@Hellmann: ist interessant, wie schnell du deine gute Meinung von dem Querkopf bereit warst, über Bord zu werfen. :kopfkratz:
Ich lese ihn ja schon etwas länger und vor wenigen Wochen ist er dann mit sehr merkwürdigen Thesen zur Ökonomie groß im TV gekommen. Man kommt nicht ins TV, ohne eine größere Sauerei mitzutragen. Niemand kommt ins Fernsehen, nur weil er so kluge Ansichten vertritt.
Der Originalbeitrag von Heinsohn in der FAZ ist hier.
Gastbeitrag zu Hartz IV
„Sozialhilfe auf fünf Jahre begrenzen“
http://www.faz.net/s/Rub0B440381778...1EABE50FAE2AEBA30B~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Auszug:
Nach realistischen Szenarien werden 2060 nur noch 30 Millionen Menschen im Alter zwischen 24 und 65 Jahren stehen. Diese müssen 22 Millionen Alte sowie 13 Millionen Junge versorgen.
Das ist schon Müll, über die Bevölkerung in 50 Jahren und die ökonomischen Belastungen aus irgendwas zu faseln.
Eine demographische Zukunft haben nur die Bildungsfernen. So besteht im Februar 2010 die Hartz-IV-Bevölkerung von 6,53 Millionen Menschen zu 26 Prozent aus Kindern unter 15 Jahren (1,7 Millionen). Im leistenden Bevölkerungsteil von 58 Millionen Bürgern unter 65 Jahren dagegen gibt es nur 16 Prozent Kinder (9,5 Millionen). Doch selbst der 26-Prozent-Kinderanteil in Hartz IV ist nur ein Anfang.
Nach 12 Monaten ist heute jeder Ingenieur, den Siemens gerade entlässt oder die Automobilindustrie, ein Kandidat für HartzIV. Von einer generell bildungsfernen "Hartz-IV-Bevölkerung" zu fabulieren, ist Hetze und Diffamierung. Die Massenarbeitslosigkeit ist kein Bildungsproblem, eher, dass die Bewerber für die Drecksjobs überqualifiziert sind.
Zwischen 1964 und 1984 erhöhte Amerika seine Ausgaben für Sozialhilfe sehr stark. Und doch stieg die Zahl der „Sozialhilfemütter“ und ihrer Kleinen von 4 auf 14 Millionen. Murray fasste diese Entwicklung in die Gesamtformel „Mehr Geld vermehrt Armut“.
Der Kerl "vergisst" hier doch glatt zu erwähnen, dass die Volcker-Rezession von 1979/80-82 die Zahl der armen Erwerbslosen in den USA gewaltig erhöht hatte und tut so, als wäre das die Folge der Sozialhilfe gewesen. Eine freche Fälschung der Zusammenhänge.
Clintons Reform beendete das seit 1935 geltende Recht auf lebenslange Sozialhilfe. An seine Stelle trat ein auf fünf Jahre begrenztes Recht auf Unterstützung bei tatkräftiger Hilfe nicht zu irgendeiner abstrakten Integration, sondern zum Übergang in Arbeit. Der Erfolg dieser Maßnahmen war durchschlagend: Bezogen vor der Reform 12,2 Millionen amerikanische Bürger Sozialhilfe, so waren es 2005 nur noch 4,5 Millionen.
Der "Erfolg" der Streichung der Sozialhilfe ist natürlich, dass die Leute keine mehr beziehen. Was beweist jetzt der Rückgang der Zahlen? Dass Millionen sich mit sonstwas durchschlagen müssen, Kriminalität, Bettelei, Prostitution...
Wenn man die Sozialhilfe ganz abschafft, geht der Bezug von Sozialhilfe sogar auf Null zurück, woraus Heinsohn dann einen großen Erfolg machen würde. 40 Millionen US-Bürger beziehen Lebensmittelmarken.
Die Zahl der ausschließlich von Sozialhilfe lebenden Kinder unter 15 Jahren sprang von rund 130.000 im Jahre 1965 (nur Westdeutschland) über 630.000 im Jahre 1991 auf 1,7 Millionen im Februar 2010.
Auch hier der gleiche Trick. Die Rezession ab 1980 war für den ersten Anstieg verantwortlich, wir hatte 1979 fast Vollbeschäftigung und 1982 über 3 Millionen Erwerbslose als Folge der Hochzinspolitik. Der Anstieg bis 2010 ist vermutlich auf HartzIV gefolgt, mit dem eben die Leute plötzlich Sozialhilfeempfänger wurden.
Solange die Regierung das Recht auf Kinder als Recht auf beliebig viel öffentlich zu finanzierenden Nachwuchs auslegt, werden Frauen der Unterschicht ihre Schwangerschaften als Kapital ansehen. Allein eine Reform hin zu einer Sozialnotversicherung mit einer Begrenzung der Auszahlungen auf fünf Jahre statt lebenslanger Alimentierung würde wirken - nicht anders als in Amerika.
Nach 5 Jahren sollen die Leute dann krepieren?
