Kommt drauf an ob man VWL als Wissenschaft oder Religion versteht.
Man versucht in der Wissenschaft objektiv zu sein, was nicht heißt, dass man es ist. Selbst in Physik gibt es unterschiedliche Ansichten zu bestimmten Themen. Bei den Geisteswissenschaften entsprechend mehr.
Wissenschaftler erstellen ein Modell das basiert auf der aktuellen Faktenlage ein möglichst exaktes Abbild der Realität darstellt. Es muss Vorgänge widerspruchsfrei erklären und verlässlich reproduzierbare Prognosen ermöglichen. Wenn es Anhaltspunkte dafür gibt das das nicht der Fall ist wird das Modell modifiziert oder verworfen und durch ein besseres ersetzt.
Aha und warum kommen dann unterschiedliche Wirtschaftswissenschaftler zu anderen Schlüssen? Warum gibt es unterschiedliche Denkschulen zB. Neokeynesianer und Keynesianer usw. ? Weil die, die ne andere Ansicht vertreten, sich irren und eigentlich Theologen sind? Is klar...
Die Politik hat sich entschieden den Status Quo zu bewahren statt die Spekulation gegen Mitglieder der Eurozone ein für alle mal zu beenden. Niemand der bei Verstand ist würde gegen den japanischen Staat wetten obwohl Japan die bezogen aufs BIP die mit Abstand größte Staatsverschuldung der Welt besitzt. Warum? Weil die japanische Notenbank jeden Angriff auf den Yen abwehren würde.
Verstehe ich nicht. Wie wurde gegen ein Mitglied der Eurozone gewettet und wie hat das dessen Zahlungsfähigkeit beeinflusst?
Nochmal: Eine Zentralbank hat nur auf die Zentralbankgeldmenge direkten Einfluss. Die Geldmenge die in der Realwirtschaft nachfragewirksam wird schaffen die Geschäftsbanken. Durch ihre Kredite entsteht das Geld mit dem Du und Ich einkaufen gehen. Damit das von der EZB geschaffenen Zentralbankgeld die Inflation beeinflussen kann wird zwingend eine Bank oder der Staat als Transmissionsinstrument zwischen den Geldebenen "Zentralbankgeld" und "Guthaben der Nichtbanken" benötigt. Deshalb konnte die EZB in der Vergangenheit die Zentralbankgeldmenge massiv ausweiten ohne das es irgendeine Auswirkung auf die Inflation hatte.
Ok, und? Wobei ich mir nicht sicher bin, wie die EZB die Anleihen kauft. Wenn ich meine Staatsanleihe bei meiner Hausband zum Verkauf anbiete, könnte die EZB diese doch auch kaufen, oder? Könnte aber sein, dass die EZB das nur macht, wenn der Verkäufer der Anleihe eine Bank ist. Also die Bank kauft mir meine Anleihe ab und verkauft sie an die EZB weiter. Yeah. Ich weiß nicht, was dieses ganze Geblubbel um Zentralbank- und Buchgeld nun bringen soll. Wenn jetzt hab ich ne Anleihe weniger und dafür Geld auf meinem Konto. Damit kann/muss ich nun etwas tun.
Du musst den Zins nichtmal erhöhen, es ist viel einfacher. Banken tauschen Wertpapiere für einen festgelegten Zeitraum gegen Zentralbankgeld, dadurch erhöht sich die Zentralbankgeldmenge. Nach Ablauf dieses Zeitraums erfolgt der Rücktausch Wertpapier (zurück zur Bank) gegen Zentralbankgeld (zurück zur EZB). Dadurch verringert sich die Zentralbankgeldmenge entsprechend. Wenn die EZB also die 105 Euro wieder reinholen will dann emittiert sie einfach 105 Euro weniger neues Zentralbankgeld als sie zurückbekommen hat.
Beispiel: Im Laufe der Woche haben die Banken für 1 Million Euro Wertpapiere zurückgetauscht, um diesen Rückfluss auszugleichen müsste die EZB am Wochenende Wertpapiere in Höhe von 1 Million neu ankaufen um die Geldmenge gleich zu halten. Wenn sie Wertpapiere in Höhe von 999.895 Euro ankauft sind deine 105 Euro aus dem Markt.
