Demographie und Herrschaft in Andromeda und auf der Erde
Zu den Herrschaftspraktiken der von mir im Forum schon erwähnten
Meister der Insel gehört der Gebrauch des so genannten "Multiduplikator". Das ist ein Gerät, mit dem sich nicht nur wie bei "Fotokopierern" Kopien von Texten und Bildern herstellen lassen, sondern auch Kopien von Gegenständen! Eigentlich eine feine Sache und Trekkies auch als "Replikator" aus Star Trek bekannt. Man kopiert nicht nur irgendwelche Formulare, sondern auch Kleider, Geräte, Maschinen oder den Morgenkaffee.
Mit dem Multiduplikator lassen sich allerdings auch Menschen kopieren!
Die skrupellosen und machtgierigen Meister der Insel benutzen folgerichtig den Multiduplikator als unerschöpfliche Quelle von Untertanen im allgemeinem und Soldaten und Offizieren im Besonderen. So zerbricht ein Offizier an dem Wissen, dass er nur die 286. Kopie seiner "Vorlage" ist. Das war ein auf natürlichem Wege geborener, aufgewachsener und ausgebildeter Offizier mit besonders guten Leistungen. Und besonders gute Leistungen "belohnen" die Meister der Insel bei ihren Untergebenen dadurch, dass sie sie als Vorlage benutzen. Dann haben sie nicht nur einen, sondern beliebig viele fähige Offiziere und sparen sich Zeit und Kosten für die Ausbildung. Sie entführen sogar Soldaten eines anderen Staates, weil sie die für leichter lenkbarer halten als ihre eigenen Untertanen. Selbstverständlich dienen auch die entführten Soldaten als Vorlage für beliebig viele Kopien - die als "Duplos" bezeichnet werden, was die Abkürzung für "Duplikat" ist.
So wird im Horror-Reich der "MdI" jeder beliebig ersetzbar. Nicht nur der einfache Depp ohne große Fähigkeiten, sondern auch und gerade die besonders Fähigen und Tüchtigen. Weil die MdI sie beliebig oft kopieren können.
Rebellion gegen dieses geisteskranke Herrschaftssystem scheint nahezu aussichtslos. Rebelliert ein "Duplo", dann wird er durch ein Implantat im Gehirn getötet. Und gegen eine fügsame Kopie ausgetauscht. Die MdI nehmen es sogar in Kauf, dass immer wieder Duplos ihr Leben nicht mehr ertragen und aufbegehren. Wenn ein Offizier nach 11 Jahren austickt, hat er davor 10 Jahre gut gedient und der Geheimdienst hat sich darauf eingestellt, auf "schwierige" Charaktere ein Auge zu haben ...
Einem Volk, das gegen die Meister der Insel revoltiert, machen die Abgesandten der Menschheit klar, dass sie trotz großer eigener Bevölkerungszahl, straffer Disziplin und großer Fähigkeiten keine Chance gegen die "MdI" haben. Die Rebellen mögen noch so viele Soldaten ausbilden und noch so viele Raumschiffe bauen - die Meister der Insel ersetzen ihre Verluste im Krieg mit einem Knopfdruck auf den Multiduplikator. Das zeigt by the way, welchen Wert das Leben eines "Duplos" hat: keinen, da er oder sie jederzeit ersetzbar sind!
Eigentlich schade, dass die Macher von Perry Rhodan so ein Anti-Verhältnis zu den formalen Aspekten der Literatur hatten. Allein der Zyklus um die Meister der Insel (in den 1960er Jahren geschrieben) erweist sich immer wieder als erschreckende, aber unreflektiert gebliebene, Studie zu Totalitarismus.
Mit den "Duplos" als Ende jeder Individualität ist da zweifellos ein großer und erschreckender Wurf gelungen. Da aber in Pulp-Format, dürfen andere, die vielleicht nur die Kunst des wichtig schwätzens besser beherrschen als die Bäckerbrüder bei "Perry Rhodan", die Lorbeeren für Gesellschaftskritik ernten.
Wie bei anderen in der Serie auf Pulp-Niveau behandelten Formen des Totalitarismus werfen auf die "Duplos" die Frage auf: gibt es so etwas auch auf der Erde und in der realen Welt? Haben die Perry-Rhodan-Macher bewusst oder unbewusst Mechanismen hiesiger Totalitarismen aufgegriffen und sie auf ihre kosmischen Bühne übertragen? Und dadurch das, was in der Wirklichkeit subtil und unbemerkt wirkt, plastisch und drastisch gezeigt.
