Darum geht es hier aber eben nicht. Es geht um die Frage, welche Regeln zur Anwendung kommen, im Zweifelsfalle. So fällt in dem eingangs zitierten Interview mit Sanem Kleff vor allem eins ins Auge:
Sie hat sicherlich recht, wenn sie sagt, ein wenig mehr Unverkrampftheit hätte BEIDEN Seiten gut zu Gesicht gestanden. Das klingt vernünftig und dürfte einem "normalen" Umgang mit seinem Gegenüber (gleich welcher Abkunft, sozialer Stellung etc.) wohl am ehesten entsprechen.
Wäre da nicht auch DIESER Satz:
"Aber wie man sich begrüßt, ist doch ganz klar, wenn man respektvoll bleibt, eine Frage des Geschmacks."
Unterschreibt ganz spontan jeder normale Mensch, oder? Nur: warum hat der "Geschmack" des fraglichen Imans hier einen höheren Stellenwert als der der Lehrerin, die ganz explizit darauf hingewiesen hat, daß sie das Benehmen ihres Gegenübers als Affront empfindet (und das auch darf, wenn ihr mit der Begründung, sie sei eine Frau(!) der Handschlag verweigert wird)? Wenn das alles "nur" eine Geschmacksfrage ist, warum ist dann von der ersten Silbe an klar, daß die "Expertin" jede nur denkbare Legitimation für das Verhalten des Imam aufführt, das Beharren der Lehrerin auf die in Deutschland nun einmal übliche Respektbezeugung per Handschlag hingegen als "unprofessionell" geißelt?
Man muß sich mal eins vor Augen halten: der Vater war einbestellt worden, weil sein Sohn offenbar in eine Schlägerei auf dem Schulhof verwickelt war, sich also wahrscheinlich benommen hat wie eine offene Hose. Da wäre das Backen kleiner Brötchen und ein intensives Vater-Sohn-Gespräch allemal angebrachter gewesen, als den offensichtlich fehlenden Respekt des Sohns vor verbindlichen Regeln noch damit zu legitimieren, daß man nicht nur eine Person, gegenüber der Sohn EIGENTLICH Respekt haben sollte zu beleidigen, sondern anschließend noch vor Gericht zu ziehen, um dem Sprößling in aller Klarheit zu zeigen, daß man auf Deutsche im Allgemeinen und Frauen insbesondere getrost scheißen darf, wenn man nur konsequent seinen Sonderstatus als kultureller Außenseiter nutzt.
Genau DIESE Art der Relativierung und Toleranz (die völlig normal wäre, wenn man sich auf Augenhöhe begegnete und eben der grundlegende Respekt füreinander gegeben wäre) ist es, die Integration und Assimilation von Migranten eben nicht fördert, sondern unterbindet.
Gruß -
Bendert