Befehle zur "Vernichtung" des Feindes waren zu damaliger Zeit nichts Ungewöhnliches - auch nicht in der Geschichte der Herero. Als 1880 die Hottentotten dem Oberhäuptling Maharero 1500 Ochsen stahlen, ordnete der oberste Herereo die rücksichtslose Ausrottung aller Oorlam und Nama in Okahandja und anderen Hererogebieten an.
Nur ein paar Jahre zuvor im Rahmen des Burenkrieges wurden mit Biligung des englischen Parlaments Tausende burischer Frauen und Kinder in Konzentrationslager verbannt. Und dies nachdem der Krieg für die Engländer bereits gewonnen war.
Vor 100 Jahren wurde der Begriff "Vernichtung" keineswegs mit Auslöschung oder Ausrottung gleichgesetzt, sondern unter "Vernichtung" verstand man, die Ausschaltung, Zerschlagung und Neutralisierung des Feindes bzw. ihm eine Niederlage zu bereiten, die seine Widerstandsfähigkeit und Kampfkraft brechen würde. Dabei wurden Frauen und Kinder nicht in die Kämpfe einbezogen.
Niemals hat im deutschen militärischen Sprachgebrauch der Begriff "Vernichtung" den Befehl oder die Absicht genozider Ziele verfolgt. Oberstleutnant Klaus Lohse (Bundeswehr) erklärte hierzu, daß in der deutschen Militärgeschichte "Vernichtung" einzig und allein gegen den waffenführenden Feind gerichtet war und ist. Unbewaffneten Männern, Frauen, Kindern, Kranken, Gebrechlichen wurde geholfen wo immer möglich.
Ein Schießbefehl gegen diese Personen widerspricht entschieden den deutschen militärischen Führungsgrundsätzen.
Der verschollene Aufruf von Trothas muß auch unter diesen Aspekten gesehen werden.
Aus dem zumeist unterschlagenen Teil des Befehls geht hervor, daß das Töten von Frauen und Kindern verboten war. Etwas anderes war mit einer preußischen Offiziersausbildung nicht in Einklang zu bringen.
Offiziere wie Volkmann oder von Estorff, die die Politik Leutweins unterstützten, und angeblich für die "Abriegelung" der Omaheke zuständig waren, hätten ihre Einheiten niemals zu einem völkerrechtswidrigen und unehrenhaften Verhalten angehalten. Dies schrieb auch General von Schlieffen unmißverständlich am 16. Dez. 1904 an den Reichskanzler (RKA 2089 Bl 107 folgende, Schlieffen an Bülow 1904)
Alle Umstände und Tatsachen sprechen dagegen, daß der "Aufruf an die Herero" vom 2.Okt. 1904 ein Völkervernichtungsbefehl war, wohl eher eine propagandistische Erklärung eines ansonsten verantwortlichen
Offiziers, der sein eigentliches Ziel verfehlt hatte. Es lohnt sich jedenfalls, sich mit der deutschen Geschichte zu befassen, wenngleich mir klar ist, daß das nur patriarchatsimmanente Betrachtungen sind und an der Ablehnung von Krieg, Sklaverei usw. nichts ändert. Verteidigen wird man sich wohl müssen und/oder behaupten wollen. Allerdings haben sich die Deutschen noch immer an Kriegsrecht gehalten und im Vergleich war die Zahl der überhaupt geführten Kriege gering und die der Angriffskriege erst recht.