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"Die Masken des Bösen" - was ist totalitarismus?

PSW - Foristen die dieses Thema gelesen haben: » 15 «  

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"Die Masken des Bösen" - was ist Totalitarismus?

Hier geht es mir darum, Apekte des Totalitarismus zu diskutieren und Missverständnisse auszuräumen. Weil beim Totalitarismus die "Erscheinung" - zum Beispiel das Dritte Reich - immer für das "Wesen" der Sache genommen wird. Während es in Wirklichkeit eine gigantische Kluft zwischen "Erscheinung" und "Wesen" gibt.

Aspekte des Totalitarismus sind:

Die Ideologie
"Eine Ideologie ist für Totalitarismus unverzichtbar" schreibt Kiesewetter sinngemäß in "Von Hegel zu Hitler". Aber mit der Ideologie beginnt das erste und größte Missverständnis beim Totalitarismus. Die getäuschten Anhänger totalitärer Systeme und ihre erbitterten Gegner sehen in der Ideologie gleichermaßen die "Blaupause" für ein rücksichtslos mit aller verfügbaren Macht und Gewalt durzusetzendes Modell von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Das totalitäre System verstärkt diesen Eindruck noch, indem es alle marginalisiert oder verfolgt, die sich seiner Ideologie wiedersetzen. So glauben schließlich Freund und Feind, dass es um die Ideologie gehe. Den Sozialismus. Den Faschismus. Die Freiheit.

Dabei spielt die Ideologie an sich keine Rolle :)
Sie ist keine Vorlage für ein Gesellschaftskonzept, sondern dient der Durchsetzung konkreter Interessen der Nutznießer des Totalitarismus und der Bemäntelung der wahren Herrschaftsmechanismen.

Die Nazis waren Antisemiten, weil sie auf die Güter und Positionen der Juden scharf waren. Die DDR frönte dem Enteignungswahn, weil die SED-Kader allen Bestiz unter ihre Kontrolle bringen wollten. Und was würde von Drittem Reich und DDR gleichermaßen übrig bleiben, wenn man die Staatsideologie entfernen würde? Richtig, die Herrschaft korrupter und machtgeiler Klüngel - mal auf ganz großer verbrecherischer Stufe (Nazis), bei der DDR dagegen eher "politische Kleinkriminalität".
Unser heutiges System ist da IMHO nicht besser, allenfalls ehrlicher. Ideologien in der Art von Sozialismus oder Faschismus werden zwar abgekanzelt, dafür haben wir ein "Diskursgebräu" aus Sozialdarwinismus und Hedonismus. Dieser heute "herrschende Diskurs" will im Gegensatz zu seinen Vorgängern keine konkrete Blaupause für ein Gesellschaftsideal sein. Er hat nicht einmal einen richtigen Namen. Auf andere Weise wirkt er aber ebenso wie die totalitären Diskurse alter und veralteter Schule.

Der Staat
Totalitäre Systeme werden gerne als "totalitärer Staat" bezeichnet. Womir wir beim nächsten Missverständnis sind. Der Staat ist ein wichtiges, aber nicht das einzige Mittel totalitärer Herrschaft. Er ist aber nicht das totalitäre Sysem selbst. Totalitarismus zeichent sich gerade dadurch aus, dass er alle Lebensbereiche durchdringt. Also auch das Private und Nicht-Staatliche.
Wenn nur Staatsangestellte Schergen totalitärer Herrschaft wären, müsste man um die einen Bogen machen oder vor ihnen katzbuckeln, hätte aber sonst seine Ruhe. Fehlanzeige! Im totalitären System ist auch das Private politisch :) Familie und Verein sind gleichermaßen vom Totalitarismus durchdrungen, wie etwa staatliche und öffentliche Instanzen. Es mag sogar sein, dass gesellschaftliche Instanzen beim Weitertragen objektiv totalitärer Diskurse eifriger sind als der Staat.

Repression und Gewalt
Gern werden Repression und Gewalt mit Totalitarismus gleich gesetzt. Sie sind aber wie der Staat eher Mittel des Totalitarismus als dieser selbst. Eine Reise durch eine Diktatur hat mich sogar davon überzeugt, dass auch ein überbordender Staat, der vor Gewalt und Unterdrückung nicht zurückschreckt, nicht automatisch totalitär ist. Im Gegenteil: ein repressiver Staat mag sogar daran scheitern, einen Totalitarismus zu errichten. Alle halten zwar die Klappe und durcken sich, aber haben noch immer nicht gleichgeschaltete Refugien. Man sagt zwar nichts gegen das System und seine Herrscher, man sagt aber auch nichts Positives über sie. Jubel wird vom Staat inszeniert und jeder weiß, dass er nicht echt ist.

