Zitat aus:
http://www.deutschlandfunk.de/geset...hr-schaden.720.de.html?dram:article_id=381251
„Gesetzentwurf gegen Hass und Hetze im Internet
Mehr Schaden als Nutzen
Der von Justizminister Heiko Maas vorgelegte Gesetzentwurf zur Eindämmung von Hass und Hetze in den Sozialen Medien sei kein kluger Wurf, kommentiert Falk Steiner. Das Gesetz sei viel zu kompliziert geraten und viele Nebenwirkungen seien nicht bedacht worden. Kabinett oder Parlament müssten dem ein Ende bereiten.
Von Falk Steiner
Guter Wille ist eine gute Voraussetzung für politische Vorhaben. Und genau der war es, der Heiko Maas offenbar antrieb, Vorschläge für eine verstärkte Regulierung Sozialer Netzwerke anzugehen, damit diese dem überaus ärgerlichen, teils auch kriminellen Treiben mancher Nutzer stärker entgegenwirken. Hatte er doch über die gesamte Legislaturperiode die Anbieter großer Portale im Netz dafür gerügt, dass diese zu wenig täten.
Natürlich ist es so, dass die Betreiber sich die Frage stellen lassen müssen, warum sie so wenig, so langsam und so in konsequent gegen Nutzer vorgehen, die auf ihren Seiten Hass, Ressentiments und Hetze ausleben. Natürlich ist es so, dass viel zu wenige Nutzer tatsächlich am Ende Post von den Strafverfolgungsbehörden bekommen und die Netzwerke hier mehr Hilfestellung leisten müssen. Und natürlich ist es auch so, dass jedem Betroffenen einer Hetzkampagne rechtliche Schritte offenstehen müssen.
Aber: Das, was Heiko Maas heute als Gesetzentwurf vorgelegt hat, ist nicht nur überaus kompliziert geraten. Das wäre angesichts des Regelungsgegenstandes noch verzeihlich. Es ist aber auch kein kluger Wurf gelungen.
Das fängt alleine mit dem an, was reguliert werden soll. Doch schon daran scheitert es. Der Versuch heißt: Telemediendienste mit Gewinnerzielungsabsicht, bei denen Nutzer beliebige Inhalte teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen, sofern sie mindestens zwei Millionen Nutzer in Deutschland haben. Das kann sehr viel sein – die Begründung des Gesetzesentwurfes lässt erahnen, wer tatsächlich gemeint ist, doch das Gesetz ist alles andere als spezifisch formuliert. Und es geht damit weiter, dass zwar Pflichten zur Umsetzung von Prüfung und Sperrung beziehungsweise Löschung enthalten sind. Aber kein Mechanismus verlangt wird, wie in Zweifelsfällen mit Inhalten umzugehen ist, keine Widerspruchsmechanismen gegen Löschungen vorgesehen sind. Was die Anbieter natürlich zu übereifrigem Löschen verleitet – da sie nur so Bußgeldern wirksam entgehen können, ohne jahrelange Prozesse gegen Bescheide führen zu müssen. Dazu kommt, dass nach deutschem Recht strafbare Inhalte vollständig von den Plattformen entfernt werden sollen. Doch warum sollte die Verunglimpfung des Bundespräsidenten weltweit für alle Nutzer entfernt werden müssen? Mit welchem Recht würde man vergleichbare Paragrafen der Türkei, Russlands oder Chinas als übergriffig zurückweisen wollen?
Nein, der Versuch ist nicht klug. Heiko Maas hat vollmundig versprochen, etwas gegen diese digitalen Plagegeister zu tun. Er hat sich medienwirksam gegen die großen, übermächtig wirkenden Internetkonzerne hingestellt. Nun musste er liefern, um das Gesicht zu wahren – aber die Nebenwirkungen seines Gesetzes sind nicht durchdacht, so dass es mehr Schaden als Nutzen mit sich bringen würde, wenn Kabinett oder Parlament dem Spuk nicht ein Ende bereiten.“