Fakt ist: Ein Londoner Richter kritisierte am Film „Eine unbequeme Wahrheit“ bloß wenige Unkorrektheiten – insgesamt beurteilte er den Film als „weitgehend akkurat“
Antwort: In einem Urteil vom Oktober 2007 verfügte Richter Burton vom High Court in London, dass Al Gores Film weiterhin in britischen Schulen gezeigt werden darf – allerdings mit erklärenden Hinweisen. An neun Stellen gehe „Eine unbequeme Wahrheit“ über den wissenschaftlichen Konsens hinaus, so der Richter. Doch die wichtigsten dargestellten „Wahrheiten“, also die Belege für den Einfluss des Menschen auf die globale Erwärmung und dessen Folgen, seien korrekt.
Kurz
Ausführlich
Mit seinem 2006 produzierten Film „Eine unbequeme Wahrheit“ wurde der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore weltweit zu einem der bekanntesten Warner vor dem Klimawandel. Der Film geht auf einen Vortrag Gores zurück, der die aktuellen Erkenntnisse der Klimaforschung zusammenfasste – darin eingebaut waren cineastische Sequenzen, mit denen der Klimawandel und seine Folgen anschaulich gemacht werden sollten. Es ging unter anderem um die Himalaja-Gletscher, den Eisverlust auf Grönland oder die Heftigkeit von Wirbelstürmen und anderen Wetterphänomenen.
Nachdem der Film in Großbritannien offiziell im Schulunterricht eingesetzt wurde, erhob ein Vater zweier Kinder aus der Grafschaft Kent Klage – die Schüler würden, so sein Vorwurf, politisch indoktriniert. Nach vier Verhandlungstagen urteilte im Oktober 2007 ein Richter am High Court in London, dass der Film den Stand der Forschung zu Ursachen und wahrscheinlichen Folgen des Klimawandels „weitgehend korrekt“ wiedergebe.
Wörtlich heißt es in dem Urteil (beide Zitate aus § 17):
Die Hauptaussagen des Films würden „durch eine überwältigende Menge von Forschungsergebnissen gestützt, die weltweit in anerkannten Fachjournalen und von einer großen Mehrheit aller Klimawissenschaftler veröffentlicht worden sind“.
Und:
„Der Film basiert im Wesentlichen auf wissenschaftlicher Forschung und Fakten – auch wenn die Wissenschaft in den Händen eines talentierten Politikers und Kommunikators dazu verwendet wird, eine politische Aussage zu machen und ein politisches Programm zu unterstützen.“
Neben dieser grundsätzlichen Einschätzung bemängelte Richter Burton aber eine Reihe von Einzelpunkten (wobei das Urteil diese nicht selbst als Fehler bezeichnete, sondern das englische Wort „error“ jeweils in Anführungszeichen setzte und somit deutlich machte, dass es gewissermaßen die Klageschrift zitierte). Beispielsweise kritisierte der Richter eine Passage, die vor einem möglichen Anstieg der Meeresspiegel um rund sechs Meter warnte – die Zahl sei nicht falsch, es sei aber verschwiegen worden, dass dieser Anstieg erst über lange Zeiträume zu erwarten sei. Teilweise räumte das Team von Al Gore selbst Fehler ein: So hieß es im Film, dass bereits Einwohner von tiefliegenden Pazifikinseln nach Neuseeland geflüchtet seien – tatsächlich aber gab es zu jenem Zeitpunkt lediglich Planungen für solche Evakuierungen (die jedenfalls von der Wissenschaft für unvermeidlich gehalten werden).
Insgesamt zählte Richter Burton in seinem Urteil neun Stellen auf, an denen sich seiner Ansicht nach unkorrekte, spekulative oder übertriebene Formulierungen im Film finden. Er ordnete an, dass in den Unterrichtsmaterialien des Bildungsministeriums entsprechende Vorbehalte in Bezug auf die Wissenschaft oder auch die politischen Schlussfolgerungen erwähnt werden müssen (mit dem Ziel, die Schüler zu kritischen Diskussionen über den Film und die Klimapolitik anzuregen). Schon vor dem Urteil setzte das Schulministerium die Anregungen um und überarbeitete die Handreichungen für Lehrer.
Gelegentlich wird behauptet, Al Gore habe in London vor Gericht gestanden. Das ist falsch, Beklagter war der damalige britische Schulminister Jim Knight. Gore wurde auch nicht strafrechtlich verfolgt, und weil das Verfahren kein Strafprozess war, gab es keine Geschworenen und keinen Schuldspruch.
Dem Antrag des Klägers, die Vorführung von „Eine unbequeme Wahrheit“ in britischen Schulen zu verbieten, wurde nicht stattgegeben.
Graham Wayne/klimafakten.de, Juli 2012;
zuletzt aktualisiert: August 2014
https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-al-gores-film-eine-unbequeme-wahrheit-ist-voller-fehler