War die SA , die Masse , wirklich so breit sozial auf gestellt .......:kopfkratz:
Du solltest mehr lesen, dann würdest du weniger Fragen artikulieren und mehr eigene Beiträge schreiben.
Nürnberg, 1927 - Die "Berliner das erstemal im fränkischen Nürnberg - 50 Mann (von 700) liefen die Strecke Berlin-Nürnberg in 25 Tagen ab"
"Langsam schleicht der Zug in die Bahnhofshalle von Nürnberg. Und dann überschwemmt eine braune Schar den ganzen Bahnsteig. Als sie die Sperre passieren, kneift Ede plötzlich Schulz heftig in den Oberarm. Ede hat etwas entdeckt. Draußen vor dem Bahnhof hat er eine riesige Menschenmenge gesehen. Ede pfeift leise durch die Zähne.
‚Dicke Luft‘, sagt er, ‚da draußen stehnse!‘
Und Schulz faßt nach dem Koppelschloß und macht den Schulterriemen locker und der ganze Sturm macht es ihm nach. Sie sind es so gewohnt, die von der Berliner SA: wo eine Menschenmenge sich ansammelt, geht’s los, geht’s los gegen die SA.
‚Damit wir nich aus der Übung kommen!‘ knurrt Schulz sarkastisch und der Sturm formiert sich.
Und dann kommen sie aus dem Bahnhofsausgang und erwarten getrost die ersten Zurufe und die ersten Anrempeleien. Und wahrhaftig: ein donnerndes Gebrüll tobt ihnen entgegen, daß ihre Lippen schmal werden.
Aber dann sperren sie Mund und Augen auf und starren sich blöde an. Das donnernde Gebrüll ist nämlich nichts anderes, als ein einziger, jubelnder Schrei:
Heil Hitler! Heil Berlin!
Die Berliner bleiben vollkommen verdattert stehen und sind entsetzlich verlegen. Träumen sie das oder träumen sie das nicht? Gibt es das: hunderttausend Menschen auf einem Klumpen schreien Heil Hitler? Sie sehen mißtrauisch in den Aufruhr und dann werden ihre Züge weich und ihre Lippen lösen sich wieder auseinander. Der Ingrimm und die Wut, die Entschlossenheit und Bereitschaft, dreinzuschlagen, das alles löst sich jetzt und wechselt um zu einem ungeheuren Gefühl der rasendsten Freude.
Die siebenhundert der Berliner SA brüllen auf, rufen und schreien und winken und grüßen und nicht viel hätte gefehlt, so hätte die Berliner SA geheult wie die Schoßhunde vor Freude. Und nun fliegen zu ihrer erstarrenden Verwunderung auch Blumen! Blumen über die SA! Kinder, Kinder, das kann doch alles nicht stimmen. Aber es stimmt. Es stimmt ganz genau.
Und jetzt kommt langsam durch die Menschenmenge ein Auto gefahren und in die Berliner SA fährt vom Kopf bis zu Füßen eine Flamme. Der Führer! Der Führer ist an den Bahnhof gekommen, um seine Berliner SA abzuholen! Wie der Satan flitzt die SA und tritt in zwei Gliedern an. … Und dann marschiert Berlin ins Quartier, von den Menschenmengen begleitet, von jubelnden Menschenmengen.
‚Kommst dir wahrhaftig vor wie uff Urlaub‘, stottert Schulz und Ede nickt gerührt.
‚Weeßte‘, sagt er, ‚so war et, als wir in Riga einmarschierten!‘
Sie werden mit Blumen zugedeckt und sie stecken die Blumen an ihre Koppel, an die Brust, an die Mütze. Dann und wann hören sie aus der Menge Rufe und sie werden stolz auf diese Rufe. ‚Die Berliner!‘ rufen die Nürnberger sich zu. ‚Die Berliner!!!‘
Plötzlich dreht sich Schulz nach seinen Jungens um. ‚Laß uns man nach Hause kommen!‘ brüllt er, ‚so muß es in Berlin ooch noch werden!‘
‚Ehrensache!‘ brüllen sie zurück. ..."
Aber immer noch nicht ist es soweit. Im Gegenteil, ganz im Gegenteil! Hundemüde und überglücklich fährt die Berliner SA wieder nach Hause. Die Nacht zum Montag fahren sie zurück und schlafen in den Eisenbahnwagen. In den Gepäcknetzen liegen sie und auf dem Fußboden, auf den Bänken und überall, wo sich nur ein menschlicher Körper noch ungefähr zusammenkrümmen kann. Plötzlich fahren sie hoch. Signale ertönen. Türen werden aufgerissen und die an der Tür am nächsten liegen, bekommen Kolbenstöße in die Rippen.
