Für jeden deiner Beiträge hier in diesem Strang gebührt dir ein TOP! Aber ich denke, die schriftlich Anerkennung ist mehr wert.
Bei dir wundert mich nichts mehr. Als selbst ernannter Nahostkenner solltest du wenigstens ueber ein bisschen ueber Grundkenntnisse verfuegen. Es ist bar jeder Relevanz, fuer welchen Unsinn du deine Tops verteilst, was du dir aber hier leistet, uebertrifft alles Dagewesene.
Man muss wahrlich kein Sympathisant der Muslimbruderschaft sein, wenn man sich an den Kopf tippt beim Lesen derer Gleichsetzung mit dem IS. Gehts noch?
Hier mal eine kleine Aufklaerungsarbeit der Islamwissenschaftlerin Gudrun Kraemer, empfehlenswert zu lesen, um sich nicht noch weiter zu blamieren.
"Gudrun Krämer: Die Muslimbrüder sind seit langem und ich würde sagen von Beginn an, neben ihrer sozialen Komponente auch eine politische Kraft. Sie haben sich nur lange Zeit gescheut, und das kann ich gut verstehen, eine politische Partei zu gründen oder sich gar insgesamt in eine politische Partei umzuwandeln, weil das ihre Aktionsmöglichkeiten dramatisch eingeschränkt hätte. Wenn sie also heute politisch auftreten, dann ist es an sich überhaupt nichts Neues. Neu ist nur, dass sich aus dem Kreise der Muslimbruderschaft einzelne Parteien herausgebildet haben, die dann nominell unabhängig, aber de facto mit ihr verbandelt sind. Zu den Forderungen und den Anliegen gehört ganz bestimmt auf der politischen Ebene der Einsatz für eine nach ihrem Verständnis „gute Regierungsführung“. Ich denke, was das politische System betrifft, so gibt es keine wirklich radikalen Unterschiede zwischen den Ansichten eines Muslimbruders auf der einen Seite und eines liberalen oder linken Aktivisten auf der anderen. Sie wollen das Wahlrecht durchsetzen, aktiv und passiv, für Mann und Frau. Desweiteren befürworten sie ein parlamentarisches System und das schon seit den dreißiger Jahren, basierend auf dem Prinzip der „Shura“. Die Muslimbrüder treten ein für ein republikanisches System und seit der Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfs und eines politischen Programms im Jahre 2010, fordern sie ein parlamentarisches, republikanisches, demokratisches System. Die Kurzformel die sie jetzt dafür gewählt haben lautet: ein ziviler Staat mit islamischem Referenzrahmen. „Ziviler Staat“ ist ein sehr interessanter Begriff der sich über Jahrzehnte zurückverfolgen lässt. Dieser unterscheidet sich zum einen von einer Militärdiktatur und zum anderen von einem klerikalen System. Das heißt, sie wollen weder eine Militärherrschaft, noch ein System, wie sie es etwa im Iran haben.
Fabian Schmidmeier: Soll das konkret heißen, die Muslimbruderschaft strebt keinen Gottesstaat an?
Gudrun Krämer: Nein, sie strebt in dem Sinne keinen Gottesstaat an. Nun gibt es viele Definitionen von Gottesstaat. Mit diesem Begriff meint man in erster Linie das Personal, also eine sakrale Herrschaft oder eine herrschende Elite, die sich per Gottesgnadentum oder Ähnlichem definiert. So etwas lehnen die Muslimbrüder deutlich ab. Sie wollen aber Gottes Herrschaft in dem Sinne verwirklicht sehen, dass Gottes Gebot in der ägyptischen Gesellschaft, und das heißt in allen Lebensbereichen, durchgesetzt wird. Darauf spielt diese Formulierung des „religiösen islamischen Referenzrahmens“ an, auf Arabisch marga’iya islamiya. Damit meinen sie im weitesten Sinne die Scharia. Wobei es äußerst interessant ist, dass die Muslimbrüder nicht mehr wie noch in den 80er und den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Parole „Al Islam hua l-hal“, also „Der Islam ist die Lösung“ als Prämisse ansehen. Die Muslimbruderschaft ist mit der Zeit gewissermaßen weicher geworden. Ganz sicher aber wollen sie nach wie vor, dass die ägyptische Gesellschaft nach den Regeln des Islam lebt und regiert wird.
Fabian Schmidmeier: Was würde dies für religiöse Minderheiten bedeuten. Müssten Christen und Juden eine Kopfsteuer, die sogenannte Jizziya, verrichten?
Gudrun Krämer: Nein. Da haben sie sich immer wieder dazu geäußert und klar gesagt, dass sie von einem modernen Bürgerrecht ausgehen und die Idee des modernen Nationalstaates verfechten, so wie es bereits al-Banna, der Gründer der Muslimbruderschaft, tat. Das müssen Sie immer zugrunde legen. Insofern sehe ich deutlich die Modernisierung des politischen Denkens. Der Nationalstaat als Referenz, zu Arabisch al-watan, die Heimat, und der Bürger als Mitbewohner dieses Heimatlandes. Die Jizziya wollen die Muslimbrüder nicht wieder einführen. Alle Männer sollen vielmehr den Wehrdienst ableisten und sich für die nationalen Interessen einsetzen. Die Jizziya sei gewissermaßen eine Wehrdienstersatzsteuer gewesen, welche daher entfallen könne.
https://derorient.com/2011/12/05/in...viler-staat-mit-islamischem-referenzrahmen-2/