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"Wir erholen uns in unseren Wohnungen nicht!" - die moderne Wohnungsmisere!

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Als ich 1986 Leningrad - heute wieder St. Petersburg - besuchte, fuhren wir mit der Reisegruppe auch in ein Wohn- und Fabrikviertel. Die Reiseführerin berichtete über die Wohnungsmisere in Leningrad, wo sich mehrere Familien eine Wohnung teilen mussten. Sie zitierte die Menschen, die so wohnten, mit dem Satz: "Wir erholen uns in unseren Wohnungen nicht!"

Dieser Satz könnte in so gut wie jeder modernen Großstadt fallen. In Leningrad anno 1986 waren sie da nur ehrlicher als in anderen modernen "Metropolen".

Die urbane Misere selbst in reichen Ländern hat diese Aspekte:

1. Pfusch am Bau!

Schlecht isolierte Räume, Ausfälle in den Haussystemen und Installationen, deren Urheber besoffen, debil oder beides waren ... die Möglichkeiten sind da uferlos.

2. Zu viel Menschen auf zu wenig Raum

Darüber klagten die Menschen in Leningrad, aber in anderen Großstädten ist es nicht viel besser. 25 qm für 350 Euro, 30 Quadratmeter für 500 Euro oder ein Zimmer zu 6 Quadratmetern für 6 Euro ... viele Menschen selbst in "reichen Ländern" werden gezwungen, wie Kaninchen zu leben.

3. Schlecht gebaute Häuser

Im Märkischen Viertel in Berlin steht nicht das höchste, aber das längste Haus Europas :rolleyes2: Als ich selbst mal in der Sewanstraße in Berlin war, grauste mir vor den so endlosen wie fantasielosen Fassaden.
Auch sonst fallen manche Häuser dadurch auf, dass sich ihre Architekten keine Gedanken über die Menschen gemacht haben, die da leben müssen. Ich selbst habe in mehr als einer Wohnung gelebt, wo sinnlos Platz verschwendet wurde, aber wichtige Dinge nicht richtig funktionierten.
Zum Pfusch im Detail - siehe 1. - gesellt sich Pfusch und Lieblosigkeit bei der Gesamtkonstruktion.

4. Zu wenig oder zu teure Wohnungen!

Ein syrischer Professor machte mal dadurch auf sich aufmerksam, dass er in einem Brief an die Behörden fragte, ob er in Damaskus ein Zelt aufschlagen dürfe, um darin zu wohnen. Der Grund: er konnte sich von seinem Gehalt keine Wohnung leisten.
Horrorgeschichten über extrem teure Wohnungen besonders in den "Boomtowns" kursieren um den ganzen Globus. Wenn es in einer Metropole mit den Jobs gut aussieht, schießen die Mieten so in die Höhe, dass sich die dort Arbeitenden kaum oder gar nicht eine Wohnung leisten können. Etwa in London sind die Menschen gezwungen, im Umland zu wohnen und eine bis zwei oder mehr Stunden auf der Fahrt zwischen Wohnung und Innenstadt zu verbringen. In München - Boomtown - wohnen die Menschen mit Arbeit schlechter und teurer als viele Erwerbslose in Berlin.
Auch deswegen kommen aus aller Welt junge und kreativen Menschen nach Berlin. "Die wollen nicht länger im Dorf wohnen müssen", sagte ein Freund zu mir. Er meinte damit, dass woanders auf der Welt für Menschen der Traum vom Leben in der Metropole schlicht unerfüllbar ist, weil die Wohnungen viel zu teuer sind. Auch wer in der Stadt arbeitet, muss dort im Dorfkaff wohnen.