Dauerhaftigkeit
Die Nazis prahlten damit, dass ihr Reich tausend Jahre dauern würde. Die 1000 Jahre waren schon nach 12 Jahren um. Über die stalinistischen Tyranneien schrieb zu Zeiten des Kalten Krieges jemand verzweifelt, dass die Völker da unter das Joch von Tyranneien kämen, die sie nicht wieder loswerden würden. Nun ja, die Sowjetunion bestand 74 Jahre, die DDR gab es 40 Jahre und Rotchina machte es als sozialistischer Staat auch nicht viel länger.
Verglichen mit den Jahrhunderte oder gar Jahrtausende währenden Gemeinwesen früherer Epochen sind gerade die "harten", etatistischen und repressiven Totalitarismen erstaunlich kurzlebig. Wer ihren Schergen entkommt, hat gute Chancen, sie doch noch zu überleben. Was ein weiteres Indiz dafür ist, dass ihre Ideologien keine Vorlagen für auf Dauer angelegte Gemeinwesen sind.

Ein konkretes totalitäres System - Drittes Reich, Sowjetunion - mag kurzlebig sein, totalitäre Struktuen an sich sind es nicht! "Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das einst kroch!" hieß es nach dem Zusammenbruch des Nazi-Reiches. Weil die "Erscheinung" zugrunde geht, aber das Wesen bleibt. Zum Wesen des Totalitarismus gehören

Die Herrschaft verbrecherischer Cliquen
Hitler und seine Paladine, Honecker und die WG von Wandlitz, "Saddam und seine Bande", Skulls & Bones und die Meister der Insel - immer sind da an der Spitze und den unteren Rängen, im Licht der Öffentlichkeit und im Verborgenen irgendwelche Kleingruppen, Klüngel, Netzwerke und Banden am Werk. Manchmal haben sie einen alles beherrschenden Bandenchef - einen "Führer" oder "Großen Vorsitzenden" -, aber der ist nicht zwingend notwendig. Er kann sogar lästig werden, wenn er wie Stalin beim Morden nicht einmal vor seinen Spießgesellen Halt macht. Wer wirklich im totalitärem System herrscht und wem seine Herrschaft nützt, sorgt stets für Kopfzerbrechen.

"Zwiedenk" und "Entenquak"
Bei dem Versuch, die totalitären Diskurse unserer Zeit zu verstehen und ihnen z. T. sogar gerecht zu werden, habe ich mir nur Kopfschmerzen und Frustrationen eingehandelt. Egal ob Christentum oder Liberalismus, Nationalismus oder Sozialismus durch den Fleischwolf des Totalitarismus gedreht werden - es kommt immer Unsinn heraus. Besondere Merkmale:
- Den Normen totalitärer Ideoligien kann kein Mensch gerecht werden. So fordern Liberale, man solle aus eigener Kraft sein Leben meistern und sie fördern zugleich ein System, in dem das den meisten Menschen nicht möglich ist. Im Christentum ist man durch die Erbsünde schuldig, im Liberalismus ist man schuldig, weil man stets arbeitslos und pleite ist.
- Totalitäre Diskurse ergeben letztendlich keinen Sinn. Es ist eine Qual, "Mein Kampf" zu lesen und ebenso sollen zu DDR-Zeiten die Leitartikel des Neuen Deutschlands eine Qual gewesen sein. Bei "Testing Monetarism" habe ich nichts verstanden, weil es da nichts zu verstehen gibt :) Wer Kader eines totalitären Systems sein will, sollte tunlichst vorher sein Gehirn entsorgen. Denken stört nur :)

Damit sind wir bei

Ja-Sagern und Wendehälsen
Der opportunistische Intellektuelle und der hinterlistige Spießer sind die Quellen, aus denen jeder Totalitarismus schöpft. "Überzeugungstäter" spielen nicht die Rolle, wie Apologeten und Gegner totalitärer Systeme gleichermaßen glauben. Irgendwann bleibt entweder die Überzeugung auf der Strecke oder man wendet sich vom System ab.
Angesichts der Unbeständigkeit einer konkreten totalitären Formation sind für seine Kader zwei Dinge wichtig:
1. So lange das System besteht, es unermüdlich schön zu reden und zu rechtfertigen.
2. Wenn das System zusammengebrochen ist, die damals vertretene Ideologie sofort vergessen und eifrig die neue Ordnung rechtfertigen. So wurden aus "überzeugten" Nazis der NSDAP und überzeugten Sozialisten der SED mit gleicher Schnelligkeit "überzeugte" Demokraten der BRD
So wie sie in ihrer Erscheinungsform als Nazis und Stalinisten Drittes Reich und DDR gegen die Wand gefahren haben, werden die Wendehälse auch die BRD kaputt kriegen :rolleyes:
Der uferlosen Menschenverachtung der Nazis und dem Unfug der DDR mit Stilblüten wie "Jetzt, wo wir mit der Mauer unser Volk eingesperrt haben können wir endlich den Sozialismus aufbauen" folgt ein weichgespülter Sozialdarwinismus und das Abfeiern der Globalisierung. Bis auch da Ende im Gelände ist und unsere stets willigen Neubekehrten das Neugroßdeutsche Reich, das Kalifat Absurdistan oder den zehnten Kreuzzug rechtfertigen.

