Nein, tue ich nicht. Was hat ein KZ-Aufseher mit einem Geheimdienstmitarbeiter zu tun?
Ich geh nur auf Nummer Sicher. Leute, die Merkel mit Hitler gleichsetzten, haben keinerlei Probleme, die DDR mit der Nazizeit gleichzusetzen, und schon haben wir diese Analogie.
Mir fallen hierbei nur niedere Beweggründe ein. Aber erzähl du es mir, was sie dazu bewegt.
Nur niedere Beweggründe? Nunja, wenn man es genau nimmt, waren die Beweggründe von Dissidenten in der DDR grösstenteils niederer Natur. Sie wollten den Staat und die Gesellschaft zerstören, alles, was diese sich über die Jahrzehnte aufgebaut hatten. Sie waren von Hass, Selbstgerechtigkeit und Misstrauen zerfressen. Es gab nur Entweder-Oder.
Kann man so sehen, wenn man nicht differenzieren möchte.
In Wirklichkeit war es weit komplexer. Ich sehs mal vo der praktischen Seite: wenn du damals in der DDR wirklich was verbessern wolltest hattest du im wesentlichen 3 Möglichkeiten: du trittst in die Partei ein und versuchst, sie
von innen heraus zu verbessern, so wie Gysi es tat. Oder du wurdest zum Dissidenten wie Bärbel Bohley. Oder du versuchtest, die staatliche Toleranz gegenüber der Kirche dazu zu nutzen, Freiräume zu schaffen und zu helfen, damit einen Gegenpol zu schaffen, so wie Manfred Stolpe es tat.
Nun waren diese 3 relativ voneinander abhängig. Die Dissidenten konnten ohne Schutz der Kirche nicht wirklich arbeiten, die Kirche bekam ihre Freiheiten nicht ohne eine gewisse Zusammenarbeit mit dem Staat. Zudem war nichjt jeder Dissident auf maximale Gegnerschaft gepolt. Manche wollten die DDR verbessern, manche wollten sie abschaffen, manche waren der Meinung, jeder DDR-Bürger müsse erst mal zur Psychotherapie.
In diesem Interessenswirrwarr, zusammen mit einen extremen Informationsmangel, da war es für viele nicht ganz einfach, den Weg zu finden, mit dem sie am meisten was bewegen konnten. Und das ist die Frage, die in der ganzen IM-Hysterie fast nie gestellt wurde: konnte derjenige überhaupt anders ? Leute, die nie in einer Diktarur gelebt haben, verstehen einfach nicht, dass man dort oft nur überleben kann, wenn man Kompromisse mit dem System schliesst. Der Westen mochte diese ganzen kompromisslosen Anti-DDR-Märtyrer vergöttert haben, für den Osten waren das Vorzeige-Extremisten, die Staatsgewalt rechtfertigten. Viele, die mit den Oppositionellen sympathisierten, wollten gar nicht soweit gehen.
Nicht wenige haben sich deshalb als IM anheuern lassen, um überhaupt noch weiterarbeiten zu können. Es war ihr notwendiger Kompromiss mit den Staat. Die Stasi hat nicht wenigen von ihnen auch in den Glauben gelassen, genauso zu denken wie sie, eben nicht schwarz-weiss. Man darf auch nicht vergessen: trotz all dieser Überwachung hat man die Wende in der DDR nicht verhindert. Markus Wolf ist das beste Beispiel dafür, dass nicht alle bei der Stasi auf strikten Staatskurs waren.
Warum dann diese ganze IM-Hysterie von Dissidenten wie Bohley oder Biermann? Nun, der Grund ist recht simpel: beide sind im wesentlichen Krawallmacher, sie können nur fundamentalopposition zu ihren Gegnern. Zum Politiker mit den ganzen Feinheiten der Kompromissfindung taugen sie einfach nicht. In der DDR reichte das vollkommen aus, um eine Person mit gewisser Bedeutung zu sein. Nach der Wende konnte man nur noch Mahner sein. Aber gegen wen sollte man mahnen? Die SED brauchte sich nur zum Grundgesetz bekennen, und schon gab es keinerlei Gründe mehr, sie grossartig zu dämonisieren. Ebenso die Stasi: sie wurde ja aufgelöst, und es zeigte sich, dass man ihr ausser einer gewaltigen Überwachung nicht wirklich was vorwerfen konnte.
Letzendlich taugte nur der IM zur Dämonisierung. Weil er zwischen allen Stühlen sass. Und weil in unseren christlichen Werteverständnis der Verräter als schlimmer gilt als der Agressor. Man fraght sich nur selten, ob die überhaupt andere Möglichkeiten hatten.
Keine Ahnung, aber vielleicht kannst du mir auch das erläutern. Vielleicht welche die trotzdem noch in den Spiegel schauen können?
Ich fiunde, man sollte erst mal fragen, was diese Leute überhaupt wollen. Das Schubfach "IM" ist dasselbe wie das Schubfach "VT": ein Wort, und alles ist entwertet.
Es ging mir da nicht mal so sehr um "Bestrafung". Ich kann mir nur nicht vorstellen wie es für einen sich demokratisch schimpfenden Staat vereinbar sein kann, Leute im Staatsdienst zu beschäftigen, die das in einer Diktatur, in Form von Denunzianten - auch in höheren Positionen, also Geheimdienst gemacht haben.
Ich meine für solche "Dienste" sollte man ja wohl auch die entsprechende Überzeugung mitbringen.
Wie gesagt, ein Terrorist, der zum FBI geht, geht da nicht unbedingt hin, um seine Leute zu verraten. Der Status als FBI-Agent gibt ihn bisweilen auch gewisse Freiheiten.
Wenn du Engliscgh kannst, hier mal was zum Lesen:
https://www.wsj.com/articles/SB1006724165452955040