14.03.1962
LOBBY
Schmutzfang ist Luxus
Eine Handvoll Interessenvertreter der westdeutschen Automobilindustrie hat den Nachweis erbracht, daß der Lobbyismus nicht allein bei Abfassung von Gesetzen entscheidend mitwirkt sondern auch imstande ist, bereits verabschiedeten Gesetzen, die der Industrie nicht genehm sind, den Garaus zu machen.
Seit dem 1. Januar dieses Jahres sollen laut Paragraph 36a der Straßenverkehrszulassungsordnung "die Räder von Kraftfahrzeugen mit einer... Höchstgeschwindigkeit von mehr als 20 Stundenkilometern und von Anhängern hinter solchen Fahrzeugen mit hinreichend wirkenden Abdeckungen (Kotflügel, Schmutzfänger oder Radeinbauten) versehen werden".
Hans-Christoph Seebohm, der ausgezogen war, Autos und Fußgänger vor dem Schleuderdreck schnellfahrender Wagen zu schützen, bewies, daß er von den Straßenbenutzern zu früh gelobt worden war: Er schloß sich der Industrie-Empfehlung an.
Sein Ministerium gab bekannt, die neue Vorschrift bedeute nicht, "daß alle Kraftfahrzeuge, zum Beispiel Personenwagen, mit Schmutzfängern an den Hinterrädern auszurüsten sind". Die Bestimmung habe "vielmehr im wesentlichen nur Bedeutung für Lastkraftwagen und Anhänger, bei denen Radabdeckungen fehlen".