Denn

Es gibt keine Alternative
Das "Andere" als Gegenpol, Wahlmöglichkeit oder positive Kraft ist in totalitären Diskursen völlig ausgeblendet. Ein totalitäres System ist Zeit seines Bestehens immer alternativlos und erlaubt den von ihnen Unterjochten auf keiner Stufe, sich für etwas anderes zu entscheiden. Der Ostblock musste seine Opfer noch einmauern, um ihnen die Wahl für den Westen fast unmöglich zu machen. Der siegreiche Westen hat dafür gesorgt, dass es auf dem ganzen Planeten keine Alternative zu ihm gibt.
Das Andere gibt es nur als

Feindbild
Die Stalinisten wollten dem Menschen glauben machen, sie seien die Zukunft und der Kapitalismus werde untergehen. Die Kapitalismus-Apologeten unserer Tage reagieren mit nicht mehr zu überbietender Borniertheit auf sozialistische Bestrebungen in Lateinamerika. Das Andere ist stets das Schlechte, das jüdischbolschewistischliberalkapitalistische Böse. Die Verblendung totatlitärer Diskurse zeigt sich darin, dass Andere nie mit zu denken. Dabei erzeugen sie es nur zu oft selbst in Gestalt diverser Anti-Bewegungen: einst Anikommunismus und Antifaschismus, heute Sozialismus in Lateinamrika.

Ideologie des Kampfes
Die Nazis vertraten offen einen brutalen und menschenverachtenden Sozialdarwinismus. Der Film "Napola - eine Elite für den Führer" legt nahe, dass sie sogar bei der Ausbildung ihrer Kader Todesfälle bewusst in Kauf nahmen. Auch in den eigenen Reihen sollten die Schwachen aussortiert werden.
Frage mal einen Liberalen, wie es mit einem Leben ohne materielle Not und unnützen Zwang aussieht und dir werden bei der Antwort die Augen übergehen. Weil es das auch im Liberalismus nicht gibt X( ! Der liberale Sozialdarwinismus mag feinsinnger sein als grobschlächtige braune Variante - es ist aber auch eine Ideologie des Kampfes. Sogar der Sozialismus verherrlicht als "Klassenkampf" den Kampf, anstatt seinen Sinn zu hinterfragen.

Keine äußeren Feinde
Der Totalitarismus braucht Feindbilder und den Kampf, aber er braucht eines nicht: ernsthafte und gleichwertige äußere Feinde! Schließlich währte das Tausendjährige Reich vor allem deshalb so kurz, weil die Nazi-Führung ihre Feinde nicht ernst genommen und fälschlicherweise als minderwertig betrachtet hat. Der Stalinismus ging daran zugrunde, dass er den Kapitalismus als das ältere und schlechtere System angesehen hat, alldiweil viele im Osten den Lebensstil des Westens ihrer eigenen Tristesse vorzogen. Der Kapitalismus widerum hat aus diesen Fehlern gelernt :) - er hat seine Feinde eliminiert und dafür gesorgt, dass es nach 1990 auf der Welt fast ausschließlich kapitalistische Länder gibt.
Witzfiguren mit langen Bärten dienen derweil als Feindbild und für den gehobenen Anspruch gibt es noch den Sozialismus in Lateinamerika zum Aufregen. Nichts, was eine Bedrohung für das System ist.

Bürokratie
Kein totalitäres System ohne Aktenberge, unsinnige Gesetze, Heerscharen von Beamten und Sachbearbeitern? Bei den etatistischen Varianten nervt die staatliche Bürokratie, aber es geht ebenso mit Abmahn-Anwälten. In der DDR enteignete man Kleinunternehmen, in der BRD laufen sie Gerüchten zufolge Gefahr, in Rechtsstreitigkeitigkeiten mit nicht mehr zu tragenden Kosten verwickelt zu werden. Für alles gibt es Gesetze und Vorschriften und immer wieder sind Gebühren zu entrichten. Die in der - staatlichen und privatwirtschaftlichen - Bürokratie Tätigen sind eine wichtige Basis des Totalitarismus und sie selbst ein wichtiges Herrschaftsmittel.

Angst!
Angst vor dem Zorn Gottes
Angst vor der Gestapo
Angst vor der Stasi
Angst vor der Kündigung
Hegel soll die Angst als wichtige Triebkraft gesellschaftlicher Prozesse angesehen haben und im Totalitarismus ist sie das. Weil Angst dumm macht. Weil Angst lähmt. Weil Angst manipulierbar macht.

