Wanderten seinerzeit 400-800 wirklich ganze Völker?
Über ganz Europa zT über 1000e km und wie die Wandalen
binnen 40 Jahren von Schlesien nach Karthago und errichteten 1 Reich.
Erspare mir jetz die Zählung der Tagesmärsche und Zwischenreiche (Spanien)..
Aber ohne Scheiß, eine dermaßen übermenschliche Leistung
hat wohl noch kein Volk dieses Erdballs vollbracht!
Ein Volksmarathon sondergleichen + einzigartig ‘,‘
Dagegen sind wir heutigen Menschen doch nur armseelige Schlappies..
Erlaube mir jedoch in diesem Falle gewisse Zweifel:
Da sollen also ganze ‚Völker‘ wmgl mit Mann + Maus
+Kind + Kegel + Gesinde quer durch Europa gewandert sein
und so nebenbei Reiche gegründet in Burgund Südgallien Spanien..
Für damalige Verhältnisse geradezu in globaler Eile und neoliberalem Elan.,
die ansässigen Bevölkerungen wurden jeweils niedergemacht
und so ebenmal in Kürze durch eigenes Volksgut ersetzt.
Welch exorbitante Vitalität, welche Extembelastung,
was für turbulente Zeiten + gewaltiges Heldentum!
Und wir jammern über vergleichsweise
gemütliche Zeiten von heute.,?
zurecht?
Hallo Diskursant,
der übliche Begriff von der "Völkerwanderung" suggeriert möglicherweise, daß sich tatsächlich komplette Völker auf den Weg gemacht hätten. Dem ist natürlich nicht so. Fakt ist allerdings, daß sich ganze Verbände und Stämme unterschiedlichster Völker auf die Suche nach neuen Siedlungsflächen gemacht haben - aus denselben Gründen, aus denen sie es heute tun:
- Verdrängung durch feindliche Stämme und Gruppen
- existentielle Not (wie Hungersnöte, gleichgültig ob durch klimatische Umstände verursacht oder durch Krieg)
- Bürgerkriege (im übertragenen Sinne, ein Bürgertum nach heutigem Verständnis gab es natürlich noch nicht)
- die Suche nach schnellem Reichtum
- ein - tatsächlich oder vermeintlich - besseres Leben.
Das dürften die wesentlichen Ursachen sein. Daß es sich dabei nicht um vollständige Völker gehandelt haben dürfte (zumindest in dem Sinne, daß, übertragen auf die heutige Zeit, praktisch sämtliche Deutschen Deutschland verließen und gen Mittelmeer zögen), sondern jeweils um Teile oder erhebliche Gruppen eines Volkes (man könnte vermutlich eher über Stämme und Clans sprechen), ist dabei aus meiner Sicht nicht der interessanteste Aspekt: die Frage ist vielmehr, welche Ursachen und welche Folgen die Massenmigration der Völkerwanderung hatte. Und zwar sowohl hinsichtlich der Völker, in deren Hoheitsgebiete die jeweiligen Migranten eingedrungen sind, vor allem aber auch im Hinblick auf die Folgen, die der Massenexodus für die eben NICHT mitgewanderten Teile der jeweiligen Völker hatte.
Kurz gesagt: ob man das Kind Völkerwanderung nennt oder Massenmigration (durchaus inhomogener Gruppen), spielt keine Rolle. Unbestreitbar ist die Tatsache, daß die Auswirkungen dieser Migrationsbewegungen erheblich waren, und zwar sowohl in den jeweiligen Herkunfts- als auch in den Zielregionen (inklusive der betroffenen "Transitstationen").
