Freiheit, die ich meine...
Würde ich genau umgekehrt sehen. Man hat enorme Freiheiten. Ich kann jede Religion wählen, die ich will, früher hätte man mich da einfach erschlagen, wenn ich was anderes als Christ sein will. Du kannst jedes Land wählen, jeden Beruf, jede politische Überzeugung, jede sexuelle Orientierung. Früher hatte der Sohn den Beruf des Vaters, die Tochter wurde Ehefrau. Punkt. Natürlich hat man die Partei gewählt, die der Vater gewählt hat, man hatte sogar den gleichen Namen, als Erstgeborener, trat in die Fußstapfen.
Gibt es noch irgendeinen unumstrittenen moralischen Wert in unserer Gesellschaft?
Was uns fehlt sind Gewissheiten. Ich kann für jede Ansicht einen wiss. Experten finden der sie bestätigt und einen der genau das Gegenteil behauptet. Nimm die Geld-Wirtschaft, den Klimawandel, die EU, usw.
Sicher - theoretisch/pro forma besitzen wir all jene wertvollen, u. oftmals mit viel Leid u. Blut schwer erkämpften Freiheiten...und einige davon können wir auch praktisch innerhalb heutiger "zeitgemäßer" Verhältnisse/Strukturen/Grenzen/Richtlinien/Vorgaben leben.
Ja - wir können/dürfen "wählen"...also selbst entscheiden...und damit unser Leben innerhalb der o.g. Grenzen und Vorgaben/Determianten selbst gestalten.
Doch wie sieht es in der Praxis..in der Wirklichkeit aus mit unseren so oft gepriesenen Freiheiten ?
Die wirkliche Religionsfreiheit endet in den allermeisten Fällen bereits zu Beginn, da wir von unseren Bezugspersonen und der Gesellschaft zumeist christlich "orientiert" erzogen/sozialisiert werden. Selbst im heutigen "Ethikunterricht" wird vermutlich stärker Christliche Lehre im Vordergrund stehen im Vergleich zu anderen Religionen/Morallehren.
Z.B. : als bekennender Atheist bekomme ich Probleme im Sozialbereich, weil die Arbeitsplätze von den Kirchen "dominiert" werden.
Wäre ich Scientologe hätte ich sicher Probleme im Staatsdienst angenommen zu werden.
Ich will damit nur andeuten, dass es natürlich auch heue, wie in jeder anderen Zeit und Gesellschaft, Grenzen und Tabus gibt - Freiheiten hin oder her.
Da wir uns letztlich alle selbst "versorgen" müssen - also "selbsständig" unseren Lebensweg bestreiten müssen/sollten sind wir zu vielen Entscheidungen und Kompromissen gezwungen, die nun mal die heutigen Verhältnisse in Arbeits-Lebens-Um-Welt von uns fordern.
Da die Welt immer "künstlicher" - also vom Mensch beeinflusst/gelenkt/verändert wurde/wird haben wir uns den gegebenen Macht-Strukturen u. Verhältnissen anzupassen/unterzuordnen ( klar gibt es Ausnahmen besonders eigenwilliger, origineller, willensstarker, kreativer Menschen etc., die es schaffen dennoch in mancher Hinsicht eigene/neue Wege zu gehen u. dies auch trotz aller gesellschaftlicher Einschränkungen etc. durchzustehen....doch nur die Wenigsten schaffen dies mit "Erfolg".
Weitere Beispiele : Viele junge Studierte werden im Grunde dazu gezwungen nach langer Schul/Studienzeit kostenlos als Praktikanten zu arbeiten - müssen sich von ihrer Heimat trennen - ob sie wollen oder nicht, wenn sie einen Job/Ausbildungsstelle haben wollen etc. etc.
Wer z.B. die Polygamie leben will erhält Strafen und Verbote.
Generell gilt : wer sich der Leistungsgesellschaft verweigert erhält Probleme (also wer anders leben/arbeiten will )
Wir müssen alle Steuern zahlen - auch wenn wir noch so z.B. gegen die Anschaffung von Waffen, oder z.B. noch mehr noch schnellere Straßen etc. sind, bzw. generell mit der Politik u. d.h. mit der Verteilung der Steuern nicht einverstanden sind.
Wir müssen uns der heutigen Arbeitswelt/Leistungsgesellschaft etc. anpassen, die immer schnelllebiger, komplizierter ( Stichwort : Multitasking ) wird - und immer häufiger müssen wir uns dafür von "unserer Natur" trennen m.E.
Die Macht/Besitzverhältnisse bestimmen weitestgehend fast alles Leben. Je länger unsere Geschichte dauert umso klarer u. älter sind die Ressourcen oftmals verteilt u. bestimmen pausenlos und überall wie wir uns zu verhalten haben, wie wir uns zu verhalten u. was wir wie zu leisten haben um selbst einen kleinen Teil der Ressourcen für uns beanspruchen zu können - und je mehr wir uns dabei anpassen und anstrengen umso eher ist es uns - bei Erfolg - möglich selbst ein wenig mitzubestimmen.
Das alles hat jedoch nur wenig mit wirklicher Freiheit zu tun - auch wenn wir natürlich theoretisch "fast alles" erreichen können.
Und so wie es v.a. vom Besitz u. damit auch vom Arbeitsleben vorherbestimmt ist was wir wann wo wie warum zu tun haben um eben dies oder jenes Ziel evtl. erreichen zu können, so leiten sich im Kontext mit den Auswirkungen dieser "Leistungs-gesellschaft" natürlich auch "zeitgemäße" Grenzen/Vorgaben/Richtlinien/"Moral" etc. im zwischenmenschlich-sozialen Bereich für uns ab - natürlich immer abhängig von der Geschichte allgemein u. individuell.
