Tichy konstruiert aber ganz schön um seine Meinung zu belegen.
Der Koalitionsausschuss kann beschließen was er will. Da kann sogar drin stehen "es müssen baldige Neuwahlen herbeigeführt werden", rechtlich bindend ist es nicht.
Wenn jetzt nämlich die CDU Leute ihre Fraktion verlassen und sich einer anderen anschließen entstehen völlig neue Verhältnisse.
Er mixt auch schön rum zwischen Fraktionszwang, Parteizugehörigkeit und Mandatsrechten.
Liegt damit dann auch gleich völlig auf Linie derer die nicht eine Sekunde über das System nachdenken sondern einfach solche Konstrukte glauben.
Wie frei ist ein Mandatsträger?
Grundsätzlich laut Gesetz völlig, aber schauen wir genauer hin: wer hat den Kandidaten denn z.B. auf eine Liste gesetzt?
Richtig eine Vereinigung genannt Partei. Sollte also der Mandatsträger nicht der Partei genehm abstimmen, riskiert er bei der nächsten bWahl von dieser Partei nicht mehr aufgestellt zu werden.
Der zweite Punkt ist, dass man sich ja in einer Partei sammelt, weil man die gleichen Vorstellungen vertritt.
Nach Tichy sollen sich also alle Mitglieder von Parteien ohne jegliche Folgen gegen die Partei stellen können.
Wer sowas glaubt ist ein Heuchler vorm Herrn und hat die Sache mit den Vereinen schon nicht verstanden.
Nächstes Element, die Fraktion.
Eine Fraktion ist nicht per se an eine Partei gebunden. Es gibt genügend Beispiele wonach Parteimitglieder ihre Fraktion verlassen, schaut man in das EU-Parlament wird es sogar noch bunter, weil es keine einzigste einparteien Fraktion gibt.
Die Fraktion wiederum hat man sich geschaffen um die Arbeit des Parlaments aufteilen zu können, nennt sich dann Ausschuss. Das wiederum bringt zwei Vorteile:
Einzelne Abgeordnete können sich auf einzelne Themen spezialisieren.
So können in den Ausschüssen weitaus mehr Themen in gleicher Zeit debattiert werden als im Plenum.
Das funktioniert aber nur so lange wie die Ausschussmitglieder darauf verlassen können, dass sich ihre Fraktion an das hält was sie da Übereinkommen.
Das nennt sich dann Fraktionszwang.
Denn wenn einer aus der Fraktion abweicht, schwächt er damit automatisch die Verhandlungsposition seiner Fraktion und damit auch seine eigene in den Ausschüssen an denen er beteiligt ist.
Fragt euch doch einfach Mal selbst wie ihr reagieren würdet, wenn ihr mit dem Vertreter einer Gruppierung verhandelt, ein Ergebniss erreicht und in der Abstimmung stimmt die Hälfte der Gruppierung anders als ihr Vertreter gesagt hat.
Würdet ihr nochmal mit einem Vertreter dieser Gruppe verhandeln?
Wenn man das ganze jetzt zusammennimmt, möchte Tichy dann offensichtlich, dass die Parteien abgeschafft werden um diese Abhängigkeit zu beseitigen, es gibt nur noch Mehrheitswahlrecht von Direktkandidaten und diese müssen dann in jeder Parlamentssitzung zu allen Themen Stellung beziehen.
Wird sicherlich interessant zu sehen wie ungefähr 700 Abgeordnete bzusammen sitzen und versuchen einen Mehrheitsfähigen Kompromiss zu irgendwas zustande zu bringen.
Ich frag mich ja wirklich manchmal wie weltfremd mancher sein muss der sich sowas ausmalt oder gut findet.
So zurück zu dem Eingangsproblem:
Den einzigsten Einfallspunkt den die Regierenden in Berlin haben ist die Parteimitgliedschaft.
Kriegen sie ihre respektiven Parteimitglieder dazu "erpresst" Neuwahlen zuzustimmen, dann ist das Demokratie.
Beschließen diese Parteimitglieder auf ihr Mitgliedschaft zu verzichten und sich gegen die Bundesparteien zu stellen gibt es nichts was sie hindern könnte. Auch das ist Demokratie.
Also alle Mal tief durchatmen, kurz nachdenken und nicht blind allem hinterherlaufen was einem das favorisierte Medium auftischt.
( Ich weiß, her ganze Post ist Perlen vor die Säue)