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In zwei Artikeln im März 1853 wird von Marx die Geschichte vom Streit zwischen Kossuth und Mazzini und deren Verantwortung für den Mailänder Aufstand weiter verfolgt. Marx berichtet von der Ankunft des Fürsten Menschikow in Konstantinopel.
Ihm wurde von seiten der griechischen und russischen Einwohner ein solcher Empfang zuteil, als wäre er der rechtgläubige Zar selbst, der gekommen war, um "Zarigrad" dem wahren Glauben wiederzugeben. Es erregte hier in London und in Paris die größte Sensation, als man erfuhr, daß Fürst Menschikow, nicht zufrieden mit der Entlassung Fuad Efendis, vom Sultan noch gefordert hatte, er möge dem russischen Kaiser nicht nur das Protektorat über sämtliche Christen in der Türkei zuerkennen, sondern auch das Recht, den griechischen Patriarchen zu ernennen; daß der Sultan den Schutz Frankreichs und Englands angerufen habe, daß Oberst Rose, der britische Geschäftsträger, den Dampfer "Wasp" eiligst nach Malta gesandt habe, um die sofortige Anwesenheit der englischen Flotte im Archipelagus zu fordern, und daß russische Schiffe bei Kilia, nahe den Dardanellen, Anker geworfen hatten. Der Pariser "Moniteur" teilt mit, das französische Geschwader in Toulon sei in die griechischen Gewässer beordert worden.
http://www.mlwerke.de/me/me09/me09_003.htm
Dazu folgen von Marx wenig günstige Aussagen über die Türkei und deren politische Zukunft, ein Briefing durch David Urquhart stand ihm wohl erst noch bevor.
Den Status quo in der Türkei erhalten! Ebensogut könnte man versuchen, den Kadaver eines toten Pferdes in einem bestimmten Stadium der Fäulnis zu erhalten, in dem er sich befindet, ehe die vollständige Verwesung erfolgt. Die Türkei verfault und wird immer mehr verfaulen, solange das jetzige System des "europäischen Gleichgewichts" und die Aufrechterhaltung des Status quo andauern...
Sehen wir uns einmal an, um was es geht. Die Türkei besteht aus drei gänzlich verschiedenen Teilen: den afrikanischen Vasallenstaaten, Ägypten und Tunis, der asiatischen Türkei und der europäischen Türkei. Die afrikanischen Besitzungen, von denen allein Ägypten als dem Sultan wirklich untertan betrachtet werden kann, wollen wir einstweilen aus dem Spiele lassen. Ägypten jedoch gehört mehr als irgend jemand anderem den Engländern; es wird und muß notwendigerweise ihnen bei einer künftigen Teilung der Türkei zufallen.
http://www.mlwerke.de/me/me09/me09_003.htm
Im europäischen Teil der Türkei sei mit dem Aufkommen einer antirussischen Partei zu rechnen, falls der slawisch-griechische Bevölkerungsteil die Vorherrschaft erlange.
Gleich darauf im April 1853 schreibt Friedrich Engels unter dem Titel „Worum es in der Türkei wirklich geht“, der ganz auf die Interessen des britischen Empire und natürlich gegen Russland bezogen ist.
Wir sind erstaunt, daß bei der gegenwärtigen Diskussion über die orientalische Frage die englischen Zeitungen nicht schärfer die lebenswichtigen Interessen hervorgehoben haben, die Großbritannien zum unerbittlichen und unnachgiebigen Gegner der russischen Annexions- und Expansionsgelüste machen sollten. England kann es sich nicht leisten, zuzulassen, daß Rußland zum Beherrscher der Dardanellen und des Bosporus wird. In kommerzieller wie auch in politischer Hinsicht würde solch ein Ereignis der britischen Machtstellung einen heftigen, wenn nicht tödlichen Stoß versetzen. Wir brauchen nur einen Blick auf Englands Handelsbeziehungen mit der Türkei zu werfen.
http://www.mlwerke.de/me/me09/me09_013.htm
Selbstverständlich ginge es ihm nur um die europäische Revolution und der britische Imperialismus erscheint Engels dabei als deren fahnenschwingende Jungfrau.
