Worum geht es nun, wenn von Frauen, von „Weiblichkeit“ oder „Femininität“ im Management gesprochen wird? Wie unterscheidet sich ein feminines Management von einem maskulinen Management? Welche Attribute sind mit dem einen oder anderen verbunden? Als eine Grundlage der Betrachtung bieten sich die interkulturellen Studien Geert Hofstedes an. Er hat im Rahmen einer umfassenden Studie in 74 Ländern vier Dimensionen nachgewiesen, mit denen Kulturunterschiede beschrieben werden können. Eine dieser Dimensionen wird mit den Begriffen: Femininität / Maskulinität bezeichnet, als polare Ausprägungen dieser Dimension. Ihnen liegen unterschiedliche Werthaltungen zu Grunde, die sich auf Familienleben, Bildungswesen, Gesundheitswesen sowie auf das Miteinander im Arbeitsleben auswirken. (Geert Hofstede weist drei weitere Dimensionen nach, die für unsere Betrachtung hier jedoch von geringerer Bedeutung sind).
Die absoluten und relativen biologischen Unterschiede zwischen Männer und Frauen sind auf der ganzen Welt gleich, aber ihre sozialen Rollen in der Gesellschaft sind nur zu einem sehr geringen Teil biologisch bedingt. Welche Eigenschaften und Verhaltens-weisen dem einen oder anderen Geschlecht gezeigt werden, ist von Gesellschaft zu Gesellschaft verschieden. Maskulin und feminin bezeichnen also kulturell und sozial vorherbestimmte Rollen und keinen biologischen Unterschied per se. Die Hauptunter-schiede zwischen femininen und maskulinen Gesellschaften zeigt Abbildung 1.
Abbildung 1
Allgemeine Normen in Familie, Schule und am Arbeitsplatz in femininen und maskulinen Gesellschaften [3]
Feminine Ausprägung Maskuline Ausprägung
Vorherrschende Werte in der Gesellschaft sind das Kümmern um Mitmenschen und das Bewahren der Werte Vorherrschende Werte sind der materielle Erfolg und das Fortkommen
Menschen und intakte zwischen-menschliche Beziehungen sind wichtig Geld und Dinge sind wichtig
Von jedem wird erwartet bescheiden zu sein Von Männern wird erwartet, dass sie bestimmt, ehrgeizig und hart sind
Sowohl Männern wie Frauen wird zugestanden, sensibel und um zwischenmenschliche Beziehungen
bemüht zu sein Von Frauen erwartet man, sensibel zu sein und die zwischenmensch-lichen Beziehungen zu pflegen
In der Familie sind sowohl der Vater wie die Mutter für Fakten und Gefühle zuständig In der Familie ist der Vater für die Fakten, die Mutter für die Gefühle zuständig
Jungen und Mädchen dürfen weinen, sollen aber nicht kämpfen Mädchen weinen, Jungen nicht. Jungen sollten zurückschlagen wenn sie angegriffen werden, Mädchen nicht
Sympathie mit den Schwachen Sympathie mit den Starken
Durchschnittlich guter Schüler ist die Norm Bester Schüler ist die Norm
Versagen in der Schule ist nicht so schlimm Versagen in der Schule ist eine Katastrophe
Ein freundlicher Lehrer wird geschätzt Der Lehrer wird für hervorragendes Fachwissen geschätzt
Jungen und Mädchen wählen die gleichen Fächer Jungen und Mädchen wählen unterschiedliche Fächer
Arbeiten um zu leben Leben um zu arbeiten
Vorgesetzte verlassen sich auf ihre Intuition und streben Konsens an Von Vorgesetzten erwartet masn, dass sie entschlussfreudig und bestimmt sind
Die Betonung liegt auf Gleichheit, Solidarität und Qualität des Arbeitslebens Die Betonung liegt auf Leistung, Wettbewerb unter Kollegen und Fairness
Konflikte werden beigelegt, indem man miteinander verhandelt und nach einem Kompromiss sucht Konflikte werden beigelegt, indem man sie austrägt
Im weltweiten Vergleich sind vor allem Schweden, Dänemark, Finnland und Norwegen die femininen Kulturen. Dies bedeutet, dass „feminine“ Eigenschaften dort von Männnern und Frauen an den Tag gelegt und geschätzt werden. Die Studie Hofstede´s zeigt die positive Korrelation zwischen der Femininität eines Landes und dem Prozentsatz von Frauen in höheren beruflichen Positionen (auch in technischen Berufen). Dies bestätigt die McKinsey Studie: der Frauenanteil im Top-Management liegt in Norwegen immerhin bei 32 %, im gesamteuropäischen Vergleich sind es 11 %. Gleichwohl sind Frauen auch in Norwegen im Top-Management noch nicht gleich stark wie die Männer vertreten. Erklären lässt sich dies damit, dass ehrgeizige Frauen eher in maskulinen Kulturen anzutreffen sind. In femininen Gesellschaften gibt es zwar weniger Widerstand gegenüber Frauen, die in höhere Positionen gelangen, aber das Streben nach Macht, Status und persönlichem Fortkommen ist bei ihnen eben auch wenig ausgeprägt. Diese beiden Einflüsse scheinen sich gegenseitig aufzuheben.
Sympathie mit den Schwachen, das Kümmern um zwischenmenschliche Beziehungen, Gleichheit, Solidarität und Qualität des Arbeitslebens, Rücksichtnahme und Beschei-denheit sind also feminine Werte einer vorherrschenden Kultur, in denen Frauen auch in hohen Positionen ihren Beitrag leisten dürfen.
Der maskuline Manager tritt durchsetzungsstark und bestimmt auf, ist entschluss-freudig und „aggressiv“ (nur in maskulinen Gesellschaften hat dieses Attribut eine positive Bedeutung). Er ist jemand, der allein entscheidet, ein bisschen Macho steht ihm gut. Manager einer femininen Kultur treten weniger sichtbar auf, handeln mehr intuitiv als bestimmend und sind es gewohnt, abzuwägen und Konsens bei Wider-sprüchen herzustellen. „Small is beautiful“ ist ein femininer Wert.