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http://www.ddr89.de/chronik/1189/131189.html
Mo. 13. November 1989
In mehreren Staaten der Republik demonstrierten gestern wiederum Bürger, um ihren Forderungen nach wirksamen Veränderungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Nachdruck zu verleihen.
Leipzig: Für freie Wahlen, dauerhafte, gesetzlich verbrieft« Reisefreiheit und gegen den Anspruch auf eine führende Rolle der SED gingen in Leipzig schätzungsweise 200 000 Bürger auf die Straße. Der kilometerlange Demonstrationszug hatte sich auf dem Karl-Marx-Platz formiert, wo Sprecher des neuen Forum über Megaphone dazu aufriefen, einen Ausverkauf der DDR durch Schwarzarbeit und Schacher im Westen zu verhindern. Gleichzeitig warnten sie vor Opportunisten und Demagogen im eigenen Land. "Offene Grenzen ganz allein kann nicht die einzige Freiheit sein, nur SED - Nee!". "Die Mauer hat ein Loch, aber weg muss sie doch!", "Führungsanspruch der SED taut bei Wahlen weg wie Schnee" und "Freie Wahlen, wahre Zahlen" waren die Hauptaussagen der mitgeführten Losungen.
Während des Marsches um die Innenstadt, der den Verkehr im Zentrum lahmlegte, trugen Bürger auch zur Sicherung öffentlicher Gebäude bei. Die Demonstration löste sich gegen 20.15 Uhr friedlich auf.
Dresden: Hunderttausend Einwohner Dresdens stellten auf einer Protestkundgebung den Anspruch auf eine führende Rolle der SED in Frage. Vertreter von Bürgerinitiativen und von Parteien ergriffen das Wort. Arnold Vaatz vom Neuen Forum forderte einen unverzüglichen Volksentscheid zum Paragraphen 1 der Verfassung der DDR. Horst Korbella bekundete, er sehe als katholischer Christ eine neue Gemeinsamkeit aller Parteien und der neuen Gruppen als einzigen Weg zur Gestaltung der Heimat. Er erinnerte an die geschichtliche Erfahrung von 1945, als die Kommunisten ihre Hände dem Volk entgegenstreckten. Heute sei es an der Zeit, dies umgekehrt zu tun, denn ohne SED sei das Land nicht zu regieren. Der Sozialismus höre mit der Vorherrschaft der SED nicht auf; sondern bekäme einen wahrhaft demokratischen Charakter, sagte Jürgen Bönninger von der Gruppe "Demokratie jetzt". Vorschläge für eine umfassende Wirtschaftsreform brachte Dr. Frank Tellkamp von der NDPD ein. Die Kundgebung, der eine Demonstration durch das Stadtzentrum vorausging, war von zehn basisdemokratischen Gruppen Dresdens organisiert worden.
Karl-Marx-Stadt: Mehr als 50 000 Karl-Marx-Städter formierten sich in einem kilometerlangen Marsch zum Zentrum ihrer Stadt. Auf Losungen und in Sprechchören wurden freie Wahlen und ein Volksentscheid über den Paragraphen 1 der Verfassung der DDR gefordert. Auf einer anschließenden Zusammenkunft verlangten Vertreter des Neuen Forum unter anderem die Bestrafung derer, die für die Misswirtschaft verantwortlich sind.
Cottbus: Für mehr als 10 000 Cottbuser Bürger war der Platz vor der Stadthalle Treffpunkt, zu dem die SED-Parteiaktivs der Lausitzer Bezirksstadt und des Kreises Cottbus-Land sowie die Bürgerinitiative Neues Forum eingeladen hatten.
(Berliner Zeitung, Di. 14.11.1989)
Auch in Halle, Magdeburg, Neubrandenburg und Schwerin fanden Demonstrationen statt.
(Neues Deutschland, Di. 14.11.1989)
In einer Lage, da eine revolutionäre Volksbewegung einen Prozess gesellschaftlicher Umwälzungen in Gang gebracht hat und sich die DDR im Aufbruch befindet, trat die Volkskammer zu ihrer von vielen Abgeordneten seit langem geforderten 11. Tagung zusammen. Sie diskutierte in mehrstündiger kritischer und kämpferischer Aussprache die Lage in der Republik.
Im Mittelpunkt standen Reformen des politischen Systems. Die oberste Volksvertretung berief mit knapper Mehrheit den Vorsitzenden der DBD, Dr. Günther Maleuda, zu ihrem Präsidenten und mit großer Mehrheit ein neues Präsidium. Sie wählte mit einer Gegenstimme Dr. Hans Modrow, Mitglied des Politbüros des ZK der SED, zum Vorsitzenden des Ministerrates und beauftragte ihn mit der Bildung einer Regierung.