Wir meinen die europäische Revolution, die Explosivkraft der demokratischen Ideen und den der Menschheit angeborenen Drang nach Freiheit. Seit jener Epoche gab es tatsächlich bloß zwei Mächte auf dem europäischen Kontinent: Rußland mit seinem Absolutismus auf der einen Seite, die Revolution mit der Demokratie auf der andern.
(ebenda)
Die antirussische Kampagne bekommt sogar die Londoner Times zu spüren, wovon Marx in seinem Artikel zur Londoner Presse berichtet (Brunnow war russischer Botschafter in London).
Die gesamte Londoner Presse, die Morgen- und die Abendzeitungen, die Tages- und die Wochenblätter, erhob sich wie ein Mann gegen ihr "führendes Organ". Die "Morning Post" macht sich über ihre Kollegen von der "Times" lustig, die sie der Verbreitung absichtlich falscher und absurder Nachrichten bezichtigt. Der "Morning Herald" nennt die "Times" "unsere hebräisch-österreichisch-russische contemporary". Die "Daily News" spricht kurz vom "Brunnow-Organ". Ihr Zwillingsbruder "Morning Chronicle" schlägt in folgender Weise auf sie los:
"Die Journalisten, die um der kommerziellen Bedeutung eines Dutzends großer englisch-griechischer Firmen willen vorschlugen, das Türkische Reich an Rußland auszuliefern, dürfen mit Recht für sich das Monopol auf glänzenden Geist in Anspruch nehmen!"
Der "Morning Advertiser" sagte:
"Die 'Times' hat recht, wenn sie behauptet, mit ihrer Verfechtung der russischen Interessen allein zu stehen ... Sie wird zwar in englischer Sprache gedruckt, aber das ist auch das einzige Englische an ihr. Wo Rußland in Frage kommt, ist sie durch und durch russisch."
Zweifellos wird der russische Bär seine Pranken nicht einziehen, solange er nicht überzeugt ist, daß eine momentane "Entente cordiale" zwischen England und Frankreich eintritt…
http://www.mlwerke.de/me/me09/me09_018.htm
Nicht nur Urquhart und seine Mitstreiter Marx und Engels, sondern fast die gesamte Presse sind in dieser Kampagne gegen Russland engagiert, die man für völlig überzogen und verrückt halten könnte, wenn sie nicht gerade typisch für die seitdem übliche angloamerikanische Kriegspropaganda wäre, wie man sie bis heute kennt.
Sogar der britische Bundesgenosse Louis-Napoleon wird für sein Zögern von Marx sofort der Vorliebe für den russischen Autokraten bezichtigt.
In einem Beitrag vom April 1853 über die Errichtung eines unabhängige Polizeiministeriums in Preußen 1853 informiert Marx seine Leser sogar, dass der preußische Innenminister sein Schwager ist, nennt ihn jedoch im gleichen Satz einen „schwachköpfigen und fanatischen Reaktionär“, was die Leser täuschen mag, aber den preußischen Interessen nichts schadet.
Hinckeldey wandte sich an den Innenminister, Herrn von Westphalen, und gab diesem schwachköpfigen und fanatischen Reaktionär (da Herr von Westphalen mein Schwager ist, hatte ich genügend Gelegenheit, die Geisteskraft dieses Mannes kennenzulernen) falsche Berichte, um die Notwendigkeit zu begründen, die ganze Polizeimacht des preußischen Staates in den Händen des Polizeipräsidenten von Berlin zu konzentrieren. Er behauptete, daß die Polizei, um ihr ein schnelleres Eingreifen zu ermöglichen, vom Innenminister unabhängig gemacht und ausschließlich ihm selbst, nämlich Hinckeldey, unterstellt werden müsse. Der Minister Herr von Westphalen vertritt die ultrapreußische Aristokratie, während Herr von Manteuffel, der Ministerpräsident, die alte Bürokratie vertritt; beide sind Rivalen, und ersterer sah in dem Vorschlag Hinckeldeys, obwohl er offensichtlich den Wirkungskreis seines Ministeriums einschränkte, ein Mittel, seinem Rivalen einen Schlag zu versetzen, dessen Bruder, Herr von Manteuffel, Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern, im besonderen mit der Kontrolle der gesamten Polizei beauftragt war. Deshalb unterbreitete Herr von Westphalen seinen Vorschlag einem Staatsrat, dessen Vorsitz der König <Friedrich Wilhelm IV.> selbst hatte.
http://www.mlwerke.de/me/me09/me09_028.htm
.
