Steuergeschenke ist ein Unwort
Es wird bei den Linksparteien zum Reflex, bei jeder steuerlichen Entlastung höherer Einkommen von "Steuergeschenken" für die «"Reichen" zu sprechen. Wenn man Steuersenkungen als Geschenke betrachtet, gäbe es zahlreiche Beispiele, wo man mit dieser Logik ebenfalls von Geschenken sprechen könnte, so etwa wenn Banken die Hypothekarzinsen senken, wenn Versicherungen aufgrund des günstigen Schadenverlaufs die Prämie reduzieren, wenn die Telekom die überhöhten Telefontarife senkt. Als Konsument habe ich dies allerdings noch nie als Geschenk empfunden, vielmehr als eine Rückvergütung, auf die ich aufgrund der Situation Anrecht habe. Auch von linker Seite wurden solche Leistungen noch nie als "Geschenke" gewürdigt!
Wie kann man dann plötzlich von einem Geschenk sprechen, wenn der Staat beschliesst, aufgrund seiner guten finanziellen Lage, aufgrund einer erkannten Ungerechtigkeit oder aus Gründen des Standortwettbewerbs die Steuern anzupassen? Gibt es nicht anderseits unzählige Leistungen des Staates, die man viel eher als Geschenk bezeichnen könnte, weil ihnen kein Beitrag des Empfängers gegenübersteht: Sozialleistungen, Subventionen, Verbilligung von Krankenkassenprämien? Im Grunde genommen sind doch dies die Geschenke des Staates an seine Bürger. Linke Kreise werden auf solche Argumente natürlich mit Empörung reagieren. Man spricht dort viel lieber vom "Anrecht", das der Bedürftige auf solche Leistungen hat. Hat nicht auch der bessergestellte Bürger Anrecht auf eine faire Steuerbelastung?
Und wenn man den Faden weiterspinnt, müsste man doch anerkennen, dass es eigentlich der Steuerzahler ist, der – allerdings nicht ganz freiwillig – dem Staat jedes Jahr sein "Steuergeschenk" macht, wobei die "Reichen" einen bedeutend grösseren Teil leisten und einen bedeutend kleineren Anteil in Form von Leistungen des Staates zurückerhalten. Der Ausdruck Steuergeschenk ist deshalb völlig deplaziert und irreführend und sollte endlich aus den Diskussionen verschwinden.
BG, New York