a) dem Überbau kannst du dich nicht verweigern, weil - das ist nun mal in der Sache mit der Religion so - der Überbau den Unterbau bestimmt. Sonst hätte die Religion keine solche Wirkmächtigkeit. Ich muss erst den Überbau betrachten ( hier die Stellung des einzelnen Menschen hin zu dem Wesen, was über ihm steht). Da gibt es kein Vertun. Unsere christliche Tradition und unsere religions- kulturelle Entwicklung hat ein anderes Verhältnis von der Herrschaft aus Glauben entwickelt, als dies bei den Menschen ,die unter gleichen Bedingungen an Gott glauben, es im Islam der Fall ist.
Ich verweigere mich dem Überbau nicht. Ich habe einzig behauptet, dass "Religion" als philosphisches Konstrukt überbewertet wird. Religion als kulturelles Muster, als via Erziehung / Umwelt vermitteltes Weltdeutungssystem hat einen gravierenden Einfluss. Weswegen die "Zornigen" mit eben jenem Hintergrun mglw. bei irgendwelchen salafistischen Randgruppen Zuflucht suchen.
Es ist im übrigen auch kein Überbauproblem, wenn Saudi-Arabien mit seinen Ölmilliarden in mittleren Osten und ganz Nordafrika und rüber bis nach Indonesien salafistische Gruppen finanziert. Was wäre der Salafismus ohne seine Milliarden?
Deshalb verspreche ich mir nichts davon, den Koran zu zitieren mit der Absicht irgendwelche Börartigkeiten ergäben sich mit einer philosphischen Naturnotwendigkeit aus der Schrift. Das kann man mit dem MEGW auch durchziehen.
Es fehlt ein emanzipatorisches Element im Verhalten des Menschen zu der Schrift. Deshalb ist ein Angriff auf die Schrift bei einem Islamgläubigem einer Gedankenwelt untergeordnet, die eine Abstand zur Schrift ausschließt, deshalb -egal bei wem - ist eine Kritik an der Schrift dort gleich eine Infragestellen von Gott und dieser Zusammenhang befeuert Extremismus. deshalb ist die Betrachtung des Überbaus wichtig.
Schon richtig, aber das liegt nicht am Koran. Dies liegt an Menschen, an Denkschulen und auch an Machtverhältnissen.
b) Theweleit irrt. Wen du deiner Schlussfolgerung daraus tiefer folgst, wirst du schnell an die Grenze des Rechtfertigungs-Argumentes stoßen. So würde niemand den Märtyrer spielen wenn Männerphantasien eine ausschlaggebende Rolle spielen würde. Männer - so verstanden- wollen überleben um ihre Phantasien auszuleben....:rolleyes2: Nur das politische Verständnis aus der philosophischen Betrachtung der Lage heraus, macht einen Sinn. Denn dann wird es ein stimmiges Bild - stimmig in der eine oder anderen Art. Stimmig auch um Lösungsansätze zu finden. Ich muss das Politische in der Lage herausarbeiten und aus der philosophischen erarbeiteten Erkennungsmöglichkeit hin zu einer Lösung kommen. Das haben wir seit Descartes und Ockham doch drauf, oder ?.
Vielleicht irrt Theweleit. Aber mit dem Lebenswillen derer, die Th. das Material der Analyse lieferten, war es nicht so weit her. Der Ausgang Freitod war für diese von Gewalterfahrungen geprägten Menschen ein immer präsenter. Er wurde denn auch im Angesicht der Niederlage 1945 von denen, die seit 1933 zu Macht gekommen waren, "gerne" praktiziert. Die Selbstmordrate unter NS-Entscheidungsträgern auf den unteren Ebenen war überraschend hoch. Ich würde daher den Überlebenswillen nicht überbewerten. Märtyrer haben für einen bestimmten Menschenschlag ein eigenständiges Charisma.
c) da müsstest du den Extremismus aus dieser Quelle aber noch mal näher betrachten. Setze doch mal die iranischen Ayatollahs gegen die Romneys und Co. Da du doch ein Kenner von Max Weber bist, könnte dir doch der Gedanke ankommen, was wen eher antreibt. Das Religiöse hin zum Politischen oder das Politisch eher zum Religiösen. Wer vom Politischen zum Religiösen strebt hat einen anderen Extremismus als der anders Laufende (wobei ich den, vom Politischen zum Religiösen Laufenden für den "Gefährlicheren" halte (s. Nationalsozialismus)
Unsere demokratischen Regel bändigen den politisch -religiös agierenden aber. Den Religiös-Politschen bändigt aber das "System" nicht weil er das Denos in der Kratie nicht zum Merkmal erheben kann. Denn es könnte dann sein, das das Demos mehr Wert ist, als der religiöse Hauptgrund......