Die Chancen für einen Metzgersohn zu studieren und eine Bankiers-Tochter zu ehelichen sind nach wie vor relativ bescheiden....und da natürlich auch Gesetzgebung - und v.a. - Sprechung massiv abhängig von Besitzverhältnissen war und ist werden wir bei einem kleinen Vergehen meist wesentlich härter bestraft als "Normalo", im Vergleich zu einem "Millionenbetrug" bei reichen jungen Erben, hm ?
Ja - selbst das Recht ist v.a. abhängig von Geschichte u. Besitz/Ansehen, bzw. der Möglichkeiten sich zu verteidigen ( denke mal an die lieben Steuer-Wirtschaftsanwälte etc. ) u. nicht von unserem eigentlich Recht auf "gleich angewandtes Gesetz", geschweigen denn auf wahre FREIE Gerechtigkeit, die es trotz aller sogenannter "richterlicher Unabhängigkeit" kaum wirklich gibt.
Ebenso unsere Freiheit uns zu informieren, zu lernen, zu bilden...alles mehr oder weniger abhängig von Besitz/Herkunft........"freie Wohnungswahl" bei zu wenig Mietwohnungen...sehr schwierig...vor allem, wenn mensch z.B. "Szelik" heißt....das gleiche mit den Arbeitsstellen und dem Bewerbungsprozess.
Und da unser Wirtschaft-Gesellschaftssystem ja immer schneller wachsen, effektiver ökonomischer werden muss haben viele schon nicht mehr die Zeit oder die zu große Auswahl in der Partnerschaftssuche.....natürlich auch wieder weitgehend abhängig von Macht/Besitz....gekauft werden kann heute wirklich so ziemlich alles, wo sogar die Grundsteine des Lebens selbst ( also die Gene ) schon verkauft werden im Patentamt etc....für alles andere gibt es unzählige u. zumeist unsinnige technische "Zeitspar-Helferlein", die uns allerdings auch wieder fordern u. v.a. abhängig machen, denn diese "Wunderdinge" müssen schließlich alle legal u. ordentlich erworben, also erarbeitet u. bezahlt werden.
Kunst, Kultur, Wissenschaft, Kreativität.....wird alles gekauft, verkauft...ist Anleihe.....hat mit Freiheit u. v.a. Wahrheit nicht mehr viel zu tun...muss sich schließlich "dem Markt" anpassen/unterordnen etc.
Wirkliche ursprüngliche Freiräume sind im Grunde höchstens noch die paar "weißen Flecke" auf der globalen Landkarte in welchen indigene "Restvölker" ihr Dasein in immer kleineren Inseln der "Natürlichlichkeit" leben können, die also noch nicht von Öl/Holz/Rohstoff-Ausbeutern eingekauft wurden - wobei natürlich auch die Indigenen alles andere als wirklich "frei" sind...schließlich müssen sie sich den teils sehr harten natürlichen Gesetzen u. Bedingungen anpassen und unterordnen...womit sie höchstens noch relativ frei von all den unzähligen "zivilen Grenzen/Gesetzen/ sind...und ihren uralten Gesetzen/Ritualen gemäß ihr Leben bestreiten.
Im Grunde können wir also nur wählen zwischen "Anpassung" an unsere unnatürliche völlig ungerechte Welt, oder eben versuchen den Ausstieg zu wagen, der i.a.R. von der Gesellschaft sehr erschwert wird.....u. dazwischen scheitern täglich Millionen von Menschen hierzulande...ganz zu schweigen von den total abhängig Ausgebeuteten in den meisten anderen Ländern dieser Welt.......alles damit "wir" unsere sogenannte "Freiheit" noch weiter ausbauen und leben können....mit aller Zerstörung und allem Unrecht welches davon total abhängig ist.
So - hoffe Du kannst nun ein wenig besser verstehen wie ich das mit der Freiheit gemeint habe.
Schon in meinem letzten Post schrieb ich deshalb auch nicht nur von Freiheit, sondern eben von "Frei-Räumen" u. regte dazu an meine Argumentation nicht als 100 % "bare Münze" aufzufassen, sondern sprach von möglicher Übertreibung meinerseits.
Stimmt - die Gewissheiten haben wir - auch wenn es schwer u. noch schrecklich ist - im Grunde verloren u. können damit auch noch nicht umgehen m.E. Das ist einer der Preise der "heutigen Freiheit", in der es eben nicht um "menschliche/moralische/ethische/religiöse etc. Werte geht, sondern einzig u. allein um PROFIT.
Solange Gene, Gesundheit, Grundnahrungsmittel, Wasser als auch Forschung (nach Wahrheit) wie alles andere auch zu profitablen Marktprodukten missbraucht werden können - solange werden wir mit Sicherheit auch nicht lernen können ohne Gewissheiten und Glauben in Frieden gemeinsam leben zu können, glaube ich.
MfG, Schwarzwälder
P.S. Und was die Politik und "freie" Parteiwahl betrifft : Hm...im Grunde sind ja unsere Parteien alles andere als "frei" - denn gerade sie sind v.a. abhängig von den Macht/Besitzverhältnissen..so dass schon seit vielen Jahren immer offensichtlicher wird wie lächerlich u. schwach die Nationalen Parlamente u. Parteien sich im Kampf mit den TNCs, also den Internationalen "Giganten" tun, wenn es um Durchsetzung von "Allgemeinwohl" geht.