Was ist denn da wieder los, zum Teufel? Sie wissen bald Bescheid. Der Vizepolizeipräsident empfängt die SA an der Stadtgrenze der Reichshauptstadt. Ach, Isidor (der jüdischstämmige Polizei-Vizepräsident Bernhard Weiß)! denkt die SA ergrimmt.
‚Alles raus!!!‘
Die verschlafenen SA-Männer steigen langsam aus und im Schein des aufdämmernden Morgens sehen sie Lastwagen stehen. ‚Kaffeeholer raus!‘ ruft Schulz fröhlich, aber ein Kolbenhieb in die Kniekehlen läßt ihn schweigen. Mit den Gummiknüppeln werden sie auf die Lastwagen getrieben. Rauchen und Singen wird ihnen verboten. Auch Pfeifen ist verboten, auch Zurufe sind verboten, auch Hinlegen ist verboten. Die gesamte SA von Berlin ist verhaftet. Sie wird dorthin geschafft, wo die Verbrecher hingeschafft werden, zum Alexanderplatz. Unterwegs beginnt sofort die Untersuchung. Herr Weiß weiß, daß die Berliner SA in Nürnberg vom Führer zwei Fahnen verliehen bekommen hat. Und diese Fahnen will Isidor unbedingt haben. Die Beamten beginnen zu suchen.
In fieberhafter Hast hat der Fahnenträger das Tuch vom Schaft geschnitten und es unter sein Hemd gestopft. Aber es ist zu spät. Die Beamten haben ihn beobachtet und ihrer acht stürmen auf den Fahnenträger ein und reißen ihm das Hemd vom Leibe. Tränen der Wut laufen ihm über die Wangen und er macht es den Polizisten nicht einfach.
Dann lassen ihn Hiebe von Gummiknüppeln zusammenbrechen. Eine Stunde später steigt aus dem Transport, aus allen Wagen, von allen Lippen das ewige, heilige Lied und schmettert durch Berlin, das eben aus dem Schlaf erwacht, unter Karabinerkolben und Gummiknüppeln singen sie, mit Handschellen, mit zerschlagenen Gesichtern und zerrissenen Hemden, singen siebenhundert verhaftete SA-Männer:
‚Deutschland, Deutschland über alles!!!‘
Keine Drohungen machen sie stumm. Kein Knüppel bringt sie zum Schweigen. Berlin stutzt. Horcht auf und erstarrt.
Wie, man hat doch berichtet, daß die NSDAP erledigt und gestorben sei? Man hat doch gelesen, daß die SA verboten worden sei? Aber da fährt sie ja, Wagen hinter Wagen, die erledigte, gestorbene, verbotene SA! Da fährt sie doch‚ und im Unglück nun erst recht! Die Verhöre dauern lange und sind sehr genau und gründlich. Immer wieder von neuem werden die Sachen der SA-Leute durchwühlt. Die Uniformen werden beschlagnahmt, Hosen, Hemden und Mützen. Am Montag abend beginnt man sie einzeln zu entlassen. Und auf diese einzelnen stürzt sich die Kommune, die sich am Alexanderplatz freudig aufgebaut hat. Als letzter verläßt der Gausturmführer Daluege das Polizeipräsidium. Er ist solange geblieben, bis er wußte, daß keiner seiner S.A.-Männer noch in diesem Hause weilt. Als jene SA-Männer, die eine Stellung hatten, am Dienstag morgen an ihre Arbeitsplätze erscheinen, finden sie ihren Platz besetzt. ‚Unentschuldigtes Fernbleiben… tut uns leid… es gibt genug Arbeiter in Berlin…‘"
Quelle Nr. 1: Wilfrid Bade, „Die S.A. erobert Berlin: Ein Tatsachenbericht“, 1937, S. 53-57
Nürnberg, 1928
„Wie wir aus dem Bahnhof heraustraten, mußte ich unwillkürlich innehalten unter dem Eindruck des Bildes, das sich mir darbot. Der ganze große Platz ein Girlanden-und Flaggenschmuck. Dahinter die gewaltige Wehrmauer des alten Nürnberg mit dem historischen Rundturm, an dem vorbei der Verkehr in die Stadt hinein und heraus strömte. Tausende von Menschen füllten den Bahnhofsplatz in dauernder Bewegung. Eine SA-Abteilung, offenbar die 1.000 Mann, die der Zug gerade gebracht hatte, marschierte mit klingendem Spiel nach links am Wittelsbacher Hof vorbei und bog in die Straße ein, die am Theater und am Deutschen Hof vorbeiführte. Ein Rufen und Winken und ein Leben, wie ich es seit dem Jahre 1914 nicht mehr gesehen hatte. Der junge SA-Mann, der mich begleitete, sah mich mit strahlendem Blick an, ohne ein Wort zu sprechen. Aber seine Augen sprachen alles.