Hoffnungslosigkeit
"Ein anderes System wird es nicht geben!" Das ist die zentrale Maxime aller Protagonisten totalitärer Diskurse. Sie wird ergänzt durch: "Auch nach einem Umsturz gibt es keine Verbesserung." Frank Herberts Ausführungen im DUNE-Zyklus zufolge besteht kluge Herrschaftspraxis auch darin, die Unzufriedenen davon zu überzeugen, dass nie etwas Besseres kommen wird. Weil sie dann nicht revoltieren, sondern resignieren.

Verzweiflung
Nun sind in der Tat viele Umstürze keine Verbesserungen gewesen. Manchmal sogar drastische Verschlechterungen. Aber die Protagonisten des Totalitarismus treiben die Menschen so lange zur Verzweiflung, bis sie doch zum x-ten Mal den Umsturz wagen. Vielleicht hat man bei den 198776 Umstürzen vorher in der Menschheitsgeschichte immer etwas falsch gemacht. Man hätte die Wendehälse nicht in die neue Ordnung integrieren, sondern aufhängen sollen :rolleyes: Man hätte das Konzept von "neuer Ordnung" grundlegend überdenken sollen. Man hätte das Heil nicht in einem neuen System, sondern keinem System mehr suchen sollen. Vielleicht war die Menschheit bei den 198776 vorherigen Versuchen noch nicht weit genug entwickelt und der 198777. Versuch bringt den Durchbruch.
Oder vielleicht begehren die Menschen irgendwann nur auf, weil sie ohne Hoffnung auf Besseres ihre bisherigen Peiniger tot sehen wollen :) Denn irgendwann kommt für alle Verbrecher der Untergang :)
 
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Nachtrag: ich habe den Text heute schon in einem anderen Forum veröffentlicht, halte ihn aber für so wichtig, dass ich ihn auch hier einstelle. Weil ich auch gern Antworten und eine Diskussion hätte.
 
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Nachtrag: ich habe den Text heute schon in einem anderen Forum veröffentlicht, halte ihn aber für so wichtig, dass ich ihn auch hier einstelle. Weil ich auch gern Antworten und eine Diskussion hätte.

Was wäre dem, das du geschrieben hast, noch hinzuzufügen?

Ich kann deinen Gedanken folgen und finde die Sache sehr gut erklärt.
Immer wieder dasselbe Spiel - es ist frustrierend.

Oft denke ich daran, einfach auf eine einsame Insel zu ziehen. Geht aber nicht, denn da sind die auch schon.
 
I

Iphigenie

Hi Beverly,

Du schreibst:
Hier geht es mir darum, Apekte des Totalitarismus zu diskutieren und Missverständnisse auszuräumen. Weil beim Totalitarismus die "Erscheinung" - zum Beispiel das Dritte Reich - immer für das "Wesen" der Sache genommen wird. Während es in Wirklichkeit eine gigantische Kluft zwischen "Erscheinung" und "Wesen" gibt.

Britta schreibt:
Was wäre dem, das du geschrieben hast, noch hinzuzufügen?

Ich kann deinen Gedanken folgen und finde die Sache sehr gut erklärt.
Immer wieder dasselbe Spiel - es ist frustrierend.

Oft denke ich daran, einfach auf eine einsame Insel zu ziehen. Geht aber nicht, denn da sind die auch schon.


Ich kann Deinen Gedanken auch gut folgen...Nur worüber genau
diskutiert werden soll, ist mir nicht klar.

Sollen Aspekte des Totalitarismus aufgezeigt, aufgelistet
werden?
Welche Mißverständnisse sollen ausgeräumt werden? -
Daß die Erscheinungen des Totalitarismus (z.B. das Dritte Reich)
nicht der Totalitarismus selbst ist?
Soll das Wesen des Totalitarismus herausgearbeitet werden?

Ich würde die Frage vielleicht so formulieren:

Gibt es auf längere Sicht für das Menschengeschlecht eine Möglichkeit,
den totalitären Machtstrukturen zu entsagen, um eine Welt aufzubauen,
die nicht geprägt ist von der Macht des Menschen über den Menschen -
oder ist es bis zum letzten Atemzug in der Mehrzahl dazu verurteilt Untertan zu sein?

grüße
Iphi :)
 
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Das ist es. Und man weiß nicht, wie man es überwinden soll, ohne dass es selbst nach einem Umsturz mit neuen Etiketten und Personen wieder von vorn losgeht.

So wird es passieren - andere Marionetten und dieselben Hintermänner.

Ruhe vor denen gibt es wohl erst nach dem Tod. :(
 
I

Iphigenie

Ohhhhhhhhh manno, ihr beiden B's ! Warum schreibt ihr eigentlich noch?
Für was? Für wen? Wo doch eh alles sinnlos ist? Für was noch
diskutieren? Für was noch in den Hallen eures Geistes Gedanken formulieren?

Wollt ihr unsere Welt echt diesen kaputten Machthabern kampflos
überlassen?