Also das ist meiner Ansicht nach so nicht richtig. Sowohl beim Verleihen zum Leitzins als auch beim Kauf von Anleihen wechselt etwas, was genau gleich viel wert ist. Beim Zurückbezahlen des Kredits oder Verkauf/Auslaufen der Anleihe, genauso. Der Einzige Unterschied ist der Zins, der den Besitzer wechselt.
Kauft die EZB eine Anleihe für 105€ und bekommt nix zurück, da der Schuldner pleite ist, ist der Unterschied das ganze Volumen.
Ich hab immer das Gefühl, du versteifst dich zu sehr auf Zentralbankgeld, Buchgeld, Anleihen usw. dabei dient hier alles als Zahlungsmittel. Du kannst auch mit Anleihen Dinge kaufen. Kommt es bei Konzernen zu Übernahmen, bezahlt man einen Teil oft mit Aktien. Eine Dividende wird manchmal nicht als Geld, sondern als Aktie ausbezahlt. Das heißt nicht, dass jeder eine Anleihe als Zahlungsmittel annehmen muss bzw. die Transaktionskosten genauso niedrig wären. Warum tauscht eine Bank dann seine Anleihe gegen Zentralbankgeld und bezahlt dafür sogar noch Zinsen? Naja, weil eine Bank täglich Verpflichtungen in Euro zu erfüllen hat plus es Vorschriften für Cashreserven gibt. Eine Bank leiht sich aber nicht Zentralbankgeld, um dann zu sagen "Oh mein Gott, wohin nun damit, aahhhh". Und der Markt hat bei so nem Tausch nicht plötzlich mehr Mittel. Der Haupteinfluss durch die Geldpolitik liegt an dem anderen Zinsniveau, aus dem sich entsprechende Implikationen ergeben.
Da kannst Du Dich zunächst mal bei den Währungsspekulanten bedanken die von den hohen Zinsen in Argentinien profitieren wollten.
Was hat das mit Spekulation zu tun, wenn eine Zentralbank quasi die Staatsausgaben finanziert, sinkt das Vertrauen in eine Währung. Stell dich mal mit einem 100USD Schein auf den Marktplatz von Buenos Aires.
Aber niemand verlangt das der Staat unbegrenzt Geld von der Zentralbank bekommen sollte, auch ich nicht. Wenn Durch staatliche Aktivitäten die Auslastung der Wirtschaft an ihre Grenzen kommt muss sich der Staat zurückhalten bevor die Konjunktur überhitzt. Der Staat hat aber, anders als die Zentralbank, die Möglichkeit duch seine Ausgaben direkten Einfluss auf die Inflation zu nehmen.
Ok.
Klar. Nur muss man schon genau wissen was Geld ist wenn man ein sinnvolles Ergebnis bekommen will. Wenn Du eine reale Ressource kaufen willst brauchst Du dafür Geld auf das Du Zugriff hast. Dieses Geld ist das Guthaben auf deinem Girokonto, an Zentralbankgeld kommst Du als Privatkunde schlicht nicht (direkt) ran weil Du kein Zentralbankkonto hast.
Ich kann mit Allem bezahlen, denn alles in in alles umtauschbar. Ich hab mir neulich von etwa 5000€ in Aktien einen gebrauchten Wagen gekauft. Klar, ich hab die Aktien noch kurz in etwas anderes (ein Zwischentauschmittel) umgetauscht, aber welche Rolle spielt das, ob ich das in Gold, Euro, Reis oder sonst was umtausche. Vom Verkäufer weiß ich, dass der das Geld in einen ETF gesteckt hat. So what? Wichtig ist nur, dass dieses Zwischentauschmittel den wert behält und geringe Transaktionskosten hat.
Richtig fit bin ich da auch nicht aber soweit ich das verstanden habe gibt es weiterhin Steuern. Der Kerngedanke ist glaube ich das der Staat die primäre Quelle für Geld ist.
Heute ist es so das die Geschäftsbanken mit Zentralbankgeld Staatsanleihen vom Bund kaufen und bei der EZB gegen neues Zentralbankgeld eintauschen. Bei diesen Auktionen wird er Ausgabepreis der Anleihe festgelegt, wenn die Bank eine Anleihe mit dem Nennwert 100 Euro für 95 Euro am Primärmarkt kauft und bei der Zentralbank eintauscht hat sie sofort einen Gewinn von 5% gemacht und das ohne Risiko.
Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, va. da es praktisch keine AAA-Anleihen gibt, die unter 100% notieren. Die Zentralbanken werden genau den Marktpreis bezahlen und findige Banken werden die Anleihen ankaufen und antizipieren, dass die EZB die teurer abkauft. Die Bank bekommt hier tatsächlich eine relativ risikolose Marge (deshalb die niedrigen Zinsen bei Anleihen, deshalb bei Tagesgeld, deshalb bei Immobilinekrediten).
Die Banken am Primärmarkt bekommen dadurch zum einen praktisch Geld geschenkt und zum anderen eine nicht unerhebliche Macht. Diese 30 Großbanken bestimmen den Preis für das Geld das der Staat zum funktionieren braucht, sie können es belohnen wenn der Staat in ihrem Sinn handelt oder ihn auch mit hohen Aufschlägen bestrafen.
Sie bekommen eine kleine Marge, falls alles klappt. Bank1 kann auch Anleihen zu zB 120% aufkaufen und für 121% anbieten. Bank2 kauft für 120% auf und bietet für 120,5% zum Verkauf an. Dann bleibt Bank1 womöglich drauf sitzen (und erzielt womöglich eine negative Rendite)
In der MMT wird der Weg des Geldes abgekürzt. Die Zentralbank stellt das Geld das der Staat braucht diesem direkt zur Verfügung. Die Vorteile liegen denke ich auf der Hand.
- Der Staat muss bei seinen Entscheidungen nicht mehr berücksichtigen wie der Markt (die 30 Großbanken) auf seine Entscheidungen reagiert
- Spekulationen auf eine eventuelle Staatspleite sind unmöglich
- Die Banken bekommen kein Geld mehr für das risikolose hin- und herschieben von Geld zwischen Zentralbank und Staat
- Der Staat hat die Möglichkeit die Inflation auf den gewünschten Zielwert zu bringen
- Der Staat kann Krisen bekämpfen ohne durch einen anschließenden Sparzwang das dadurch erreichte Wirtschaftswachstum gleich wieder abzuwürgen
- Der Staat hat genug Geld um die öffentliche Infrastruktur zu sanieren und zukunftsorientierte Projekte anschieben zu können.
- Der Staat kann das Steuer-/Subventionssystem so umbauen das die Steuerungswirkung im Mittelpunkt steht und nicht das Erzielen von Einnahmen.
So in etwas stelle ich mir das Wesen der MMT-Anhänger vor. Der Staat kann per Definition nicht mehr pleite gehen und hat plötzlich ganz viel Geld, um sich all das zu leisten, was aktuell nicht geht. Weil man einfach davon ausgeht, dass aus neu aus dem nichts erschaffenem Geld reale Sachen entstehen wie eine bessere öffentliche Infrastruktur. Ich meine, dafür benötigt man reale Arbeitskräfte, reales Land, reale Produktionsfaktoren. Und bringt man diese realen Ressourcen dazu, dass die für meine Projekte arbeiten und nicht für das, wofür sie aktuell eingesetzt werden? Naja, man bezahlt mehr Geld dafür. Höhere Löhne, höhere Immobilienpreise, höhere Preise für zB. Busse als der, der diese Ressourcen aktuell beansprucht.
Wenn der Staat etwas machen will, muss er diese Ressourcen anderen wegnehmen. Egal ob über Steuern, Schuldenaufnahme oder Geld erzeugen. Das ist tatächlich Physik, der man mit einem noch so tollen Gedankenkonstrukt nicht widersprechen kann.
Was du immer mit deinen Spekulanten hast, ist mir auch ein Rätsel. Wenn ein Spekulant sich irrt, dann verliert er. Wenn er auf die Pleite eines Staates zB. wettet, dann vermutet er, dass es um den Staat schlechter steht als der Markt annimmt. Irrt er sich, verliert er viel Geld. Hat er recht, gewinnt er. Falls er gewinnt, ändert das nix an der Zahlungsfähigkeit dieses Staates.
Ich hatte mal Siemensaktien aber das ist schon ein Weilchen her.
Ok, wo hast du dein Vermögen angelegt bzw. wo spekulierst du?