Metaphysik. - Was versteht man nicht alles unter dem Wort Metaphysik!
Es ist so schwer, eine Formulierung zu finden, die allen
gelehrten Herren mit ihren Ansichten über die letzten Dinge zusagt.
Wenn du irgendeiner solchen pompösen »Metaphysik« mit
einigem Erfolg zu Leibe gehst, werden sicher alle anderen erklären,
daß sie unter Metaphysik schon immer etwas ganz anderes
verstanden hätten.
Doch scheint mir, daß Metaphysik in irgendeiner Weise die Erkenntnis
des wahren Wesens der Dinge bezeichnet. Nun ist, nach
dem Beispiel aller bedeutenden und unbedeutenden philosophischen
und unphilosophischen Professoren zu schließen, das Wesen
der Dinge so geartet, daß man es erforschen und in seinem Anblick
leben kann, ohne in Empörung gegen das bestehende Gesellschaftssystem
zu geraten. Der Weise, der den Kern der Dinge
schaut, kann zwar aus dieser Schau alle möglichen philosophischen,
wissenschaftlichen und ethischen Konsequenzen ziehen, er kann
sogar das Bild einer idealen »Gemeinschaft« entwerfen, aber der
Blick für die Klassenverhältnisse wird wenig geschärft. Ja, die Tatsache,
daß man unter den vorhandenen Klassenverhältnissen diesen
Aufschwung zum Ewigen nehmen kann, bildet je mehr eine
gewisse Rechtfertigung der Verhältnisse, als der Metaphysiker
diesem Aufschwung absoluten Wert zuerkennt. Eine Gesellschaft,
in welcher der Mensch seiner hohen Bestimmung in so wichtigen
Stücken zu genügen vermag, kann nicht sehr schlecht sein, wenigstens
erscheint ihre Verbesserung nicht als besonders dringlich.
Ich weiß nicht, wie weit die Metaphysiker recht haben, vielleicht
gibt es irgendwo ein besonders treffendes metaphysisches System
oder Fragment, aber ich weiß, daß die Metaphysiker gewöhnlich
nur in geringem Maße von dem beeindruckt sind, was die Menschen
quält.