Iphi:toben::toben::(:nono:
 
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Beverly
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Wollt ihr unsere Welt echt diesen kaputten Machthabern kampflos
überlassen?

Iphi:toben::toben::(:nono:

Hallo Iphigenie,

ich habe diesen Strang heute vormittag in die virtuelle Welt gesetzt, um meinen Frust abzureagieren. Und in der Hoffnung, dass ihn irgendwer liest, davon inspiriert wird und meine Gedanken fortsetzt. In Theorie und Praxis. Wobei ich nicht will, dass die Leute nun aus Angst davor, wieder verarscht zu werden, zum Beispiel keine Umstürze mehr machen. Sondern, dass sie sich bei Umstürzen nicht mehr verarschen lassen. Oder ohne Umstürze die "Hintermänner" auf die eine oder andere Art und Weise entmachten oder ihre Intrigen ins Leere laufen lassen.
 
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Wollt ihr unsere Welt echt diesen kaputten Machthabern kampflos
überlassen?

Iphi:toben::toben::(:nono:


Ich bin wirklich kein Freund dieser Weltuntergangsszenerie.
Weder der einen noch der anderen Version. Konserven horten und andere in einen Kampf zu rufen, dessen wahre Gegner "unsichtbar" sind, finde ich wirklich ich nicht nett... :nono:

Diskutieren wir doch mal, vielleicht passt es ja auch aus Eurer Sicht hierher, über das Britische Commonwealth (vs.) Katholizismus/Vatikan. :winken:
 
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Hallo Beverly,

eine sehr gute Analyse. Warum will jemand mit so einem auffälligen Talent, Sachbücher zu wichtigen Themen zu schreiben, eigentlich unbedingt auf Phantasy machen?

Einige Höhepunkte aus Deiner Analyse:
Dabei spielt die Ideologie an sich keine Rolle...

Wenn nur Staatsangestellte Schergen totalitärer Herrschaft wären, müsste man um die einen Bogen machen oder vor ihnen katzbuckeln, hätte aber sonst seine Ruhe. Fehlanzeige! ... Es mag sogar sein, dass gesellschaftliche Instanzen beim Weitertragen objektiv totalitärer Diskurse eifriger sind als der Staat.

Wer wirklich im totalitärem System herrscht und wem seine Herrschaft nützt, sorgt stets für Kopfzerbrechen.

Frage mal einen Liberalen, wie es mit einem Leben ohne materielle Not und unnützen Zwang aussieht und dir werden bei der Antwort die Augen übergehen.

Kein totalitäres System ohne Aktenberge, unsinnige Gesetze, Heerscharen von Beamten und Sachbearbeitern? Bei den etatistischen Varianten nervt die staatliche Bürokratie, aber es geht ebenso mit Abmahn-Anwälten.

Oder vielleicht begehren die Menschen irgendwann nur auf, weil sie ohne Hoffnung auf Besseres ihre bisherigen Peiniger tot sehen wollen.
Die letzte Alternative würde ich nicht so negativ sehen wollen.

Was noch zu ergänzen wäre, ist die Rolle der Medien heute, die ja nicht umsonst so heißen. Kaum wird ein Thema von den Herrschenden hochgespielt, wie etwa die "Klimakatastrophe", ist es schon in aller Munde und selbstverständlich in allen Köpfen: jeder glaubt an den neuesten Krampf, den die Massenmedien verbreiten.

Eine Gesellschaft ferngesteuerter und manipulierter Idioten.

Ebenso natürlich auf ganz einfacher Ebene, das Hochjubeln der neuesten Filme und der gerade angesagten Musik, die Köpfe schon der Kinder vollgemüllt mit Pokemon und irgendwelchem Monsterkrampf...

So eine Menschheit will ich nicht um mich haben.
 
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Ohhhhhhhhh manno, ihr beiden B's ! Warum schreibt ihr eigentlich noch?
Für was? Für wen? Wo doch eh alles sinnlos ist? Für was noch
diskutieren? Für was noch in den Hallen eures Geistes Gedanken formulieren?

Wollt ihr unsere Welt echt diesen kaputten Machthabern kampflos
überlassen?

Iphi:toben::toben::(:nono:

Man soll die Hoffnung ja nicht aufgeben.

Je mehr Stellen es im Internet gibt, die schreiben dass diese Welt Sch...e ist, und je mehr Menschen das lesen - wer weiß, vielleicht ändert es ja was.

Ich finde das Leben schön. Dabei spreche ich aber von meinem Privatleben, meinem Umfeld.

Sobald ich aber die 'große Politik' betrachte, wird mir einfach nur schlecht.

Leider hat diese 'große Politik' in Form von Gesetzen, Steuern, Pflichten und Verboten einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf mein Leben.

Und nein, kampflos überlassen will ich denen diese Welt nicht. Wo ich kann, trage ich meinen Teil dazu bei, die Welt besser zu machen.
 
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Iphigenie

Ich bin wirklich kein Freund dieser Weltuntergangsszenerie.
Weder der einen noch der anderen Version. Konserven horten und andere in einen Kampf zu rufen, dessen wahre Gegner "unsichtbar" sind, finde ich wirklich ich nicht nett... :nono:

Diskutieren wir doch mal, vielleicht passt es ja auch aus Eurer Sicht hierher, über das Britische Commonwealth (vs.) Katholizismus/Vatikan. :winken:

hmmmm...Du bist also ein Freund des hochinteressanten Themas
Britischer Commonwealt versus vatikanischer Katholizismus.
Dann schreib doch mal was dazu, vielleicht findest Du ja viele Anhänger,
die das Thema ebenso hochinteressant finden:D

grüße
Iphi:)
 
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hmmmm...Du bist also ein Freund des hochinteressanten Themas
Britischer Commonwealt versus vatikanischer Katholizismus.
Dann schreib doch mal was dazu, vielleicht findest Du ja viele Anhänger,
die das Thema ebenso hochinteressant finden:D

grüße
Iphi:)


Hallo Iphi,

ich fühle mich ja geradezu umschmeichelt, wenn mir schöne Damen soviel Interessiertheit und Aufgeschlossenheit und Liebe zum Dialog schenken.

Weshalb ich das hiermit gern erwidere. :)
 
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Beverly
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Hallo Beverly,

eine sehr gute Analyse. Warum will jemand mit so einem auffälligen Talent, Sachbücher zu wichtigen Themen zu schreiben, eigentlich unbedingt auf Phantasy machen?

Hallo Hellmann,

rede nicht schlecht über die Phantastik. Der verdanke ich für die Erkenntnisse politischer und gesellschaftlicher Zusammenhänge in der Wirklichkeit mehr als dem Geschwurbel an der Uni. IMHO liegt das daran, dass die Science Fiction zu den Zeiten ihrer Verächtlichmachung als "Schund" von der Korrumpierung durch das herrschende System weitgehend verschont blieb. Von Philipp K. Dick bis zu Bäckerbrüdern, die lieber Heftchenromane schrieben, konnten sich da alle an der Wirklichkeit abarbeiten.
So wäre mein Eingangspost nicht entstanden, wenn ich jetzt nicht den Zyklus der "Meister der Insel" von "Perry Rhodan" lesen würde. Das Wirken der "MdI", die aus dem Hintergrund herrschen, hat mir verdeutlicht, wie es nicht in Andromeda, sondern im Hier und Jetzt läuft.

Eine Gesellschaft ferngesteuerter und manipulierter Idioten.

Die "Meister der Insel" in "Perry Rhodan" hatten die so genannten Duplos: Menschen wurden unter den Kopierer gelegt und verfielfältigt, um ihnen zum beispiel als Soldaten zu dienen. Rebellierten sie oder gerieten auch nur in die Hände der Gegner der MdI, wurden sie per Fernsteuerung getötet.

Die letzte Alternative würde ich nicht so negativ sehen wollen.

Allein im SF-Fandom kenne ich aus dem Internet bzw. persönlich drei Personen, die ich für geistige Schergen der herrschenden Diskurse halte. So die Marke "korrupter Intellektueller". An der Oberfläche ein scheinheiliger Humanismus und eine verlogene Toleranz, darunter Sozialdarwinismus, Determinismus und Menschenverachtung.
Soll man die aber gleich ... :toben: ? Da hätte man aber viel zu tun :rolleyes2: - bei "Perry Rhodan" gibt es ganze 7 "Meister der Insel" und alle übrigen, selbst hochrangige Offiziere und Politiker, sind im Grunde hilflose und unschuldige Opfer. In der Wirklichkeit dagegen laufen Millionen Arschlöcher rum, die sich mit Feuereifer und ohne Nachzudenken, zu Schergen der Herrschenden machen. Die MdI müssen in Andromeda noch heftig rotieren, um ihre Tyrannei aufzubauen, in der Wirklichkeit geht das angesichts so vieler williger Schergen wie von selbst.

So eine Menschheit will ich nicht um mich haben.

