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Reichsbürger steigern sich manchmal in psychopathischer Weise in ihre Sache hinein, im Grunde aber ist das, was sie umtreibt, etwas Natürliches und Gesundes:
So wie für die Russen das Russische Zarenreich nicht folgenlos verschwunden ist, sondern in der Sowjetunion weiterlebte und heute in der Russischen Förderation, und wie für die Türken das Osmanische Reich nicht auf den Misthaufen der Geschichte gehört, sondern in der heutigen Türkei weiterlebt, so das Deutsche Reich in der Seele eines patriotischen Deutschen - das ist normal.
Ja, gut, das ist der Teil an den Reichsbürgern, den ich noch akzeptieren könnte. Eine Art Reichsbewusstsein, wo Königsberg noch zu Deutschland gehört, das hab ich auch, auch wenn ich der Meinung bin, man sollte die heutigen europäischen Grenzen lassen, wie sie sind. Einfach aus Stabilitätsgründen. Aber ein Bewusstsein für die eigene Geschichte sollte man schon haben.
Was die Reichsbürger machen, ist aber schlichtweg Gesellschaftsverweigerung. Denen geht es nicht um Deutschland, den geht es um Staatshass und Ablehnung der bestehenden Ordnung. Und selbst das könnt ich noch akzeptieren, wenn dahinter auch nur ein lohnenswerteres Lebensmodell steht, welches ausser dem Zugehörigeitsgefühl zu einer kleinen Gruppe auch nur irgendetwas besser machen würde als das, was wir heute haben.
Ich verstehe zwar die emotionale Faszination, die man für Reichsbürger hegen kann, und dementsprechend auch Naidoo, warum er da hineingeschlittert ist. Aber die Gesellschaftsablehnung der Reichsbürger fällt eben auch auf sie zurück, sie werden halt ihrerseit von einem Grossteil der Gesellschaft genauso abgelehnt. Man kanns auch da übertreiben, und manchmal wünsch ich mirt da schon etwas mehr Lockerheit in der Sache, aber diese klare Kante passt zu Deutschland.
Xavier Naidoo ist ein enfant terrible, ein Schmuddelkind im Degenhardtschen Sinne, dessen Unangepasstheit den Zorn repressiver Polit-Gouvernanten erregt wie zum Beispiel den von Claudia Roth:
https://www.welt.de/vermischtes/art...und-gewaltverherrlichender-Pegida-Sprech.html
Claudia Roth war mal Managerin von Ton Steine Scherben - das waren auch keine politisch-korrekten Chorknaben!
Naja, enfant terrible trifft es nicht ganz. Xavier Naidoo ist schon eine gewisse Grösse im deutschen Showgeschäft, und er ist jemand, dessen emotionale Empfänglichkeit überhaupt erst zu derartig grossen en Songs verholfen hat, mit denen er an der deutschen Seele kratzt, wie das sonst kaum ein anderer kann. Dafür hab ich ihn immer bewundert, ich wusste aber auch, dass das seinen Preis hat. Er wäre jetzt nicht der erste Künstler, der sich aufgrund seiner emotional begründeten Weltauffassung politisch komplett verrennt. Ich halte es aber auch für falsch, so mit ihm umzusprigen, wie das dieser Bürgermeister getan hat. Wer weltoffen und tolerant sein will, muss sich auch einen verirrten Xavier Naidoo leisten können. Moralapelle waren schon immer Krampf.
Was die Roth angeht: die redet halt als Politikerin, und die Grünen waren schon immer übermoralisiert. sie kann ja nu nicht sagen, sie findet es toll, wie sich Xavier Naidoo als enfant terrible aufspielt, weil Ton Steine Scherben das auch mal waren. Sie wird sich eher auf den moralischen Aspekt seiner Aussagen konzentrieren, und irgendwie hat sie da schon Recht. Da wird viel Stimmung und Wut erschaffen, aber es geht um nichts konkretes, was nicht auf irgendeiner VT beruht.