(Neues Deutschland, Di. 14.11.1989)
Ein kleiner Ausschitt aus der Tagung der Volkskammer am 13.11.1989:
Mo. 13. November 1989
In mehreren Staaten der Republik demonstrierten gestern wiederum Bürger, um ihren Forderungen nach wirksamen Veränderungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Nachdruck zu verleihen.
Leipzig: Für freie Wahlen, dauerhafte, gesetzlich verbrieft« Reisefreiheit und gegen den Anspruch auf eine führende Rolle der SED gingen in Leipzig schätzungsweise 200 000 Bürger auf die Straße. Der kilometerlange Demonstrationszug hatte sich auf dem Karl-Marx-Platz formiert, wo Sprecher des neuen Forum über Megaphone dazu aufriefen, einen Ausverkauf der DDR durch Schwarzarbeit und Schacher im Westen zu verhindern. Gleichzeitig warnten sie vor Opportunisten und Demagogen im eigenen Land. "Offene Grenzen ganz allein kann nicht die einzige Freiheit sein, nur SED - Nee!". "Die Mauer hat ein Loch, aber weg muss sie doch!", "Führungsanspruch der SED taut bei Wahlen weg wie Schnee" und "Freie Wahlen, wahre Zahlen" waren die Hauptaussagen der mitgeführten Losungen.
Während des Marsches um die Innenstadt, der den Verkehr im Zentrum lahmlegte, trugen Bürger auch zur Sicherung öffentlicher Gebäude bei. Die Demonstration löste sich gegen 20.15 Uhr friedlich auf.
Dresden: Hunderttausend Einwohner Dresdens stellten auf einer Protestkundgebung den Anspruch auf eine führende Rolle der SED in Frage. Vertreter von Bürgerinitiativen und von Parteien ergriffen das Wort. Arnold Vaatz vom Neuen Forum forderte einen unverzüglichen Volksentscheid zum Paragraphen 1 der Verfassung der DDR. Horst Korbella bekundete, er sehe als katholischer Christ eine neue Gemeinsamkeit aller Parteien und der neuen Gruppen als einzigen Weg zur Gestaltung der Heimat. Er erinnerte an die geschichtliche Erfahrung von 1945, als die Kommunisten ihre Hände dem Volk entgegenstreckten. Heute sei es an der Zeit, dies umgekehrt zu tun, denn ohne SED sei das Land nicht zu regieren. Der Sozialismus höre mit der Vorherrschaft der SED nicht auf; sondern bekäme einen wahrhaft demokratischen Charakter, sagte Jürgen Bönninger von der Gruppe "Demokratie jetzt". Vorschläge für eine umfassende Wirtschaftsreform brachte Dr. Frank Tellkamp von der NDPD ein. Die Kundgebung, der eine Demonstration durch das Stadtzentrum vorausging, war von zehn basisdemokratischen Gruppen Dresdens organisiert worden.
Karl-Marx-Stadt: Mehr als 50 000 Karl-Marx-Städter formierten sich in einem kilometerlangen Marsch zum Zentrum ihrer Stadt. Auf Losungen und in Sprechchören wurden freie Wahlen und ein Volksentscheid über den Paragraphen 1 der Verfassung der DDR gefordert. Auf einer anschließenden Zusammenkunft verlangten Vertreter des Neuen Forum unter anderem die Bestrafung derer, die für die Misswirtschaft verantwortlich sind.
Cottbus: Für mehr als 10 000 Cottbuser Bürger war der Platz vor der Stadthalle Treffpunkt, zu dem die SED-Parteiaktivs der Lausitzer Bezirksstadt und des Kreises Cottbus-Land sowie die Bürgerinitiative Neues Forum eingeladen hatten.
(Berliner Zeitung, Di. 14.11.1989)
Auch in Halle, Magdeburg, Neubrandenburg und Schwerin fanden Demonstrationen statt.
(Neues Deutschland, Di. 14.11.1989)
In einer Lage, da eine revolutionäre Volksbewegung einen Prozess gesellschaftlicher Umwälzungen in Gang gebracht hat und sich die DDR im Aufbruch befindet, trat die Volkskammer zu ihrer von vielen Abgeordneten seit langem geforderten 11. Tagung zusammen. Sie diskutierte in mehrstündiger kritischer und kämpferischer Aussprache die Lage in der Republik.
Im Mittelpunkt standen Reformen des politischen Systems. Die oberste Volksvertretung berief mit knapper Mehrheit den Vorsitzenden der DBD, Dr. Günther Maleuda, zu ihrem Präsidenten und mit großer Mehrheit ein neues Präsidium. Sie wählte mit einer Gegenstimme Dr. Hans Modrow, Mitglied des Politbüros des ZK der SED, zum Vorsitzenden des Ministerrates und beauftragte ihn mit der Bildung einer Regierung.
(Neues Deutschland, Di. 14.11.1989)
Ein kleiner Ausschitt aus der Tagung der Volkskammer am 13.11.1989: