Betrachten wir mal konkrete und vage Aussagen, die zu Anfang von Kraft getroffen wurden:
Konkret:
- 25% der Arbeitslosen seien nicht arbeitsfähig.
- Diese Menschen sollen einer Arbeit zugeführt werden.
- Diese Menschen haben ihr “Würde” verloren, weil sie keinen Arbeitsplatz haben. Nicht, weil sie sich nicht selbst ernähren können, sondern weil sie nicht arbeiten! Das ist ein bedeutsamer Unterschied.
Vage:
- Es könnte “gemeinnützige” Arbeitsplätze z.B. in der Altenpflege geben.
- Sie sollen nicht spürbar vergütet werden.
Das ist 100% Westerwelle-Kurs á la Zwangsarbeitsdienst. Eine Frau Kraft ist sicherlich darüber informiert, dass es SGBII gibt und dass “Reformen” im Lichte dieses Gesetzes betrachtet werden müssen. Es war ausdrücklich keine Rede davon, wie Sanktionsmöglichkeiten in dieses Modell einbezogen werden.
Diese Praxis passt perfekt in die bisherige SPD-Strategie, via Salamitaktik “unpopuläre” Massnahmen einzuführen, die “dem Bürger nicht richtig kommuniziert” worden, der ja bekanntermassen zu blöde ist, die heiligen und wunderbaren Lehrstücke der SPD zu “verstehen”. Mit dieser Aussage läßt sich das Kraftsche “Arbeit verschafft Würde”-Programm schön umsetzen: Erst wird es “Modellprogramme” geben, nachdem diese “erfolgreich eingeführt” wurden, werden sie zur Verpflichtung, um Nutten-Peter-IV zu erhalten und im nächsten Schritt kommen dann die Sanktionsmöglichkeiten, die gegen die “Leistungsnehmer” angewendet werden. Dieses Spiel wurde mit schönster Regelmäßigkeit so gespielt und wird auch weiterhinn so gespielt werden, denn es besteht ein schwerer Leidensdruck: Im Zuge der Neoliberalisierung ist der Staat mittlerweilerweile nicht mehr befähigt, seine Aufgaben gemeinnützlicher Art zu erfüllen. Zivildienstleistende werden wahrscheinlich auch noch zukünftig wegfallen und das Geld, das notwendig wäre, um die staatlichen gemeinnützigen Aufgaben zu erfüllen, ist zwar da, landet aber an den falschen Stellen und dient immer mehr zur Profitmaximieruing privater Konzerne. Also braucht man Menschmaschinen, die kostenlos diese Arbeiten erledigen, denn sollte diese Arbeiten, die wichtig und daher wertvoll sind, liegenbleiben, führt dies über kurz oder lang zu schweren sozialen Unruhen.
Die Strategie ist also, Menschenmaterial, welches als Sklave eingesetzt werden könnte, die Würde abzusprechen und diesem gleichzeitig die Wiedererlangung der Würde durch das Kraftsche “Arbeit-schafft-Würde”-Programm zu eröffnen. Neopropaganda at it’s best.
Das ganze Trennungsgeschwurbel und “Zurückrudern” kam erst später, nachdem der Samen gesäät wurde.
Ich glaube auch nicht im mindesten, dass irgendeine Kraft die Erlaubnis hat, solche brisanten Themen ausgerechnet in einem Wahlkampf selbstständig loszutreten, dessen Ausgang auch Auswirkungen auf die Bundespolitik haben wird. Die SPD ist eine geführte Partei (entweder von Politikern oder deren Besitzern), in der solche Aktionen wohl kaum von Individualisten losgetreten werden können- Ähnlich wie die Fusssfesseln für Arbeitslose werte ich das als Versuchsballon, der eventuell mit Pöstchen nach der Amtszeit verknüpft ist.
Ich kann nicht verstehen, wie man davon ausgehen kann, dass ausgerechnet Spitzenkandidaten unterstellt wird, dass sie mit den dialektischen Fähigkeiten eines Hauptschülers argumentieren und unter Bezug darauf, davon ausgegangen wird, dass das ja alles “falsch interpretiert” und “missverstanden” wurde.
Es hat nichts mit Verschwörungtheorie zu tun, wenn man auch Politikern zumindest rudimentäre Intelligenz unterstellt.