Überlegungen und Spekulatives
Der TE fragt nach den Ursachen des Völkermordes an den Armeniern und stellt im weiteren Verlauf seiner seiner Einleitung die These auf, dass die islamische Religion eine wesentlich Ursache gespielt habe. Dazu führt er folgendes aus:
War es aber nicht doch nur wieder ein Religionskrieg, diesmal der regierenden islamischen Türken gegen ein Volk auf ihrem Staatsgebiet aus religiösen Gründen, also um Christen zu vertreiben und zu vertilgen?
Weshalb wird dieses Thema nicht auch aus dieser Perspektive betrachtet und beurteilt?
Weshalb wird Religion immer als was Gutes und nicht als Grund für Vertreibung, Mord und Totschlag gesehen?
Ich möchte dazu folgendes bemerken.
1.
1915 regierte formal betrachtet noch der Sultan, die eigentliche Regierungsgewalt lag in der Gewalt der "Jungtürken". Die "Jungtürken" - Bewegung ist allerdings alles andere als eine religiöse Bewegung, sondern war "eine politische Bewegung im Osmanischen Reich, die seit 1876 illegal auf liberale Reformen und eine konstitutionelle Staatsform hinarbeitete. Ziel war die Stärkung des außenpolitisch geschwächten und innenpolitisch vom Zerfall bedrohten Reiches durch systematische politische, militärische und wirtschaftliche Modernisierung."
https://de.wikipedia.org/wiki/Jungt...ss_auf_die_Jungt.C3.BCrken_und_ihre_Ideologie
2.
Dem Völkermord an den Armeniern ging einher mit dem
Völkermord an den syrischen Christen
"Schon am 26. Oktober 1914 ordnete Innenminister Talât Pascha, besorgt wegen russischer Avancen an die orientalischen Christen, die Deportation der Nestorianer aus Hakkâri in die osmanischen Westprovinzen an, wo sie unter Moslems verteilt werden sollten. Mangels Truppen wurde die Deportation verschoben und, als sich die Befürchtungen der Jungtürken, die Christen würden sich den russischen Truppen anschließen, als unbegründet erwiesen, ganz abgesagt.
Nach den osmanischen Niederlagen an der Kaukasusfront gegen Russland wandten sich osmanische Regierung, Armee sowie türkische und kurdische Milizen gegen die armenischen und andere christliche Bewohner in ihrem Reich, da diese als Verbündete und Unterstützer des christlich-orthodoxen Zarenreiches betrachtet wurden."
3.
Rolle der Geheimorganisation "Teşkilât-ı Mahsusa"
"Der erste Schritt bestand in der Entwaffnung der armenischen Soldaten der osmanischen Armeen, die zum Teil anschließend getötet, zum Teil in Arbeitsbataillonen zusammengefasst wurden. Wenig später folgte die Hinrichtung der Angehörigen mehrerer dieser Bataillone. Bei diesen und auch den folgenden Aktionen waren hauptsächlich die aus Kurden, freigelassenen Strafgefangenen und Flüchtlingen aus dem Balkan- und Kaukasusgebiet bestehenden Angehörigen der von Bahattin Şakir geleiteten Spezialeinheit Teşkilât-ı Mahsusa beteiligt, der vermutlich noch weitere Freiwilligenformationen (Çete) aller Art zugerechnet werden müssen."
https://de.wikipedia.org/wiki/Jungt...ss_auf_die_Jungt.C3.BCrken_und_ihre_Ideologie
Nach einigen Historikern wurde diese Geheimorganisation bei der Durchführung des Völkermordes an den Armeniern eingesetzt. Siehe hierzu: The Teşkilât-ı Mahsusa on the Caucasian Front and the First Military Operations in: Raymond Kévorkian: The Armenian Genocide. A Complete History, I. B. Tauris, London 2011, Seiten 2017 bis 223; ISBN 978-1-84885-561-8.
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Teşkilât-ı_Mahsusa
Ziele der Teşkilât-ı Mahsusa"
Hüsamettin (Ertürk), der eine zeitlang Vorsitzender der Organisation war, schildert den Grund für die Gründung der Teşkilât-ı Mahsusa wie folgt:
„Das Ziel dieser Organisation war auf der einen Seite alle Muslime unter einer Flagge zu versammeln und so den Panislamismus einzuleiten. Auf der anderen Seite die türkische Rasse in eine politischen Einheit zu bringen, aus dieser Sicht Pantürkismus zu verwirklichen. Es ist wahr, dass Enver Pascha einerseits von Emiri Efendis Programm des İttihad ve Terakki Inspiration über den Panislamismus und anderseits von Ziya Gökalp Inspiration über den Pantürkismus erhielt."
Nach Philip Stoddard:
"Die Organisation hatte zwei Geldquellen: Von einem geheimen Budget des Kriegsministeriums und aus dem Goldhandel in Deutschland. Das deutsche Gold wurde regelmäßig von der deutschen Militärmission nach Istanbul gebracht. Laut allen Quellen erhielt die Organisation insgesamt um die 4 Millionen Gold.
Nach Stoddard erreichte das Kader der Organisation im Ersten Weltkrieg (1916) eine Größe von 30.000 Mitgliedern."
Zitiert nach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Teşkilât-ı_Mahsusa
Damit ergeben sich folgende Voraussetzungen:
- anhaltende Staatskrise des Osmanischen Reichens:
-> politisch, militärisch, wirtschaftlich, kulturell;
- bestehen eine politischen u. revolutionären Partei der Modernisierung;
- bestehen einer teilweisen geheimen bewaffneten Macht Teşkilât-ı Mahsusa
-> vgl. Weltanschauungs-Polizei; Orden: Techka, SS
-> zunächst der Partei, dann des Staates;
-> dort schließt sich der Kreis a) Religion;
-> dort schließt sich der Kreis b) ethnischem Säuberung
-> Reinigungs-Ideologie
-> Christen als "Agenten" eines fremden Staates, z.B. Russland
- Kriegssituation; Ausnahmezustand; Staatsauflösung;
Anmerkungen
- Durchführung des Völkermordes in einer Art "Halb"-Öffentlichkeit;
- administrativ: alle staatlichen Stellen sind beteiligt;
- das Ausland war informiert; Berichte des dt. Botschafters;
- Berichte von Max Erwin von Scheubner-Richter; Teilnehmer der Hitler-Putsches (erschossen).
- Berliner tat nichts, um den Verbündeten zu schwächen;
- Berichte des US Botschaftes, die USA waren neutral;
- der Mann hieß übrigens Henry Morgenthau