Ist die FARBE zuständig , für`s VERSTEHEN ?
@ jezi:
Ich rede aber über die Rezession. Ich hoffe, ich muss das Wort für dich nicht durch Großschreibung oder Farbe verständlich machen?
1996 hat Bill Clinton das amerikanische Wohlfahrtssystem unter dem Motto "Welfare to Work" reformiert. In diesem Prozess ist der Bundesstaat Wisconsin ("Wisconsin Works", W-2) am weitesten fortgeschritten, der Staat, dessen Sozialhilfesystem
Roland Koch seit seinem Besuch dort im Sommer 2001
nachahmen möchte.
In Wisconsin gibt es für arbeitsfähige Erwachsene keine Sozialhilfe mehr. Stattdessen haben sie Anspruch darauf, dass ihnen ein Arbeitsplatz oder wenigstens eine Qualifizierungsmaßnahme vermittelt wird, die mehr oder weniger gut bezahlt sind. Dies geschieht in vier Stufen:
Reguläre Arbeit ("Unsubsidized Employment") :
Nach Möglichkeit sollen alle Teilnehmer so schnell wie möglich auf dem ersten Arbeitsmarkt unterkommen.
Probearbeitsverträge ("Trial Jobs") :
Wer nicht vermittelt werden kann, arbeit bei einem privaten Arbeitgeber auf Probe. Hierzu gehört ein staatlicher Lohnkostenzuschuss von 300$ pro Monat.
Gemeinschaftsdienste ("Community Service Job") :
Dieses Programm ist vergleichbar mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Die Teilnehmer erhalten 673$ pro Monat für 30 Stunden Arbeit pro Woche und 10 Stunden Berufsberatung oder Qualifizierung. Für jede unentschuldigte Fehlstunde wird das Gehalt gekürzt.
Einführungsphase ("Transition") :
Wer aus gesundheitlichen, geistigen oder familiären Gründen nicht arbeiten kann, kommt in eine Rehabilitation oder Therapie. Die Teilnehmer erhalten 628$ pro Monat. 28 Stunden pro Woche müssen sie arbeiten, 12 haben sie für Beratung und Rehabilitierungsmaßnahmen.
Für Krankenversicherung und Kinderbetreuung sorgt, falls nötig, der Staat. Leistungen aus diesem Programm gibt es aber für jeden Menschen
maximal fünf Jahre im Leben, höchstens zwei Jahre am Stück.
Die Prozessteilnehmer werden von Vermittlungsagenturen betreut. Das können Ämter, gemeinnützige Organisationen oder private Unternehmen sein. Erfolgreiche Vermittlungsagenturen erhalten vom Staat mehr Geld.
In Zeiten der Rezession zeigen sich die Schwächen dieses Systems :
Die ehemalige Staatssekretärin von Wisconsin, Jennifer Reichert, wird von der FTD mit den Worten zitiert:
"Dass die Hilfsempfänger auf eigenen Beinen stehen, konnten wir nicht erreichen."
Jeder vierte Vermittelte stand innerhalb von 18 Monaten wieder beim Staat vor der Türe. Und das neue System ist teuerer als das alte: die Hilfsleistungen sind zwar um 80% gefallen, Betreuung und Fortbildung kosten aber so viel, dass der Sozialetat insgesamt um 20% gestiegen ist.
Es gibt mehr Arme mit schwerwiegenden Problemen. Laut der FTD können sich etwa in Wisconsin 33% der ehemaligen Sozialhilfe-Empfänger kein tägliches Essen leisten. 1992 waren das "nur" 18%.
Nur 38% der Amerikaner finden, dass die Politik Einkommensunterschiede reduzieren muss, gegenüber 65 bis 80% in den verschiedenen Nationen Europas.
So haben die Amerikaner ein System erhalten, das zu ihnen passt:
Es ist in Teilen durchaus erfolgreich, etwa bei der Arbeitslosigkeit,
führt aber dazu, dass die Schere weiter aufgeht.
Und es gibt Menschen, die komplett durch die Maschen des sozialen Netzes fallen –
und die Maschen werden immer größer.