Du gehst ja immer noch aufs BIP - erklär doch mal genau, warum ein großes BIP nun eine Kennzahl für einen Motor der Weltwirtschaft sein soll!
Tatsächlich müsste eine gute Kennzahl für den Motor der Weltwirtschaft differenzieren, wie viele Aufträge aus dem Land in andere Länder gegangen sind, und in welchem Verhältnis diese zu den Aufträgen stehen, die aus anderen Ländern an das jeweilige Land gegeben werden.
Man könnte sogar auf die Idee kommen, dass Länder mit einem besonders hohen Handelsbilanzdefizit die eigentlichen Motoren der Weltwirtschaft sind - bei dieser Betrachtung wäre Deutschland recht weit am Ende der Statistik zu finden......
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/242564/umfrage/laender-mit-dem-groessten-handelsbilanzdefizit/
Das aber greift auch zu kurz, weil dann die Bedeutung des Landes für die Gesamtweltwirtschaft nicht enthalten wäre, und auch die zeitlichen Komponenten zu wenig berücksichtigt werden.
Aber inzwischen wurde dir ja wenigstens klar, dass der von dir vermutete Motor, wenn man ihn über das BIP begründet, schon mal nur ein Motörchen ist.....immerhin ein kleiner Fortschritt.....
Schauen wir mal auf die
Entwicklung des BIP weltweit von 2008 bis 2017 dann haben wir eine Steigerung auf 125,5% des Ausgangswertes.
Schauen wir mal auf die
Entwicklung des BIP in Deutschland in diesem Zeitraum, dann kommen wir auf eine Steigerung auf 127,9%.
Nun kann man an dieser Betrachtung einiges kritisieren - beispielsweise den Zeitraum. Ich will das gar nicht zu tief belasten, was man aber bei der Betrachtung dieser Statistiken sehen kann ist, dass sich das Welt-BIP und das BIP von Deutschland recht ähnlich entwickeln. Tatsächlich hat für genau diesen Zeitraum Deutschland sich sogar etwas besser entwickelt als die Welt, was bedeutet, dass bezogen auf das BIP sich der Anteil Deutschlands sich in diesem Zeitraum erhöht hat. Aufgrund der fehlenden Größe Deutschlands und damit auch des deutschen Marktes ist das nicht so arg relevant. Berücksichtigt man dann noch, dass Deutschland deutlich mehr Exportiert als Importiert, was bezogen auf die Motorfunktion eher schädlich ist, würde ich tatsächlich auf der Basis dieser Daten tendenziell eher davon sprechen, dass Deutschland bezogen auf die Weltwirtschaft so in etwa mitgeschwommen ist. Dass Deutschland besonders viel gezogen hätte, ist wohl eher nicht der Fall. Geschadet hat Deutschland aber auch nicht so richtig - es hätte aber mehr tun können.
Dass ich dennoch nicht ganz abgeneigt bin, auch in Deutschland einen Motor der Weltwirtschaft zu sehen, hat mehr mit der Funktion Deutschlands im EU-Markt zu tun! Tatsächlich macht es nur bedingt Sinn, Deutschlands Rolle in der Welt getrennt von der EU zu sehen, denn die EU oder auch der EWR tritt eher als vereinheitlichter Wirtschaftsraum auf - und schaut man dort noch auf den Euroraum, dann erkennt man, dass sich Deutschland sowohl gegenüber der EU als auch gegenüber dem Euroraum wirtschaftlich überproportional entwickelt hat. Innerhalb des Euroraumes und innerhalb der EU entwickelt sich die Wirtschaft Deutschlands besser als in vielen anderen Staaten - und das in Kombination mit der Größe des Marktes im Verhältnis zum EU-Markt bewirkt, dass man schon davon sprechen kann, dass Deutschland innerhalb der EU oder des Euroraumes einer der Triebkräfte ist, dass sich der Wirtschaftsraum positiv entwickelt.
Deutschlands Einbindung in die internationalen Wertschöpfungsketten ist recht hoch. DAS ist in jedem Fall ein notwendiges Kriterium, um über einen Wirtschaftsmotor zu sprechen! Die reine BIP-Statistik gibt das nicht her.
Fazit: Du beschäftigst dich zu wenig mit wichtigen Kennzahlen, und kennst ihre Bedeutung nicht richtig. Du bewertest vorschnell - und leider auch nach Kennzahlen, die etwas anderes aussagen. Ein hohes BIP sagt nichts darüber aus, ob eine Volkswirtschaft ein Motor für die Weltwirtschaft ist - allenfalls im Verbund mit weiteren Kennzahlen kann das BIP oder besser der BIP-Anteil am Welt-BIP eine Aussage treffen.