Und.. der christliche Tyrann in Afrika unterscheidet sich vom islamischen Tyrannen in gleicher geographischen Lage wodurch?
Der eine tötet zuletzt (christlicher Tyrann) , der andere zuerst ( islamischer Tyrann). Kannst du wunderbar in den Auseinandersetzung in Westafrika beobachten.....meine ich jedenfalls daraus schließen zu können..
Romney lebt eine andere Form des Extremismus, den Extremismus der von allen Fesseln befreiten Märkten - ins ideologische übersetzt er dies mit: er stehe für die Freiheit der Menschen, die ihre Träume leben wollen.
Die Evangelikalen, die ich meine ermorden Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, erschießen mal eben einen Schwarzen, spielen wieder Ku Klux Klan oder gründen paramilitärische Verbände. Das ist die bürgerlich-gemäßigte Form, die mir aber insoweit Sorgen bereitet, dass niemand weiß, was passiert, wenn man diese Horden los läßt. (das Kapitel Indonesien hier: Gerlach, Christian, Extrem gewalttätige Gesellschaften. Massengewalt im 20. Jahrhundert. DVA, München 2011, läßt einen schaudern.)
Wer nun in Westafrika zuerst geschossen hat und wer als zweites ???? ich habe da schon allerlei Geschichten gelesen, die mich daran zweifeln lassen, dass ich als Aussenstehender eine Reihenfolge festlegen könnte.
Wir könnten aber unsere Betrachtungen an dieser Stelle um Beispiele aus Indien erweitern: Hindumob gegen Muslime - eine mörderische Vorgeschichte zum Überfall der Islamisten einige Jahre später.
Fazit:
Der Überbau muss überarbeitet werden. Nutzen wir die Riesenschätze unsere historisch kritischen Forschung (auch die negierten/von uns bereitwillig ausgeklammerten über den Koran) um dem Überbau auf das zu stutzen, zurückzuführen auf das, was uns nützt.
Das da wäre für mich - so als philosophischer Abgedanke: Gott sei bei uns aber nicht immer über uns.....
Und deinen Beobachtungen bei den Mitmenschen in den Bereichen, die sich in unserer "Sozialen Lage" befinden, stimme ich zu...hat aber noch nicht die gewünschte Vorbild- und Vervielfältigungsfunktion erreicht aus deren integrierten Position heraus... die haben die gleichen Probleme wie ich und noch eines dazu , sie können das Emanzipatorische zum Überbau nicht "rüberbringen", weil sie dann ausgegrenzt werden (sog. Algün-Syndrom )... .
Weswegen du dich ja auch am Überbau abarbeiten darfst. Ich halte dafür, dass die westliche Gesellschaft hier einen indirekten Einfluss hat, der viel "zersetzender" ist. Unsere Lebensweise zerlegt sukzessive die Familienstrukturen, die sozialen Strukturen, die notwendig sind, um eine bestimmte kulturelle Tradition aufrecht zu erhalten. Was wir sehen ist in den arabischen Gesellschaften ein durch Religiöse massiv geförderten Widerstand gegen den "westlichen Einfluß". Insofern sehen die Religiösen schon sehr klar, was sich hier abspielt.
Für Westeuropa bin ich da aber grundoptimistisch. Mein persönlicher Vorschlag wäre daher vielmehr: fördert die Frauen, mit und ohne Kopftuch beim Erwerb der Sprache bei Bildung und Ausbildung. Macht sie stark und selbstbewußt. Ich gehe jede Wette ein, den kulturellen Wandel, den wir damit einleiten, denn hält in seinem Lauf weder Ochs noch Esel auf.
Bakunin