Die SA war in geschlossenen Verbänden in größeren Hallen, Scheunen und Zelten untergebracht, teils am Stadtrand, teils in Vororten. Einige Abteilungen hatten zum Luitpoldhain einen Anmarsch von 4 Stunden. Dort mußten sie zwei bis drei Stunden stehen. Dabei mußten sich die Leute selbst verpflegen. Und zwar mußten sie die gesamte Verpflegung von zu Hause mitgebracht haben. Nur Kaffee und Tee wurde von der SA-Führung zur Verfügung gestellt. Es fehlte der SA etwas wie eine Intendantur, eine Versorgungsorganisation, Feldküchen, Nachschubkolonnen usw. Welch eine Begeisterung mußte dazu gehören, daß diese SA-Männer das alles auf sich nehmen! Selbst die Eisenbahnfahrt mußten sie selbst bezahlen!
Alles das war mir neu. Es erweckte mein Erstaunen, meine Bewunderung. Mein Interesse und meine Fragen wollten nicht enden. Da sagte Schneidhuber, der OSAF-Stellvertreter für Süddeutschland, zu mir: ‚Wissen's was? Jetzt kommen's mit zu meinen Männern. Ich fahr jetzt sowieso 'naus. Ich will die Nacht sowieso bei ihnen sein und den ganzen Tag mit ihnen zusammenbleiben. Sie können die Männer allweil selber fragen, was Sie wissen möchten. Es sind auch Ihre badischen Säckel dabei. Vielleicht kennen's da einige.‘
Ich stimmte diesem Vorschlag freudig zu. Auch alle andern OSAF-Stellvertreter und SA-Führer wollten die Nacht bei ihren Männern verbringen. Deshalb wurde allgemein bezahlt und aufgebrochen. Wir fuhren hinaus auf die alte Festwiese, wo einige große Zelte standen, wie man sie beim Münchener Oktoberfest als Bierzelte verwendet. In jedem Zelt lagen 4-500 SA-Männer. Die Einrichtung bestand aus Stroh und einigen wenigen großen Tischen und Bänken. Als wir ein Zelt betraten, wurden wir sofort mit lauten Heilrufen begrüßt: ‚Heil Schneidhuber!‘ ‚Heil Helferj!‘ Und die Rufe setzten sich durchs ganze Zelt fort. Es war das Zelt der Münchener SA-Schneidhuber ging durch die Lagergänge des Zeltes hindurch und begrüßte den und jenen. Da und dort rief er den Männern zu, sie sollten bald zur Ruhe gehen, da morgen ein anstrengender Tag sei. ...
So gingen wir zwischen den Männern hindurch. Und ebenso gingen wir durch die anderen Zelte.
Da kamen wir auch zu den Badenern. Kaum hatten wir den Rundgang angetreten, da kamen zwei SA-Männer auf mich zu und schüttelten mir die Hand. Es waren Arbeiter der Nähmaschinenfabrik Haid und Neu in Karlsruhe, deren Direktor und Vorstand ich von 1920 bis 1925 gewesen war. Sie umarmten mich. ‚Gehören Sie auch zu uns, Herr Direktor? Wenn wir das gewußt hätten, wären 100 mehr von der Fabrik gekommen! Wir sind hier zu 12 und drei Angestellte.‘
Jetzt konnte ich nicht weiter gehen. Ich sagte Schneidhuber, ich käme nachher wieder zum Münchener Zelt, wo er mich zum Hotel zurückbringen lassen müsse. Und dann blieb ich bei meinen Arbeitern, mit denen ich mich ins Stroh zusammensetzte. Und hundert andere SA-Männer lagen und standen um uns herum.
Da gab es ein Fragen und Antworten. ‚Wissen Sie noch, wie Sie uns 1923 das Fahrgeld und einen Verpflegungszuschuß für den Aufmarsch in Coburg schenkten?‘ Da dachten wir gleich, daß Sie zu uns gehören müßten. Damals waren wir nur zu fünft.‘ …
Ich fragte den und jenen nach seinem Alter, nach seinem Beruf. Das Alter schwankte zwischen 18 und 45 Jahren. 3/4 waren unter 25 Jahren. Und Berufe waren alle vertreten. Meist waren es Arbeiter. Aber auch Industrieangestellte, Handwerker, Volksschullehrer, Studenten, Künstler waren dabei. Alle saßen und standen sie in gleicher brauner Uniform mit der Hakenkreuzbinde am Arm im gleichen Stroh, im gleichen Zelt, geeint und begeistert von der gleichen Idee, dem gleichen Glauben, dem gleichen Willen (der kommenden Gemeinschaft des ganzen Volkes). …“
Quelle Nr. 2: Otto Wagener, „Hitler aus nächster Nähe - Aufzeichnungen eines Vertrauten 1929 -1932“, Verlag Ullstein GmbH, 1978, ISBN 3-550-07351-8, Seite 12, 13