Deutschland erfüllt eine kleine aber durchaus dennoch relevante Motorfunktion - allerdings ist die Bedeutung mit weniger als 5% nicht sonderlich groß. Wichtig für seine Funktion ist die Einbindung Deutschlands in den EWR - weil der EWR als Ganzes allein schon aufgrund seiner Größe ähnlich zu den USA, China oder zunehmend mehr auch Indien eine wichtige Bedeutung für die Weltwirtschaft hat. Deutschland ist gut dabei, wenn es um die Einbindung in die Weltwirtschaft geht - die Wertschöpfungsketten sind stark international vernetzt. Mittelfristig negativ wirkt aber bezogen auf die Motorfunktion beständig, dass Deutschland zu vielen Regionen in der Welt einen Handelsbilanzüberschuss ausweist. Dies gilt aber beispielsweise nicht für China - China wächst sehr stark, und das auch, weil China immer mehr in Deutschland absetzen kann - aber nicht nur! So gesehen ist China definitiv ein Wachstumsmotor in der Welt, und äußerst relevant. Auch mit Indien - einem weiteren und auch relevant großen Wachstumsmarkt der Welt, hat Deutschland eine negative Handelsbilanz - trägt also dazu bei, dass sich Indien stark entwickeln kann.
Für eine vernünftige Bewertung kann und darf man sich ruhig mal folgendes
Werk anschauen. Dort findet man Zahlen zum Deutschen Außenhandel - das hilft, schon mal ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie es um den deutschen Außenhandel steht, und gegenüber welchen Regionen Deutschland eher eine Motorfunktion oder eine Bremsfunktion einnimmt. Die BRICS-Staaten profitieren durchaus auch vom zunehmenden Handel mit Deutschland - allerdings ist das Niveau im Verhältnis zu den Weltwirtschaftlichen Beziehungen noch immer auf niedrigem Niveau.
Deutschlands Handel in der Welt....ein Motörchen ist es wohl.....ein Motor ....das wäre dann doch zuviel des Guten! Zumal Deutschland mit seinem Exportüberschuss regelmäßig für andere Länder zur Bremse wird - das Attribut Motörchen ist insofern vor allem auch deshalb noch gerechtfertigt, weil Deutschland gegenüber einigen Wachstumsregionen ein Defizit hat, und weil Deutschlands Rolle in der EU entsprechend aussieht. Die eigentlichen Motoren der Weltwirtschaft liegen woanders - und die Rolle Deutschlands in der Welt wird gerne von den internen Betrachtern überhöht dargestellt - dabei ist Deutschland alleine in der Welt zwar relevant, aber auf niedrigem Niveau!
Das gilt im Übrigen nicht nur für die Wirtschaft - sondern auch für die Relevanz Deutschlands bei anderen Themenstellungen, wie beispielsweise dem Klimawandel. Auch wenn Deutschland zweifelsohne aufgrund der hohen Pro-Kopf-Zahlen eine Bedeutung zukommt - selbst wenn Deutschland mal 2019 ein Jahr hinlegen würde, bei dem Deutschland komplett klimaneutral wäre - es würde den Klimawandel weltweit nur maximal um ein Jahr verzögern.......
Wir sollten die Relevanz von Deutschland im Weltgeschehen mal realistisch betrachten! Gegenüber seiner Größe und seiner Bevölkerungszahl im Verhältnis zur Welt spielt Deutschland eine größere Rolle, als es eigentlich haben sollte oder als zu erwarten wäre - trotzdem ist die Bedeutung Deutschlands weltweit eher die einer FDP in der Parteienlandschaft der BRD, als die einer Volkspartei. Wer das nicht versteht, neigt dazu die Rolle Deutschlands zu überhöhen und Deutschland weltweit mehr Bedeutung zuzuschreiben, als es hat.
Eine realistische Sicht auf die eigene Rolle, die daraus entstehende Verantwortung aber auch die sich ergebenden Möglichkeiten zu haben - das hilft, bei der Klärung dessen, was man bewegen kann und will.
Das hilft insbesondere auch deshalb, weil es einmal mehr den Blick darauf weitet, welche Bedeutung im Gegensatz zu Deutschland die EU in der Welt hat! Den Deutschtümmlern sollte es helfen zu verstehen, dass es lohnt, auf die EU zu setzen! Den EU-Skeptikern sollte es helfen, weil klar wird, dass man vielleicht gerne ohne EU wäre, aber faktisch ohne EU auch keine Rolle spielt.....und wenn man eine Rolle spielen will, dann ist es sinnvoll, das mit der EU zu machen......
WENN wir eine Rolle in der Welt spielen wollen, dann sollte gerade Deutschland in allen Belangen auf die EU und den EURO und den EWR setzen! DA können wir was bewegen, da können wir Meilensteine setzen, da können wir auch tatsächlich was in der Welt verändern. In Kenntnis dessen sollte sich Deutschland an die Spitze der Länder setzen, die auf die EU und den Euro und den EWR setzen. MEHR Integration, MEHR Zusammenarbeit - durchaus auch bis hin zu Eurobonds etc.. Das ist im Deutschen Interesse.......so wie auch eine Angleichung der Wirtschaftsleistung und der Sozialleistungen der Euro-Staaten im deutschen Interesse ist.
Würden wir auch mehr und mehr soziale wie wirtschaftliche Leistungen nicht mehr nur auf der Ebene Deutschlands, sondern der EU denken - ein EU-BGE wäre eine gute und vernünftige Antwort auf viele Fragestellungen, die sich heute in der Welt ergeben.