedition im Fernverkehr gefahren, die im Ruf steht, alles für jeden Preis zu fahren.
Mein Gehalt auf Stundenlohn umgerechnet lag bei ca 6.-€/h
Die Zeiten die ich laut Gesetz einen 40tonner bewegen durfte wurden ausgereizt bis über die Limits.
Ich zog oft Trailer mit dem Satz: "Kollege gesucht" auf den Türen une irgendwann einmal sprach mich ein Kollege aus Osteuropa an, was man so verienen würde.
Ich sagte es ihm!
Er war ungläubig.
Ich zeigte ihm meine letzte Abrechnung.
Er fragte mehrmals: "das ist alles?" und verschwand dann kopfschüttelnd zu seinem Fahrzeug.
Und hier noch mal die (vielleicht untypische) Geschichte eines Freundes:
Dieser war als Drucker und Graphikdesigner langjähriger Beschäftigter eines Herstellers von Ettiketten aller Art.
Er sorgte u.a. dafür dass das Bier
auf der Bierflasche und die Wäsche
auf der Waschmittelpackung so verlockend daherkamen, wie sie das nun mal tun.
Sein Chef war durchaus wohlhabend, davon zeugte eine schöne Villa und einige Autos der Luxusklasse.
Irgendwann fing dieser Freund an von Schwierigkeiten mit dem Lohn zu berichten, einhergehend mit Mehrbelastung durch Ausdünnung des Personals,...
Das kann ja mal vorkommen.
Allerdings zog sich das imho über mehrere Jahre, so dass besagter Freund selbst bei seiner Bank in die Miesen geriet wenn grössere unvermeidbare Ausgaben anstanden.
Die Alternative zu der ich riet, die Kündigung.
Das ist nicht so einfach!
Zunächst einmal gibt es seltsamerweise eine Treuepflicht des Arbeitnehmers.
Wer nicht zahlt bekommt keine Leistung mehr ist nicht so einfach (spontan) zu realisieren, da bockt z. B. das Arbeitsamt.
Seine Tätigkeit war auch nicht so häufig vertreten, dass er einfach regional wechseln konnte, und es macht vielleicht auch nicht den besten Eindruck beim Vorstellungsgespräch wenn ein leitender Angestellter bekundet
er habe seinen Brötchengeber in einer schwierigen Situation im Stich gelassen.
Allerdings war später auch zu hören, dass besagter Arbeitgeber
seinen Lebensstil der veränderten Situation angepasst hätte.
Noch im Jahr seines (betrügerischen) Konkurses leistete er sich eine Limousine der gehobenen Preisklasse und eine kleine Kreuzfahrt zum Urlaub.
So lange es zu einfach ist, als asozialer Arbeitgeber durchzukommen, wird es solche Fälle auch immer geben.
lg