Ich verbringe viel Zeit damit, darüber zu grübeln, warum aus der Menschheit nichts geworden ist. Sowohl vom ehrlich-konservativen als auch vom ehrlich-progressistischen Standpunkt aus ist das Ergebnis nur Scheiße.
Was am Alten erhaltenswert war - andere Kulturen, viele Tier- und Pflanzenarten, intakte Natur - wurde nur zu oft zerstört und ausgerottet. Alldiweil der reaktionäre Dreck des Alten immer neue "Revivals" feiert. Ach, ich muss mich korrigieren - das Umbringen wäre manchmal doch nicht so schlecht und würden nicht Scheiterhaufen und Menschenopfer das religiöse Revival abrunden?
Was am Neuen erstrebenswert ist, wird gerade von denen verächtlich gemacht, die am meisten davon profitieren. Die Moderne hat den Lebensstandard der herrschenden Klasse ins Unermessliche gesteigert. Man bedenke nur, wie Kaiser und Päpste früher in zugigen Burgen gefroren haben und ihne z. B. die Macht vielleicht allein deshalb entglitt, weil die Kommunkationsmöglichkeiten unter aller Kritik waren. Von goldenen Tellern fressen nützt auch nicht so viel, wenn man ebenso wie der letzte Bauer am entzündeten Blinddarm krepieren kann.
Heute dagegen wird der Sinn von "Aufklärung", Wissenschaft und Technik nur darauf reduziert, einigen hundert Millionen Arschlöchern die das nicht verdient haben, ein langes und luxuriöses Leben zu ermöglichen. Alldiweil der Rest vor die Hunde gehen kann.
 
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Alldiweil der Rest vor die Hunde gehen kann.

Manchmal fühlt sich eine gereichte Hand nicht zärtlich (bequem) an:

Wir können nicht ignorieren, was wir selbst sind, dass wir selbst sind!

Das Leben und Erkennen ist der nächste Schritt. Geh also weiter durch das Dunkel, schon bald bist Du da. Doch erwarte kein erstes Licht! – Geh weiter!
 
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Manchmal fühlt sich eine gereichte Hand nicht zärtlich (bequem) an:

Wir können nicht ignorieren, was wir selbst sind, dass wir selbst sind!

Das Leben und Erkennen ist der nächste Schritt. Geh also weiter durch das Dunkel, schon bald bist Du da. Doch erwarte kein erstes Licht! – Geh weiter!

Der Kampf gegen das Böse wird dadurch erschwert, dass diejenigen, die am lautesten bekunden, gegen das Böse zu kämpfen, selbst böse sein mögen. Die Nazis hatten eine Erklärung für unser Unglück und brachten deswegen sechs Millionen unschuldige Menschen um. Scientology behauptet, gegen das Böse zu kämpfen und wird selbst als böse betrachtet. Auch die Christen und Moslems behaupten, gegen das Böse - Satan - zu kämpfen und verwüsteten damit Länder und Kontinente. Der Kommunismus behauptet, gegen das Böse zu kämpfen - die Ausbeutung - und hat mit der SU unter Stalin eine Hölle auf Erden geschaffen. Die Antikommunisten behaupteten, gegen das Böse des Kommunismus zu kämpfen und schafften selbst eine fanatische Ideologie, Diktaturen und Systeme der Unterdrückung.
Die Liberalen unserer Tage behaupten, gegen das Böse säkularer und religiöser Ideologien zu sein und schaffen eine Welt voll von Nachrichten, die aus der Hölle sein könnten.

Angesichts der Hinterlist des realen Bösen, wo man nicht weiß, ob seine Protagonisten unschuldige Opfer ihres bösartigen "Kampfes gegen das Böse"-Diskurses sind oder ihn gezielt und lügnerisch benutzen, erscheinen von Sauron bis zu den "Meistern der Insel" literarische Versionen des Bösen doch recht lahm. Letztendlich zeugen sie nur davon, dass ihre Schöpfer das reale Böse nicht in seiner ganzen Tragweite erkannten. Weshalb ich in manchen Werken den "Guten" noch mehr misstraue als den offiziellen Schurken. Der DUNE-Zyklus von Frank Herbert ist so ein Fall: meines Erachtens sind dort die offiziellen Helden - Paul Atreides und seine Nachkommen - die eigentlichen Schurken. Unter dem Vorwand, für das Gute zu kämpfen, überziehen sie das Universum mit Leid und Zerstörung.
 
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Unter dem Vorwand, für das Gute zu kämpfen, überziehen sie das Universum mit Leid und Zerstörung.


Sie müssen doch zumindest vorgeben, für das Gute zu kämpfen. Die Masse läßt sich ja auch beeindrucken und manipulieren. Die Propaganda ist gut gemacht, meißt jahrelang vorbereitet und gesteigert und zum Schluß glaubt die Lügen und die Hetze fast jeder.

Wie das funktioniert, konnte man schon vor 9/11 gut beobachten. Das Feindbild Islam wurde konsequent, Stufe für Stufe aufgebaut. Das schaffte die Akzeptanz für Lügenkriege, Folter und Massenmord.
 
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Sie müssen doch zumindest vorgeben, für das Gute zu kämpfen. Die Masse läßt sich ja auch beeindrucken und manipulieren. Die Propaganda ist gut gemacht, meißt jahrelang vorbereitet und gesteigert und zum Schluß glaubt die Lügen und die Hetze fast jeder.

Wie das funktioniert, konnte man schon vor 9/11 gut beobachten. Das Feindbild Islam wurde konsequent, Stufe für Stufe aufgebaut. Das schaffte die Akzeptanz für Lügenkriege, Folter und Massenmord.