5. Gierige Vermieter und unfähige Hausverwaltungen

In Berlin ist es so, dass im Winter und bei Schnee und Eis die Hauseigentümer den Gehweg vor ihrem Grundstück frei halten müssen. Im Winter 2009/2010 hatte die Öffentlichkeit so Gelegenheit zu erleben, wie Hausverwaltungen und Eigentümer immer arbeiten: nämlich oft gar nicht! Es wird nicht einmal das Nötigste getan, es wird nur Geld kassiert! Eine Melange aus Vermietern und mit der Verwaltung ihrer Objekte betrauten Unternehmungen erweist sich nur zu oft als total unfähig und dickfellig.
Im Winter 2009/10, wo von Dezember bis Februar drei Monate fast ununterbrochen Schnee und Eis herrschten, waren viele Bürgersteige kaum oder gar nicht passierbar. Selbst kurze Wege wurden zur Qual und in den Notaufnahmen der Krankenhäuser herrschte wegen Stürzen und Knochenbrüchen Hochbetrieb. Grund: die für die Gehwege zuständigen Hauseigentümer arbeiteten vor ihren Häusern nur so, wie sie es auch in ihnen oft tun: nämlich gar nicht! Worunter gewöhnlich Mieter zu leiden haben, bekamen nun alle mit, die den Gehweg benutzen wollten. Im Zweifelsfall mussten Mieter selbst zur Schippe greifen, um zu vermeiden, dass der Zugang zum Haus zur Todesfalle wird.

6. Ein katastrophales soziales Umfeld

In vielen Metropolen gibt es "no go Areas", "Ghettos", "soziale Brennpunkte" und wie auch immer Viertel heißen, die von der Gesellschaft aufgegeben wurden und deren Bewohner sich selbst und / oder anderen das Leben schwer machen. Ghettos für die Armen halt.

7. Ghettos für die Reichen

Ghettos entstehen aber auch für die Reichen. Wenn ein Viertel hip wird, ziehen da viele Leute hin und entsprechend der Logik von Angebot und Nachfrage steigen die Mieten. Was zur Folge hat, dass sich sogar Menschen, die da ihr Leben lang gewohnt haben, ihre Wohnung nicht mehr leisten können und gewzungen sind, umzuzuziehen. "Getrifizierung" heißt dieser Prozess.

8. Entwurzelung

Menschen werden gezwungen, ihre Wohnung aufzugeben, weil sie

a. zu teuer wird
b. sie in der Nähe ihrer Wohnung keine Arbeit mehr finden
c. evtl flüchten sie aus ihrem Viertel, weil es zum Armenghetto wird

So oder so ist es Entwurzelung. Alle paar Jahre eine neue Wohnung - warum nicht gleich ins Hotel ziehen? Ein billiges "All inclusive"-Hotel soll nur einige hundert Euro im Monat kosten.

Fazit: Wohnen ist Scheiße!

Spontan fällt mir aus "Perry Rhodan" eine Episode ein, die beim Volk der "Akonen" spielt. Da haben die Menschen mobile Wohnungen. Die Wohnung gehört dem, der in ihr lebt und wenn er oder sie umziehen muss, zieht die Wohnung mit um. An neuen Wohnort muss dann nur ein "Stellplatz" gefunden werden, wo sich die Wohnung wieder installieren lässt.
Auch bei "Mobilität" hat man wenigstens die eigenen vier Wände ein Leben lang.

Ich selbst habe in einigen Geschichten die Idee entwickelt, Rohre und Leitungen durch Abkürzen in höheren Raumdimensionen zu verlegen. So entfallen die oft verstopften oder kaputten Leitungen in den Wänden und Wasser und Abwasser werden von der Wasserversorgung direkt durch den "Hyperraum" zum Verbraucher und vom Verbraucher direkt zur Kläranlage geleitet.

Nachdem die Hauseigentümer beim Thema Gehweg-reinigen im letzten Winter so versagt haben, dass die Zuständigkeit dafür besser an eine Instanz - Stadtreinigung - übertragen werden sollte, frage ich mich, warum wir uns Heerscharen von desinteressierten Eigentümern und unfähigen Verwaltungen antun.
Die Eigentümer an Mietwohnungen wollen doch nur Geld und wenn der Staat ihnen ihr Eigentum abkauft, ist das für sie ebenso ein Geschäft wie das Vermieten. Schlimmer als all die privaten Verwaltungen könnten es öffentliche Verwaltungen auch nicht treiben.
 

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