Die EZB kennt eine ganze Reihe an Instrumenten, mit denen der Geldmarkt beeinflusst wird. Die Erhebung und Anhebung von Zinsen ist dabei nur ein Instrument - zumal sehr relevant ist, was genau die EZB "anhebt".
Für die EZB ist eine relevante Fragestellung, ob es sich bei der Inflation um eine echte Inflation handelt, oder nur um temporäre Schwankungen, die beispielsweises durch jahreszeitliche Effekte oder auch durch die Schwankungen der Energiepreise bedingt durch die Schwankungen der Rohstoffpreise handelt.
Derzeit liegt die Inflation in der Euro-Zone nur knapp oberhalb der 2%-Linie - und das nach einer langen Phase, in der die 2%-Linie deutlich unterschritten wurde. Hinzu kommen saisonale Effekte, und vor allem auch die erklärbaren höheren Energiepreise beim Endverbraucher, die jedoch gerade nicht eine Währungsinflation im engeren Sinne ausdrücken. In den gemessenen Inflationszahlen hingegen sind sie enthalten. Bereinigt man die Inflationsrate um diese Effekte, ist die Inflationsrate noch immer knapp unterhalb der 2%-Linie.
So gesehen ist die Währungspolitik der EZB noch nachvollziehbar - allerdings gibt es gewisse technische Fragestellungen zum Verhalten der EZB, wenn man sich die Währungspolitik der FED anschaut.
Die FED bereitet sich mit ihrer Währungspolitik der steigenden Zinsen darauf vor, dass der US-Markt in eine Rezession abgleiten könnte. Sollte das passieren, ist es gut, wenn die FED auf die Rezession noch reagieren kann, also quasi Pulver im Köcher hat, was sie verschießen kann. Das gelingt ihr, weil sie dann ja wieder die Zinsen senken kann......
Für die EZB sehe ich nun das Dilemma, dass einerseits der europäische Wirtschaftsraum noch nicht unbedingt die Dynamik hat, dass eine Zinssteigerung gerechtfertigt ist - wobei man da schon hart an der Grenze fährt. Gleichzeitig bedeutet im Euroraum eine ZHinserhöhung auch, dass die Währungspolitischen Spannungen zunehmen würden, weil einige Länder im Euroraum dann bei steigenden Zinsen mit hohen Problemen der Staatsfinanzierung zu kämpfen hätten. Um die vereinbarten Ziele im Euroraum einzuhalten, müsste dann eine Sparpolitik erfolgen, die aber gerade kontraproduktiv zum zarten Pflänzchen der anspringenden Euroraum-Konjunktur wäre.
Da der Euroraum aber durchaus in starker wirtschaftlicher Abhängigkeit zum US-Markt steht, ist nicht von der Hand zu weisen, dass eine drohende Rezession im Dollar-Raum auch eine Gefährdung für den Euroraum wäre. Wenn aber der Euroraum in eine Rezession kommt, und die EZB dann noch bei 0%-Zinsen liegt, wird es problematisch, weil die EZB dann nur noch wenige Instrumente an der Hand hat, um wirksam gegen eine drohende Rezession inklusive einer potentiellen Deflation anzutreten.
Wir haben also einerseits das Problem, dass die Weltwirtschaft und darin im Fahrwasser die EWR-Wirtschaft eine hohe Abhängigkeit zur US-Wirtschaft hat, und andererseits, dass der Währungsauftrag von FED und EZB nicht identisch ist.
Die FED hat den Auftrag dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft läuft.....und damit auch ausreichend mit Geldmitteln versorgt ist.
Die EZB hat den Auftrag, für die Geldwertstabilität zu sorgen. Ob die Wirtschaft damit zurecht kommt, oder die Staaten mit ihren unterschiedlichen Schuldenständen damit zurecht kommen - das spielt zwar für die EZB durchaus auch eine Rolle, aber nicht die erste.
Ein Problem in diesem Kontext ist auch, dass die Wirtschaftsräume aus dem Umfeld USA und EWR nicht synchron laufen, sondern immer wieder auch gegenläufige Tendenzen haben. Da die FED aber nicht der EZB, und die EZB nicht der FED verpflichtet ist, macht dies insgesamt das Handeln nicht leichter.
Solange auf den Weltmärkten der Dollar das übliche Zahlungsmittel ist, und der Euro quasi nur nachrangig mitläuft, ist dies eine Bedrohung für die Stabilität des Euros und den Wirtschaftsraum der Euro-Zone. Auch deshalb, weil die Finanz- und Wirtschaftsminister der Eurozone dies erkannt haben, gehört zu den Beschlüssen derselben, dass der Euro insofern gestärkt werden soll, dass mehr und mehr internationale Handelsabschlüsse im Euro angestrebt werden. Allerdings ist die konkrete Einflussmöglichkeit der Ministerrunde begrenzt - letzten Endes ist die Wirtschaft und die Unternehmen gefragt - sie müssen entscheiden, ob und in welchem Umfang sie ihre Geschäfte von Dollar auf Euro umstellen - und da gilt nicht nur das Interesse der Wirtschaft aus der Euro-Zone, sondern auch der Länder, mit denen Handel betrieben wird.
So gesehen - einfach ist das Geschäft der EZB nicht - ob die Politik erfolgreich durchgeführt werden kann, bleibt spannend und für die EZB eine klare Herausforderung.
Sollte es in Folge der entstehenden währungspolitischen Spannungen zu Problemen rund um den Euro kommen, ist erneut die Politik gefragt - und es ist immer eine Fragestellung, ob die Länder der Eurozone die Kraft haben, eine politische Antwort zu finden.
Da derzeit die Bürger der Eurozone aber den Euro mehrheitlich gut finden, sollten die verantwortlichen Politiker auch dann wieder erneut auftretende Spannungen durch geeignete politische Maßnahmen kanalisieren können. Solange der Euro politisch gewollt ist, und von der klaren Mehrheit der Bürger gewollt ist - so lange wird es den Euro geben, denn der Euro ist eine politische Währung.