Ich habe es mir angewöhnt hauptsächlich auf meinen gesunden Menschenverstand zu hören, grade in Fragen einem so glaubensaffinen akademischen Zweig wie der VWL. Aber es ist eigendlich müßig in dem Punkt zu theoretisieren wenn es empirische Beispiele für die Auswirkungen von Freihandelszonen gibt. Beispiel NAFTA:
Selbstverständlich sollst du auf deinen gesunden Menschenverstand hören. Kreationisten müssen sich ja auch irgendwie erklären, warum fast jeder Biologe an die Evolution glaubt. Ich persönlich vertrete auch teilweise volkswirtschaftliche Ansichten, die von der Mehrheit der Ökonomen abgelehnt wird. Es flösst mir aber sehr hohen Resepkt ein und ich frage mich, ob ich es wirklich besser wissen kann.
Bei der Beurteilung von wirtschaftlichen Themen ist es oft so, dass es sehr starke Lobbys gibt. Die Lobby des freien Marktes ist eher beschränkt. Konzerne haben in der Regel wenig davon, den Status Quo zu ändern. Never Change a Winning Team. Generel geben sie sich aber natürlich pro Markt. Wenn es um den Abbau von Zöllen geht, kommt es drauf an. Unternehmen, die fürchten, weniger wettbewerbsfähig zu sein, sind natürlich dagegen. Gewerkschaften von Arbeitnehmern von diesen Unternehmen sind natürlich auch dagegen. Unternehmen, die meinen, auch im Ausland wettbewerbsfähig zu sein, sind natürlich dafür. Dazu kommen noch unabhängige Wirtschaftswissenschaftler. Es ist nun mal Mainstream in den Wirtschaftswissenschaften.
Wenn ich nun lese, dass 1Mio. Arbeitsplätze verloren gegangen sein sollen und die Qualität hätte abgenommen, müsste man mal fragen, von wem die Studie kommt und wie um Himmels Willen die auf so eine Zahl kommen. Dazu stellt sich die Frage, ob auf der anderen Seite 5Mio. neue Jobs dazu kamen? Wie sieht es mit Jobs in Mexiko und Kanada aus?
Ich verstehe nicht, was da nicht nachvollzogen werden kann. Jedes Land betreibt Arbeitsteilung. Du kannst gut Brötchen backen, also backst du sehr viele Brötchen. Ich kann gut Handys bauen, also baue ich viele Handys. Und am Ende tauschen wir dann. Das ist Arbeitsteilung. Niemand kann abstreiten, dass das sehr viel effizienter ist als wenn jeder alles selber herstellt. Und was ist, wenn nun ein Land Produkt A besser herstellen kann und ein anderes Land Produkt B? Soll man nun Zölle einführen, um den Handel zu erschweren?
Nicht der Löhne sondern der Lohnstückkosten. Nominale Lohnhöhen international zu vergleichen ohne die Produktivität zu berücksichtigen macht wenig Sinn. Natürlich hat die Mitgliedschaft im Euro den Griechen sehr niedrige Zinsen beschert aber mindestens genau so entscheidend waren die Wachstumsraten im Eurozonenvergleich. Keine Volkswirtschaft der Eurozone ist in den ersten 8 Jahren so schnell gewachsen wie Griechenland.
Aha. Meine Frage war, wie denn eine Währung innerhalb von Ländern funktionieren kann. Innerhalb Italien, den USA, Deutschland, Griechenland etc. gibt es Regionen, die 50% stärker sind als andere. Wie kann denn das innerhalb solchen Ländern mit einer Währung funktionieren?
Wie leben beide in einem Land das genau das macht, nur umgekehrt. Die heilige Kuh der deutschen Wirtschftspolitik ist der Aussenhandelsüberschuss. Wir exportieren dieses Jahr 250 Milliarden Euro mehr als wir importieren und in der Politik klingeln nicht nur nicht alle Alarmglocken sondern die sind sogar noch stolz darauf. Du hast völlig recht das jemand mit gesundem Menschenverstand fordern würde das unsere Handelspartner mal mehr Waren liefern als sie kaufen um das Defizit abzubauen aber dafür müsste Deutschland ein Aussenhandelsdefizit zulassen und den kollektiven Aufschrei des Entsetzens allein bei dem Gedanken könnte man vermutlich bis zum Nordpol hören .
Das wird noch passieren. Es wird das Jahrzehnt mit den Defiziten kommen. Oder was glaubst du, wird passieren? Dass Deutschland für die nächsten 100 Jahre immer weiter Überschusse aufbaut? Wo genau siehst du da das Problem, falls dem so wäre?
Nochmal das Beispiel Deutschland als Land B. Die Regierung von Land B findet es total geil das die ganze Welt die Produkte aus Land B toll findet und dank Lohndumping sogar total billig kaufen kann. Land A verschuldet sich immer weiter bis zur Zahlungsunfähigkeit und die Regierung von Land B steht nun vor der Frage ob es seine mit viel Mühe aufgebauten Forderungen an Land A gleich abschreibt oder das Land A mit Steuermitteln auf Pump rettet. Um wenigstens noch etwas Geld herauszuholen zwingt Land B Land A nun dazu Löhne und Renten zu kürzen und löst damit eine starke Rezession aus. Und wenn sie nicht gestorben sind schnüren sie auch heute noch Rettungspakete.
Preisfrage: Wenn Deutschland Land B ist, welches Land ist dann Land A?
Ja B ist Griechenland. Naja, wenn die Deutschen so blöd sind. Warum sollen die Griechen nicht die Güter nehmen, die es letztlich für umsonst gibt. Hätte ich auch so gemacht. Die Griechen haben ja schon mehrere Schuldenschnitte erhalten und es folgen noch welche. Der deutsche Staat schießt sich selber ins Knie und schenkt den Griechen immer mehr.
Hätte der Markt bei Griechenland gleich höhere Zinsen verlangt, hätten sich die Griechen nicht so viel leihen können, wodurch sie nur durch leistung den jettzigen Wohlstand (und vlt. sogar mehr) erreichen hätten können. Allerdings wäre es ohne Einmischung des Staates 2010 vorbei gewesen. Die privaten Anleger bekommen nur einen Teil zurück, die Griechen sind fast schuldenfrei und es geht von vorne los.