Fakt ist auch, daß die Bewertung dieser Folgen sehr unterschiedlich aussehen wird, je nach dem, aus welchem Blickwinkel man die Folgen betrachtet: das weströmische Reich ging bekanntlich unter (was es möglicherweise auch ohne den völkerwanderungsbedingten Migrationsdruck getan hätte); allerdings hat sich, ungeachtet allen Chaos der Umbruchsphase, aus eben diesem Untergang und der Zerstörung der überkommenen Strukturen auch ein enormer Entwicklungsschub ergeben, ohne den es das heutige Europa und die Moderne, wie wir sie erleben, nicht gegeben hätte. Die Menschen des weströmischen Reichs und auch diejenigen, die in einer Epoche weitgehender Anarchie, stetiger Bedrohung von Leib und Leben, Hab und Gut gelebt haben, werden die durchaus positiven Entwicklungen, die sich aus ihrem Schicksal ergeben haben, wohl eher nicht als Gewinn gesehen haben.
Wenn man den Bogen zur aktuellen Migrationsbewegung spannen will, so muß man, denke ich, konstatieren, daß man diese Migration mit allen Mitteln beenden muß, wenn man in Europa weiterhin den Lebensstil und die Kultur erhalten will, die man gewohnt ist und die den europäischen Völkern einen Standard an Sicherheit und Freiheit gegeben hat, der in der Geschichte einzigartig ist (weil nicht auf ausgewählte soziale Gruppen beschränkt); ob es allerdings auf lange Sicht zum Vorteil gereichen wird, wenn die westliche Welt diesen Kampf der Kulturen für sich entscheidet, werden erst künftige Generationen wirklich beurteilen können, dann nämlich, wenn die derzeitige Migration abgeschlossen ist und eine neue Epoche sich etabliert haben wird. Ich bin mir auch nicht sicher, inwiefern WIR - als Vertreter der westlichen Moderne - das tatsächlich selbst in der Hand haben... Ich halte es für arrogant, unser derzeitiges Modell als das einzig funktionierende und der Weisheit letzten Schluß anzusehen: das werden die Römer für IHRE Kultur ähnlich empfunden und für alternativlos gehalten haben. Aus heutiger Sicht muß man sagen, daß sich die römische Kultur über Jahrhunderte hinweg von einem für ihre Teilhaber optimalen System hin zu einem dekadenten und überkommenen entwickelt hatte und dringender Bedarf für Umbrüche bestanden hatte.
Schade - wenn ich mir diese ganz subjektive Anmerkung erlauben darf - eigentlich, daß die Auswertung solcher historischen Bewegungen erst nach Jahrtausenden und selbst in der heutigen Zeit erst in ein paar Jahrhunderten möglich sein wird.
Keiner von uns wird abschließend darüber urteilen können, ob das, was wir derzeit erleben - und auch DAS ist eine Völkerwanderung aus der (von uns als solche zu betrachtenden) Barbarei in ein kultiviertes, aber eben hochgradig dekadentes System - letztlich auch eine Initialzündung und somit neue Chance darstellen wird. Welche Elemente UNSERER Kultur die Zeiten überdauern werden. Und welche die Grundlage für Neues bilden.
Spannendes Thema, finde ich (insofern: Dank an Diskursant!), weil es in all seinen Parallelen von Gegenwart zu Geschichte sehr viel Raum für schiere Spekulation über die Zukunft läßt (und zwar gleich, als wie bedrohlich man die Lage derzeit empfinden muß).
Was denkt Ihr, Diskursant und alle Mitstreiter? Was macht "Völkerwanderungen" aus? Die Vollständigkeit der Migration ganzer Gruppen (also: Nationen, ethnischer Gruppen, wie auch immer man den Begriff definiert)? Oder die Destabilisierung einer Kultur durch die verschiedensten anderen Kulturen? Ist das ein unausweichlicher, zyklischer Mechanismus in der Menschheitsgeschichte? Und: WENN das so ist: WO und WIE wird unsere Kultur, werden unsere europäischen Völker fortbestehen? Werden sie fortbestehen? Welche Migration steht UNS bevor?
Diskursant: meinst Du tatsächlich, unsere Zeit sei noch "gemütlich"?
Gruß -
Bendert