OK, Menschen einfach "kopieren" können wir - noch - nicht. Aber es gibt schon die Anfänge des Klonens, wie weit die auch von der Erzeugung "gebrauchsfertiger" Fachkräfte entfernt sein mögen.
Aber es gibt in der Bibel das Gebot "seid fruchtbar und mehret euch"!
Und es gibt schizophrene Diskurse, wo einerseits vor den Folgen von Überbevölkerung gewarnt wird. Andererseits heißt es etwa im Falle der BRD, sie braucht Einwanderung, um ihre Bevölkerung bei 80 000 000 stabil zu halten. Das sind auf einem winzigen Fleck Erde 8mal so viele Mensche, wie am Ende der letzten Eiszeit auf der ganzen Welt gelebt haben sollen!
Und es gibt eine Ökonomie der Menschenverachtung, die in der Realwelt eher noch schlimmer ist als das, was die Meister der Insel bei "Perry Rhodan" anstellen.
1. Ein Staat braucht möglicht viele Untertanen. So immer an der Grenze dessen, was er selbst ernähren kann. Viele Menschen heißt: viele Soldaten, viele Arbeiter, viele Konsumenten ...
2. Je nach Diskurs müssen es Menschen einer bestimmten Sorte sein. Der Deutschnationale will keine Türken hier, aber viele andere Deutsche. Der Papst will keine Hindus, aber eine Milliarde Katholiken und verbietet deshalb seinen Gläubigen die Familienplanung!
3. Aus 2. folgt, dass Menschen, die nicht zur gewollten Sorte gehören, zu deportieren, zu verdrängen, zu ermorden sind! Die Türken sollen nach dem Willen der Deutschnationalen Deutschland verlassen! Die Katholiken haben in Lateinamerika neues Territorium und neue Gläubige gewonnen, in dem sie die indigenen Kulturen verdrängten. Alldiweil die Priester die Indianer lieber bekehren als umbringen wollten, haben Spanier und Portugiesen trotzdem auch Völkermord betrieben.
Im 20. Jahrhundert haben die Nazis den Zweiklang von "großem Volk" und Völkermord erschreckend unter Beweis gestellt. Die Deutschen sollten viele Kinder in die Welt setzen, anderen Völker sollten umgebracht werden. Hitler hatte nichts dagegen, etwa an Polen Kondome zu verteilen, aber die deutsche Mutter sollte fruchtbar sein. Die Vision bestand darin, die Juden und die slawischen Völker umzubringen und große Gebiete in Osteuropa mit deutschen Siedlern zu bevölkern. Gut, dass wir den Krieg verloren haben!
4. Da sich auch der Wert eines Menschen nach den "Produktionskosten" und dem Prinzip von Angebot und Nachfrage richtet, gilt folgendes Prinzip:
Ein Mensch ist um so weniger wert, unter je elenderen und damit billigeren Bedingungen er oder sie "erzeugt" werden können und je mehr Menschen es gibt.
Die Meister der Insel haben dieses schon bei einfachen Menschen in der Realwelt wirkende Prinzip nur konsequent auf alle - auch die teuren und bis dato seltenen Fachkräfte! - ausgedehnt. Sie haben die Produktionskosten minimiert und die Zahl maximiniert. Der Wert des Menschen geht daher bei ihnen gegen 0!
Auch in der Realwelt ist er oft nicht größer. Wir haben eine "Weltwirtschaft", die von 7 Milliarden Menschen höchsten ein bis zwei Milliarden zu menschenwürdigen Bedingungen absorbieren kann. Siehe die volkreichsten Staaten Indien und China: da leben 300 Millionen ganz gut, aber auf jeden Angehören der Mittelschicht kommen 3 Menschen, die nichts haben und auch "rein" wollen. Die Folgen: die, die drin sind, sind ersetzbar! Ein Autor hat das mit Bezug auf Indien so geschildert: Jeder, der es da zu einem bescheidenen Auskommen gebracht hat, weiß, dass er wieder aus dem System heraus und in absolute Armut fallen kann.
Fazit: Demographie und ihre Diskurse werden zu einem Synonym für übelste Menschenverachtung. Weil der Mensch nichts mehr wert ist!
n. B.: der Text gehörte zu einem eigenen Strang, den ich aber mangels Resonanz gelöscht habe und hier hinein passt er auch ganz gut