Ihm wurde von seiten der griechischen und russischen Einwohner ein solcher Empfang zuteil, als wäre er der rechtgläubige Zar selbst, der gekommen war, um "Zarigrad" dem wahren Glauben wiederzugeben. Es erregte hier in London und in Paris die größte Sensation, als man erfuhr, daß Fürst Menschikow, nicht zufrieden mit der Entlassung Fuad Efendis, vom Sultan noch gefordert hatte, er möge dem russischen Kaiser nicht nur das Protektorat über sämtliche Christen in der Türkei zuerkennen, sondern auch das Recht, den griechischen Patriarchen zu ernennen; daß der Sultan den Schutz Frankreichs und Englands angerufen habe, daß Oberst Rose, der britische Geschäftsträger, den Dampfer "Wasp" eiligst nach Malta gesandt habe, um die sofortige Anwesenheit der englischen Flotte im Archipelagus zu fordern, und daß russische Schiffe bei Kilia, nahe den Dardanellen, Anker geworfen hatten. Der Pariser "Moniteur" teilt mit, das französische Geschwader in Toulon sei in die griechischen Gewässer beordert worden.
http://www.mlwerke.de/me/me09/me09_003.htm
Dazu folgen von Marx wenig günstige Aussagen über die Türkei und deren politische Zukunft, ein Briefing durch David Urquhart stand ihm wohl erst noch bevor.
Den Status quo in der Türkei erhalten! Ebensogut könnte man versuchen, den Kadaver eines toten Pferdes in einem bestimmten Stadium der Fäulnis zu erhalten, in dem er sich befindet, ehe die vollständige Verwesung erfolgt. Die Türkei verfault und wird immer mehr verfaulen, solange das jetzige System des "europäischen Gleichgewichts" und die Aufrechterhaltung des Status quo andauern...
Sehen wir uns einmal an, um was es geht. Die Türkei besteht aus drei gänzlich verschiedenen Teilen: den afrikanischen Vasallenstaaten, Ägypten und Tunis, der asiatischen Türkei und der europäischen Türkei. Die afrikanischen Besitzungen, von denen allein Ägypten als dem Sultan wirklich untertan betrachtet werden kann, wollen wir einstweilen aus dem Spiele lassen. Ägypten jedoch gehört mehr als irgend jemand anderem den Engländern; es wird und muß notwendigerweise ihnen bei einer künftigen Teilung der Türkei zufallen.
http://www.mlwerke.de/me/me09/me09_003.htm
Im europäischen Teil der Türkei sei mit dem Aufkommen einer antirussischen Partei zu rechnen, falls der slawisch-griechische Bevölkerungsteil die Vorherrschaft erlange.
Gleich darauf im April 1853 schreibt Friedrich Engels unter dem Titel „Worum es in der Türkei wirklich geht“, der ganz auf die Interessen des britischen Empire und natürlich gegen Russland bezogen ist.
Wir sind erstaunt, daß bei der gegenwärtigen Diskussion über die orientalische Frage die englischen Zeitungen nicht schärfer die lebenswichtigen Interessen hervorgehoben haben, die Großbritannien zum unerbittlichen und unnachgiebigen Gegner der russischen Annexions- und Expansionsgelüste machen sollten. England kann es sich nicht leisten, zuzulassen, daß Rußland zum Beherrscher der Dardanellen und des Bosporus wird. In kommerzieller wie auch in politischer Hinsicht würde solch ein Ereignis der britischen Machtstellung einen heftigen, wenn nicht tödlichen Stoß versetzen. Wir brauchen nur einen Blick auf Englands Handelsbeziehungen mit der Türkei zu werfen.
http://www.mlwerke.de/me/me09/me09_013.htm
Selbstverständlich ginge es ihm nur um die europäische Revolution und der britische Imperialismus erscheint Engels dabei als deren fahnenschwingende Jungfrau.
Wir meinen die europäische Revolution, die Explosivkraft der demokratischen Ideen und den der Menschheit angeborenen Drang nach Freiheit. Seit jener Epoche gab es tatsächlich bloß zwei Mächte auf dem europäischen Kontinent: Rußland mit seinem Absolutismus auf der einen Seite, die Revolution mit der Demokratie auf der andern.
