Zweifelsohne wird es Maßlose immer geben. Aber das, was uns maßlos macht, was Maßlosigkeit auslöst, fördert, gedeihen lässt, und was Maßlosigkeit bremst, ist den wenigsten bekannt bzw. wir nicht genutzt! Auch welch destruktive Potenz die kleinen Alltagsmaßlosigkeiten haben, die sich praktisch jeder leistet, ohne viel darüber nachzudenken, ist kaum bekannt. Man schreibt Maßlosigkeiten als notwendiges Übel ab bei Gemeinsamkeiten mit entsprechenden Partnern. Gewichtige Faktoren für zu viel Maßlosigkeit in unserer Welt! Mehr kann kaum da sein, um rasante Änderungen, Verbesserungen, Entlastungen hervorzurufen! Es fehlt nur an einer Bewusstmachung ...!! Und die ist nicht einfach bei so viel Informationsflut und Ignoranz-Rettungsringen. Es wird nicht viele geben, denen das so bewusst ist wie mir.
Dank Dir für Deine ausführliche Replik und ich bitte um Verständnis, wenn ich jetzt nur häppchenweise darauf eingehen möchte.
Stichwort Maßlosigkeit, im Sinne von Gegengewicht der Massen. Zunehmend habe ich den Eindruck, dass das, was Dir sozusagen als Mission vorschwebt, lediglich der Organisation und Einung der dumpfen Masse bedürfe, um bestehende Missstände,- individuell aus Deiner, überschneidend aber auch aus manch ähnlicher Sicht,- abbauen zu können.
Wenn dem so wäre, muss ich Dir eine Absage auf Deine Hoffnungen geben. Denn wäre es tatsächlich so einfach, hätte sich eine solch breite Unzufriedenheit hierzulande längst Brechen geschlagen. Hat sie aber nicht…; Fazit dazu: wir leben nicht in Ägypten, in Libyen, in Irak oder Syrien. Oder ähnlich. Wir brauchten keinen politisch-revolutionären „Frühling“ wie diese Länder des nahen und mittleren Ostens.
Wir hatten zuletzt keine totalitären Diktaturen zu überwinden und die Folgen dessen zu überstehen, wie alle diese Länder. Und wir leben heute nicht im Chaos der brachialen Unordnung, der Anarchie und der kriegerischen Auseinandersetzung gegen uns selbst. Ein Glück im Unglück, vor all diesen schrecklichen Hintergründen.
Bleiben wir Realisten. Volks-Massen wirst weder Du noch kein anderer Mensch hierzulande organisieren können, gegen „irgendwas“. Schau Dir die letzten allesamt erfolglosen neuen "Parteien", gleich welcher politischen Ausrichtung, einmal der Reihe nach an. Sie waren substanziell allesamt nicht einmal das Papier wert, auf dem deren Gründungen beglaubigt worden waren.
Und exakt an Letzterem, der jeweils politisch-ideologischen Ausrichtung und dem jeweiligen inneren Zwiespalt entlang, scheiterten sie alle, letztlich in erster Linie.
Die Piraten. Traten einst einmal als hyper-zeitgemäß und web-orientiert auf. Die ersten zweiflerischen Nachrufe des Rechtspopulismus und weitere daraus resultierende interne Widerstände überstanden sie nicht. Heute nahezu in Vergessenheit geraten.
Es folgte die AfD, das gleiche Spiel, noch jämmerlicher das interne Fiasko,..meine Güte, wie haben die sich selbst demontiert und vorgeführt.
Nein, ich glaube nicht an eine organisierte „Mobilmachung“ breiter Bevölkerungsschichten, in einem Land, wo weitgehend alles in Ordnung ist, so sehr man das auch individuell und sachlich begründet als angreifbar und unwahr empfinden mag. Es geht den Deutschen insgesamt noch immer sehr gut, gut genug, um auf eine Stabilität und Konstanten zu bauen, wie sie Merkel & Co ihnen zu bieten ausreichen können. Mach Dir nix vor.
Ist das so? Woher weißt Du das? (Wem bewusst ist, wie sehr Gefühle uns narren können, vertraut seinen Gefühlen nicht mehr so und setzt sie nur noch dort ein, wo genug Vertrauen herrscht.)
Lebenserfahrungen bestehen nicht nur aus "Gefühlen". Bei mir ist eher das Gegenteil der Fall.
Das Sichselbstbelügen resultiert nicht aus der Angst vor dem Tod. Sterben will niemand bis auf jene, die sich den Tod als Erlösung wünschen, weil ihr Leben zu anstrengend geworden ist.