Mit dem "Kampf gegen den Terror" und dem "Kampf gegen den Islam" haben wir das Beispiel für einen von Schurken geführten "Kampf gegen das Böse". Jemand schrieb allerdings mal, das habe den Charme einer Schulhofschlägerei. Stimmt - es ist unglaublich dumm und geistlos und zeugt auf allen Seiten von der gnadenlosen Banalität des Bösen.

Kein Wunder, dass der Kampf Gut gegen Böse in der Literatur immer überzeichnet und dabei falsch dargestellt wird. Auch in der Geschichtswissenschaft, also der Niederschreibung wirklicher Ereignisse, wird da gern auf Drama gemacht.
Schließlich wollen Schriftsteller und Historiker gleichermaßen ihre Leser oder Zuschauer (wenn Film) unterhalten, ihre Werke verkaufen und damit Geld verdienen. Da muss ein Perry Rhodan-Autor den "Meistern der Insel" schon einen gewissen Nimbus geben, sie mächtig, klug und unsterblich machen. Um das Böse literarisch zu vermarkten, muss es stets mit Glanz und Gloria einherfahren, wie dieses Beispiel einer fiktiven Schurkin zeigt. Jaja, Männerträume werden wahr und so sehr ich "Perry Rhodan" schätze, so verraten solche Figuren doch mehr über die Fantasien ihrer Autoren als über das Böse, das sie angeblich darstellen sollen.
Lion Feuchtwanger war da in seinem Roman "Jud Süß" schon weiter in der Erkenntnis des Bösen: Da gibt es im Herzogtum Württemberg einen bürgerlichen Demokraten, der die Seiten wechselt und nun mit dem Herzog und seinen Hofschranzen paktiert. Er hofft darauf, dass die Macht in Glanz und Gloria einherfahre und er "da oben" jene Größe findet, welchen die schwäbischen Kleinbürger so schmerzlich vermissen lassen. Doch er wird enttäuscht. Auch die ganz Oben, die Mächtigen, machen nur primitive Kniffe und langweilige Winkelzüge. Reumütig kehrt er zu den Seinen zurück, weil es besser ist, unter seinesgleichen für Ideale (auch wenn sie klein sein mögen) zu kämpfen.

Bei den Historikern ist es eher noch schlimmer als bei den Schriftstellern. Sie umgeben sich mit der Aura ernsthafter Gelehrter und fabrizieren dabei einen Müll unter Groschenheft-Niveau. All die Dokus über Hitler und seine Paladine, wo ich das Gefühl habe, die fallen noch 60 Jahre nach derem Abgang auf die Propaganda und die Hofberichterstattung der Nazis herein. Immer die gleiche Dramaturgie einer 12 Jahre währenden blutigen Wagner-Oper, bis es eigentlich selbst dem gutwilligstem Zuschauer zum Halse raushängen müsste. Und man sich fragen sollte, wie es wirklich war. "Welthauptstadt Germania" - Mist, der als Groschenheft keine Chance gehabt hätte, wird uns als reales Projekt verkauft.
Zugleich wird deutlich, dass das Projekt schon von Anfang an keine Chance hatte, das zu werden, was es angeblich werden sollte. Weil der Amoklauf des Staates gegen die Menschen zu extrem war. Weil da ein in ärmlichen Verhältnissen lebendes Volk schlicht nicht die Ressourcen hatte, um mit Gewalt eine Hegenomie über Europa oder gar Gebieter außerhalb Europas zu errichten und zu halten. Weil auch die Ausplünderung der besetzten Gebiete den wirtschaftlichen Zusammenbruch nur verzögert, aber nicht verhindert hätte. Weil die offen gezeigte Menschenverachtung der Nazis genau das ist, womit man eroberte Völker mit Sicherheit in den Aufstand treibt. "Der Pulsschlag der Jahrtausende blubb blubb blubb" - wie kann es sein, dass sogar angebliche Gegner der Nazis so eine unsinnige Propaganda glauben und weitertragen?
Stalin gab es gestern in der Glotze auch und er verspricht, noch schlimmer als Hitler zu werden. Eine Ratte aus dem Kaukasus wird uns da als der zweite große Dämon des 20. Jahrhunderts präsentiert. Der sein Projekt mit ebensoviel Fleiß gegen die Wand gefahren hat wie Hitler und ohne, dass einer fragt, warum.

Autoren erfundener Geschichten wollen ihren Lesern die geistige Flucht aus einer tristen Welt ermöglichen. Deswegen können sie in ihren Büchern nicht die gleichen kleinkarierten Intriganten, hirnamputierten Schläger und drögen Menschenschinder auftreten lassen, vor denen die Leser flüchten wollen. Warum aber erfinden Historiker Dramen erfinden, die sich bei genauer Prüfung als Unsinn erweisen, anstatt die triste Wirklichkeit nachzuzeichnen?
 

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