(ebenda)
Die antirussische Kampagne bekommt sogar die Londoner Times zu spüren, wovon Marx in seinem Artikel zur Londoner Presse berichtet (Brunnow war russischer Botschafter in London).
Die gesamte Londoner Presse, die Morgen- und die Abendzeitungen, die Tages- und die Wochenblätter, erhob sich wie ein Mann gegen ihr "führendes Organ". Die "Morning Post" macht sich über ihre Kollegen von der "Times" lustig, die sie der Verbreitung absichtlich falscher und absurder Nachrichten bezichtigt. Der "Morning Herald" nennt die "Times" "unsere hebräisch-österreichisch-russische contemporary". Die "Daily News" spricht kurz vom "Brunnow-Organ". Ihr Zwillingsbruder "Morning Chronicle" schlägt in folgender Weise auf sie los:
"Die Journalisten, die um der kommerziellen Bedeutung eines Dutzends großer englisch-griechischer Firmen willen vorschlugen, das Türkische Reich an Rußland auszuliefern, dürfen mit Recht für sich das Monopol auf glänzenden Geist in Anspruch nehmen!"
Der "Morning Advertiser" sagte:
"Die 'Times' hat recht, wenn sie behauptet, mit ihrer Verfechtung der russischen Interessen allein zu stehen ... Sie wird zwar in englischer Sprache gedruckt, aber das ist auch das einzige Englische an ihr. Wo Rußland in Frage kommt, ist sie durch und durch russisch."
Zweifellos wird der russische Bär seine Pranken nicht einziehen, solange er nicht überzeugt ist, daß eine momentane "Entente cordiale" zwischen England und Frankreich eintritt…
http://www.mlwerke.de/me/me09/me09_018.htm
Nicht nur Urquhart und seine Mitstreiter Marx und Engels, sondern fast die gesamte Presse sind in dieser Kampagne gegen Russland engagiert, die man für völlig überzogen und verrückt halten könnte, wenn sie nicht gerade typisch für die seitdem übliche angloamerikanische Kriegspropaganda wäre, wie man sie bis heute kennt.
Sogar der britische Bundesgenosse Louis-Napoleon wird für sein Zögern von Marx sofort der Vorliebe für den russischen Autokraten bezichtigt.
In einem Beitrag vom April 1853 über die Errichtung eines unabhängige Polizeiministeriums in Preußen 1853 informiert Marx seine Leser sogar, dass der preußische Innenminister sein Schwager ist, nennt ihn jedoch im gleichen Satz einen „schwachköpfigen und fanatischen Reaktionär“, was die Leser täuschen mag, aber den preußischen Interessen nichts schadet.
Hinckeldey wandte sich an den Innenminister, Herrn von Westphalen, und gab diesem schwachköpfigen und fanatischen Reaktionär (da Herr von Westphalen mein Schwager ist, hatte ich genügend Gelegenheit, die Geisteskraft dieses Mannes kennenzulernen) falsche Berichte, um die Notwendigkeit zu begründen, die ganze Polizeimacht des preußischen Staates in den Händen des Polizeipräsidenten von Berlin zu konzentrieren. Er behauptete, daß die Polizei, um ihr ein schnelleres Eingreifen zu ermöglichen, vom Innenminister unabhängig gemacht und ausschließlich ihm selbst, nämlich Hinckeldey, unterstellt werden müsse. Der Minister Herr von Westphalen vertritt die ultrapreußische Aristokratie, während Herr von Manteuffel, der Ministerpräsident, die alte Bürokratie vertritt; beide sind Rivalen, und ersterer sah in dem Vorschlag Hinckeldeys, obwohl er offensichtlich den Wirkungskreis seines Ministeriums einschränkte, ein Mittel, seinem Rivalen einen Schlag zu versetzen, dessen Bruder, Herr von Manteuffel, Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern, im besonderen mit der Kontrolle der gesamten Polizei beauftragt war. Deshalb unterbreitete Herr von Westphalen seinen Vorschlag einem Staatsrat, dessen Vorsitz der König <Friedrich Wilhelm IV.> selbst hatte.
http://www.mlwerke.de/me/me09/me09_028.htm
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