Die SPD verweigert sich mit Nachdruck der Realität. Die Sozialdemokraten in Deutschland irrlichtern seit vielen Jahren über eine Bühne, auf der sie ohne Unterbrechung das Stück: „Wir haben im Prinzip alles richtig gemacht“ aufführen. Unbeirrt von schlechten Umfragewerten fahren sie mit dem „Schulz-Zug“ durch das Land und reden von Gerechtigkeit. Rubikon-Autor Marcus Klöckner kommt zu dem Schluss: Dieser Partei ist nicht mehr zu helfen.
Es gibt zwei Zahlen, die im Zusammenhang mit der SPD eine Wirklichkeit aufzeigen, die nicht geleugnet werden kann. Sie lauten: 40,9 und 23,0. 40,9 Prozent erreichten die Sozialdemokraten beim Ergebnis der Bundestagswahl 1998, 23,0 Prozent bei der Wahl 2009. Mit anderen Worten: Die SPD hat innerhalb von 11 Jahren einen Verlust von 43,76 Prozent (17,9 Prozentpunkte) eingefahren. Das entspricht fast 10 Millionen Wählern, die der Partei den Rücken kehrten.
Diese beiden Zahlen gegenübergestellt sind es, die selbst heute noch die Gegenwart und die Zukunft jener Partei markieren, die sich eine Politik, welche sich gegen einen beachtlichen Teil ihrer Wähler richtete, nicht als das eingesteht, was sie war: ein Verrat an ihren eigenen Idealen.
Bis heute hat die Partei, die einst als große Volkspartei bezeichnet werden konnte, keinen reinen Tisch mit sich selbst und vor allem mit den Wählern gemacht. Diesen Schritt unternimmt sie nicht, weil sie sehr gut weiß, was er bedeutet. Die Sozialdemokraten müssten sich eingestehen, dass sie in einer Partei beheimatet sind, die zwar gerne noch etwas von sozialdemokratischer Verantwortung redet, aber ideologisch längst näher mit dem Bürgertum als mit den Arbeitern verbunden ist (von den Armen erst gar nicht zu reden).
Ein radikaler Umsturz innerhalb der Partei wäre notwendig, um die Partei von ihrem Kurs der Ignoranz abzubringen. Doch wie sollte es zu einem Umsturz kommen? Der Umsturz müsste aus der vierten und fünften Reihe erfolgen, denn: Nicht nur die Parteivorderen, sondern auch die Akteure in der zweiten und dritten Reihe besitzen längst nicht mehr jene Glaub- und Vertrauenswürdigkeit die notwendig wäre, damit die Partei, wie einst, wieder eine breite Sympathie in der Bevölkerung erfährt.
Doch diesen Umsturz wird es nicht geben. Die innerparteilichen Widerstände gegen die Etablierten sind, sofern vorhanden, so leise, so zurückhaltend, dass sie nicht einmal wahrgenommen werden.
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