Die Soziopathen wurden in ein Spiel hineingeboren, in dem der ganze Reichtum und die Macht an der Spitze der Pyramide liegen, während die effektivsten Attribute zum Gewinnen Rücksichtslosigkeit und Amoralität sind. Haben die Verschwörungsleugner noch nie Monopoly gespielt? Soziopathen wählen ihre Welt sich nicht bewusst und sind einfach nicht in der Lage, zu verstehen, warum normale Menschen sich selbst in einen schier unglaublichen Nachteil bringen, in dem sie sich mit Gewissenhaftigkeit und Empathie einschränken.
Um in diesem Spiel zu gewinnen, muss der Soziopath nur öffentlich lügen, während er privat konspiriert. Was könnte einfacher sein? Sich weiterhin vorzustellen, dass die Welt, in der wir leben, nicht größtenteils von dieser Dynamik angetrieben wird, grenzt im Jahr 2021 an rücksichtslose Naivität, ja, grenzt an Irrsinn. Woher kommt ein solcher ungewollt destruktiver Impuls?
Das Kleinkind setzt ein angeborenes Vetrauen in die Menschen, mit denen es zusammen ist, ein Vertrauen, das in den meisten Fällen gerechtfertigt ist. Anders könnte der Säugling nicht überleben. In einer vernünftigen und gesunden Gesellschaft würde sich dieser tiefe Instinkt zusammen mit der Psyche weiterentwickeln.
Während sich im Individuum das Selbstbewusstsein, die kognitiven und logischen Fähigkeiten und der Skeptizismus entwickeln, würde dieser angeborene Vertrauensimpuls weiterhin als ein zentrales Bedürfnis der Psyche verstanden werden. In solch einer idealen Gesellschaft würden kollektive Glaubenssysteme existieren, die darauf zielen, diesen kindlichen Impuls bewusst weiterzuentwickeln, um dieses Vertrauen irgendwo bewusst zu platzieren: in Werte und Überzeugungen von dauerhafter Bedeutung und Wert für die Gesellschaft, das Individuum oder idealerweise für beides.
Ehrfurcht und Respekt vor der Tradition, den Naturkräften, den Vorfahren, vor der Vernunft, der Wahrheit, der Schönheit, der Freiheit, dem angeborenen Wert des Lebens oder dem Schöpfergeist aller Dinge könnten als gültige Ruhepunkte betrachtet werden, in die wir unser Vertrauen und unseren Glauben bewusst setzen. Ebenso wie diejenigen Ruhepunkte, die aus formalisierteren Glaubenssystemen abgeleitet sind.
Ungeachtet des jeweils individuellen Wegs, der eingeschlagen wird, um das eigene Vertrauen zu entwickeln, ist das Abgleichen des eigenen Bewusstseins und der eigenen Wahrnehmung mit diesem angeborenen Impuls von größter Wichtigkeit. Ich glaube, dass dies eine tiefe Verantwortung ist, ein reifes Vertrauen zu entwickeln und zu kultivieren. Eine Verantwortung, der sich viele Menschen verständlicherweise nicht bewusst sind.
Was passiert, wenn es ein kindliches Bedürfnis in uns gibt, das sich nie über seine ursprüngliche Überlebensform hinaus entwickelt hat, nämlich denjenigen Menschen in unserer Umgebung zu vertrauen, die am mächtigsten, am präsentesten und aktivsten sind? Was passiert, wenn wir unsere eigene Psyche nie wirklich erforschen? Und nie tief hinterfragen, wem wir wirklich vertrauen und warum?
Wenn unsere Motivation, etwas oder jemandem zu vertrauen, unhinterfragt bleibt? Was passiert, wenn die Philosophie den Philosophen überlassen wird? Ich möchte hier vorschlagen, dass die Antwort relativ simpel ist und dass der Beweis für dieses Phänomen und die Verwüstung, die es anrichtet, überall um uns herum zu finden sind.
Der angeborene Impuls, der Mutter zu vertrauen, entwickelt sich nie weiter, trifft nie auf sein Gegengewicht der Vernunft beziehungsweise des gereiften Vertrauens, um sich mit diesem auseinanderzusetzen, sondern bleibt für immer auf seiner ursprünglichen Standardeinstellung als Kind. Während die unreife Psyche für ihr Wohlergehen irgendwann nicht mehr von den Eltern abhängt, bleibt der mächtige und motivierende Grundgedanke, den ich beschrieben habe, intakt, unangefochten, unhinterfragt und unentwickelt. Und in einer Welt, in der Stabilität und Sicherheit nur noch eine ferne Erinnerung sind, bleiben diese Überlebensinstinkte, anstatt gut ausgeprägt, reflektiert, relevant, anspruchsvoll und aktuell zu sein, im wahrsten Sinne des Wortes die Instinkte eines Babys.
Man vertraut auf die größte, lauteste, präsenteste und unbestreitbarste Kraft, denn der Instinkt sagt, dass das eigene Überleben vom Vertrauen darein abhängt. Und in diesem großen Welt-Kindergarten ist die allgegenwärtigste Kraft eben das Netzwerk jener Institutionen, die ohne Unterlass ein unverdientes Image aus Macht, Ruhe, Kompetenz, Besorgnis und Stabilität ausstrahlen.