Doch. Ich sprach über die Ur-Angst des Menschen und ordne die übrigen alltäglichen Ängste dem "Meister" unter, Verwandschaft doch aber offenkundig. Die Angst vor der eigenen Endlichkeit entspricht der allesumfassenden und an sich unauflösbaren Furcht, die sich für viele einzig durch den Rettungsanker Religio und einem transzendentalen Glauben an ein Weiterleben nach dem eigenen physischen Tod psychisch kompensieren läßt. Zugleich ist diese Ur-Angst eine für die meisten langfristig als endlich erkannte ,- wenn auch verdrängte, aber doch latente schweelende - Furcht, weil sie irgendwann alles beenden wird, was dieseits "ist" und "war".
Kurz- und mittelfristige Ängste ernähren sich am gleichen Trog, es geht um uns, es geht um die Angst vor Entbehrungen, vor Schmerz, vor Krankheit, Kummer, Verzweiflung & Co. Vor der Trennung von Liebenden speziell. Diese Ängste sind Kinder der Ur-Angst der eigenen Endlichkeit. Denn mit jeder Trennung und mit jedem Verlust von einmal errungenen Gütern, Gefühlen und insbesondere von menschlichen Zuwendungen sterben wir kontinuierliche Teil-Tode, denn ein jeder solcher Verlust nimmt auch immer ein Stückchen unserer eigenen Identität hinweg, ein Stückchen jenes vielleicht über viele Jahre verinnerlichten Selbstbewußtseins, dass wir so lange aus dem Spiegelbild der geliebten und nun verlorenen Person von uns selbst gewonnen hatten.
Wir alle definieren uns zuerst und allem voran über die Reflektion unserer Mitmenschen und erst dann..bei weitem Abstand, über das, was wir selbst und auch alleine zustande bringen. Wir sind so zerbrechlich, wie unsere eigenen Projektionen und Konstruktionen unserer Vorstellungs-und Wahrnehmungskraft.
Alle Wahrheitsverzerrungen resultieren aus unserem Unvermögen, kaum etwas exakt wahrnehmen zu können, also genau so, wie es sich ereignet hat und durch einen qualifizierten Konsens bestätigt lässt.
Das wird nur ausgenutzt von entsprechenden Menschen, die zu viele Enttäuschungen hinter sich haben. Und die Täuschungen dazu entstanden, weil sich zu wenige an die Wahrheit gehalten haben. ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...
Um gut lügen zu können, muss man fit sein im Kopf. Denn Tatsachen fügen sich als Abfolgen von Ereignissen in ein Gesamtbild, das stimmt. Verändert man nun irgendwas, zeigt sich das aufgrund der Verknüpfung mit vielem, sodass unter Umständen vieles angepasst werden muss, wenn die Lügenaufdecker fit genug sind. Das Leben ist ein Puzzle aus Ereignissen und unser Erinnerungsvermögen ist leider oft nicht gut genug, um Tatsachen zu erkennen. Die Forschung weiß inzwischen, dass man sogar intelligenten, lebenserfahrenenen Menschen Erinnerungen regelrecht einschwätzen kann. Dann glauben sie, sie hätten etwas erlebt, was nie stattgefunden hat.
Ich sage zu diesem Vorgang "Hirndeformieren". Die sind die gerechte Strafe für Rechtfertigungen. Dumm nur, dass auch andere darunter leiden. Also wäre es das Beste, Wahrheit zu lernen und systematisch daran zu arbeiten, Wahrheitsverzerrungen zu eliminieren.
Ich glaube nicht mehr, dass wir in der Regel nicht dazu in der Lage wären, die Realität nicht gelegentlich auch relativ ganzheitlich und vollständig auf-und wahrnehmen zu können. Ich denke, das ist von Fall zu Fall zu unterscheiden.
Die Wahrheit ist nicht eins. Und nicht einig. Und nicht einzig.
Es existieren zahlreiche Wahrheiten parallel und zeitgleich nebeneinander, jeweils aus der Perspektive des einzelnen Betrachters. Was für den einen wahr ist, muss seinem Nächsten nicht auch wahr sein. Wer entscheidet? Gerichte?
Bereits an dieser Stelle tun sich häufig (meistens?) große Schluchten auf. Wahrheit ist nicht "eins".
Insofern ist auch die "Lüge" kritisch-relativ zu betrachten und zu bewerten. Nur jeder Einzelne kann für sich selbst ermessen, ob er die Lüge in Not zum Schutze/zur Schonung anderer Gefühle und Belange, oder als Mittel zum Selbst-Zweck oder gar als Waffe brauchte und folglich auch gebrauchte. Kommt ein Mensch in die Notlage der Selbstlüge gar, könnte demnach selbst das nicht mehr finden, ist er lebendig verloren.