Zitat:
Wirtschaftskrieg
Die Sanktionspolitik der EU wird in Russland nicht mehr passiv hingenommen. Der für Öl und Gas zuständige Vize-Premierminister warnte nun offen vor einer Schließung von Nord Stream 1.
von Anti-Spiegel
8. März 2022 13:26 Uhr
Russland hat all die Jahre, die es nun vom Westen sanktioniert wird, immer Geduld gehabt und nie zuerst Sanktionen verhängt. Außerdem hat Russland auf die westlichen Sanktionen bisher immer mit relativ leichten Gegensanktionen reagiert. Diese Zeiten könnten nun vorbei sein, denn das Verbot von Nord Stream 2, die Sanktionen gegen russische Banken, die den Zahlungsverkehr erschweren, die Verbote einiger europäischer Länder, russische Schiffe in ihre Häfen zu lassen und die Rhetorik aus Brüssel, auf russisches Öl und Gas zu verzichten, scheinen die russische Geduld an ihr Ende gebracht zu haben.
Immerhin – und das wird im Westen nicht berichtet – hat Russland seine Gaslieferungen seit Beginn des Konfliktes in der Ukraine sogar erhöht. Nachdem vorher –
seit mindestens Dezember – nur wenige Bestellungen aus Europa eingegangen sind, sind die Pipelines nun am Limit und Russland bedient alle eingehenden Gasbestellungen aus Europa.
Der für Öl und Gas zuständige russische Vize-Premierminister Alexander Novak hat am 7. März im russischen Fernsehen eine Erklärung abgegeben, die ich leider nicht vollständig transkribiert gefunden habe. Ich habe sie jedoch gesehen und werde hier einen
Artikel der russischen Nachrichtenagentur Interfax übersetzen, die seine Erklärung korrekt zitiert und wiedergegeben hat.
Anschließend werde ich noch einmal die Gründe für die Energiekrise in der EU zusammenfassen. Die Energiekrise in der EU ist nämlich hausgemacht und ich habe schon im Sommer 2021 darauf hingewiesen, dass es im Winter eine Krise geben würde. Und es ist Brüssel, dass diese hausgemachte Krise nun durch Sanktionen und Drohungen weiter verschärft.
Beginn der Übersetzung:
Novak erklärt, Russland habe das Recht, ein Embargo für Gaslieferungen durch Nord Stream 1 zu verhängen
Russland hat jedes Recht, eine „gespiegelte“ Entscheidung zu treffen und ein Embargo für die Durchleitung von Gas durch die Nord Stream 1-Pipeline zu verhängen, die derzeit die maximal mögliche Gasmenge nach Europa leitet, erklärte der russische Vize-Premierminister Novak.
„Europa verbraucht heute etwa 500 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr, 40 Prozent davon werden von Russland geliefert. Russland ist seit Jahrzehnten ein zuverlässiger Partner, egal in welcher Situation. Auch heute erfüllt Gazprom seine vertraglichen Verpflichtungen zur Lieferung von Gas nach Europa in vollem Umfang“, erklärte er.
Novak wies auch darauf hin, dass die Lieferungen über das ukrainische Gastransportsystem auf 109 Millionen Kubikmeter pro Tag erhöht wurden, was der Transitversorgung der europäischen Verbraucher mit etwa 40 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr entspricht. Außerdem wird Gas über die Pipelines Nord Stream 1, Jamal-Europa, Turkish Stream und Blue Stream geliefert, erinnerte der Vize-Premierminister.
„Gleichzeitig sind wir uns darüber im Klaren, dass wir aufgrund der unbegründeten Anschuldigungen gegen Russland wegen der Energiekrise in Europa und des Verbots von Nord Stream 2 jedes Recht haben, eine „gespiegelte“ Entscheidung zu treffen und ein Embargo für den Gasfluss durch Nord Stream 1 zu verhängen, die heute zu 100 Prozent ausgelastet ist“, betonte er.
„Aber bis jetzt haben wir diese Entscheidung noch nicht getroffen. Davon würde niemand profitieren. Allerdings drängen uns europäische Politiker mit ihren Äußerungen und Anschuldigungen gegen Russland in diese Richtung“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident.
Öl und Ölprodukte
Russland ist der größte Öllieferant für Europa. Europa verbraucht etwa 500 Millionen Tonnen Öl, von denen etwa 150 Millionen Tonnen oder 30 Prozent von Russland geliefert werden. Darüber hinaus liefert Russland 80 Millionen Tonnen Erdölprodukte nach Europa.
„Russland ist früher allen seinen Verpflichtungen in vollem Umfang nachgekommen und tut das auch heute, alle Bestellungen werden erfüllt, Öl und Ölprodukte werden wie geplant verschifft. Besorgniserregend sind jedoch die Diskussionen und Erklärungen über die Möglichkeit, ein Embargo zu verhängen und russisches Öl und russische Ölprodukte abzulehnen. Wir beobachten heute auch einen enormen Druck auf unsere Partner, Händler, Transportunternehmen, Banken und Finanzinstitute“, – sagte er dem Fernsehsender „Rossiya 24“.
Novak wies darauf hin, dass derartige Erklärungen und Maßnahmen den Markt weiter anheizten, und erinnerte daran, dass der Ölpreis am Montag auf über 130 Dollar pro Barrel gestiegen ist. Eine Ablehnung des russischen Öls hätte „katastrophale Folgen für den Weltmarkt“, sagte er.
„Die Preisexplosion wäre unvorhersehbar – über 300 Dollar pro Barrel, wenn nicht mehr. Dabei kann die Menge an russischem Öl auf dem europäischen Markt nicht schnell ersetzt werden; das wird mehr als ein Jahr dauern, und es wird für die europäischen Verbraucher sehr viel teurer. Bei diesem Szenario werden sie das Hauptopfer sein“, betonte der stellvertretende Ministerpräsident der Russischen Föderation.
„Die europäischen Politiker sollten ihre Bürger und Verbraucher ehrlich vor dem warnen, was auf sie zukommt und dass die Preise für Benzin, Strom und Heizung explodieren werden. Andere Märkte, einschließlich der USA, werden ebenfalls betroffen sein“, bemerkte er.
Er warnte, dass Russland weiß, wohin es seine Lieferungen umleiten kann, wenn Europa und die USA sich weigern, russisches Öl und Ölprodukte zu kaufen.
„Wenn Sie die Lieferung von Energieträgern aus Russland verweigern wollen, bitte, wir sind dazu bereit. Wir wissen, wohin wir diese Mengen umleiten werden. Die Frage ist nur, wer profitiert davon? Und wozu das?“, fragte Novak.
Zuvor wurde berichtet, dass russische Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihr Öl und ihre Ölerzeugnisse in den Seehäfen zu verkaufen – Schiffseigner scheuen sich, russisches Öl zu transportieren, was die Frachtraten in die Höhe treibt, und die Banken eröffnen keine Akkreditive.
Quelle:
Russland denkt über ein Öl- und Gasembargo für Europa nach | Anti-Spiegel | https://www.anti-spiegel.ru/2022/russland-denkt-ueber-ein-oel-und-gasembargo-fuer-europa-nach/