In ganz Europa war bis in die Neuzeit Hunger endemisch.
Nein, war es nicht!
»Für das ausgehende Mittelalter wurde ein Würzburger Zimmerer herangezogen, für die Jahre um 1800 wird ein Berliner Maurer gewählt. Zimmerer und Maurer erhielten zumeist den gleichen Lohn
[...] Der Würzburger Zimmerer sollte nach einer Polizeiverordnung vom Jahre 1387, die sicherlich nicht unterschritten, eher überschritten wurde, einen Tageslohn im Gegenwert von etwa 26 kg Roggen erhalten. Das bedeutet je Konsumtag bei zwei arbeitsfreien Tagen in der Woche 18,6 kg
Roggenäquivalente. Der Berliner Maurer erhielt je Arbeitstag, der nunmehr mit dem Konsumtag gleichgesetzt werden soll, den Gegenwert von 6,7 kg Roggen« (Abel,Stufen der Erhährung. Eine historische Skizze,(1981, Seite 63).
>>In Deutschland befahl ein Erlaß der Herzöge von Sachsen 1482: >Denen Werkleuten sollen zu ihrem Mittags- und Abendmahl nur 4 Essen: an einem Fleischtag eine Suppe, zwei Fleisch und ein Gemüse; an einem Freitag und andere Tage, da man nicht Fleisch isset, ein Essen, grüne oder dürre
Fische, zwei Zugemüse; so man fasten muß, fünf Essen, eine Suppe, zweierlei Fisch, zwei Zugemüse.
Dazu morgens und abends noch Brod, außerdem Kofent (Dünnbier) vorgesetzt werden.<<
(Ferdinant Braudel, Sozialgeschichte des 15.-18.Jh, Bd2)
>>Und wenn 1429 im elsässischen Oberhergheim der zur Fron herangezogene Bauer nicht mit den anderen auf dem Meierhof essen wollte, mußte ihm der Meier >zwei Stück Rindfleisch, zwei Stück Braten, ein Maß Wein und Brot für zwei Pfennige schicken <[...Je weiter wir uns jedoch vom >Herbst< des Mittelalters entfernen, desto spürbarer verschlechtert sich die Lage - ein Trend, der bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, in bestimmten Gegenden Osteuropas, v. a. auf dem Balkan, sogar bis ins 20. Jahrhundert anhält.
In Europa zeigen sich die Einschränkungen schon ab Mitte des 16. Jahrhunderts. In Schwaben hat sich laut Heinrich Müller die Ernährung des Landvolks drastisch verschlechtert. Anstelle der reichlichen Mahlzeiten von einst, die täglich Fleisch umfaßten und an Festtagen wie Kirchweih zur Schlemmerei ausarteten, machen sich überall Teuerung und Mangel bemerkbar.
Selbst die Kost der reichsten Bauern, so der Autor, ist fast schlechter als die der Tagelöhner und Knechte von anno dazumal. Zu Unrecht haben die Historiker die immer wiederkehrenden Zeugnisse dieser Art als krankhaftes Bedürfnis der Menschen zur Verherrlichung vergangener Zeiten
abgetan«]<<
(Braudel)
Soweit ich weiß war das Problem Roms nicht der Hunger sondern die hohe Arbeitslosigkeit, weil man die Kleinbauern durch die billigeren Sklaven vom Markt verdrängt hatte und dann durch Brot und Spiele ruhig gestellt.
Nein, die Kleinbauern wurden vor alle, durch die Auswirkungen des römischen Bodenrechts verdrängt, ein Problem, das dem heutigen Höfesterben nicht unähnlich ist...
Eine zeitweise Versorgung mit Nahrungsmitteln im Falle einer Missernte (das gab es schon im alten Ägypten) ist was anderes als eine prinzipielle kostenlose Versorgung. Das hat man glaube ich nicht 1000 Jahre gemacht sondern erst nach den großen Kriegen, als die Steuern und Sklaven aus den riesigen Provinzen das ermöglichten.
Spätrömische Dekadenz eben.
Wobei ich von römischer Geschichte nicht genug verstehe, um mir da ein Urteil zu erlauben.
Brot und Spiele ist eines der Grundlegenden staatlichen Funktionsweisen seit dem alten Rom, zumindest in Mitteleuropa und Vorderasien.
mit der spätrömischen Dekadenz hatte das nichts zu tun. Die Römer hatten begriffen, das sich nur ein einigermaßen zufriedenes Volk langfristig zusammen halten läßt.
Es ist aber nicht die kapital und gewinnorientierte Gesundsheitsfürsorge, die in den USA umstritten ist sondern gerade die staatliche Vorsorge für alle aus Steuern.
Na aber doch....die mächtigsten Konzerne dieser Welt sind die Pharmaunternehmen.... dabei spielt es doch keine Rolle ob der Staat bezahlt, oder der Einzelbürger...