schon alleine, wenn die AfD das Ventil für reine Unzufriedenheit wäre, hätte sie einen Punkt
in gewisser Weise gebe ich dir recht, auch ich halte die AfD nicht für eine wirklich alternative Bewegung, die letztlich tatsächlich mehrheitsfähig wäre ... schlicht und einfach, weil sie viel zu viele eigene Fehler macht und nicht etwa mal selbstkritisch sich selbst betrachtet, sondern die eigenen Fehler einfach auf die Anderen zu schieben versucht ... beliebt als Sündenbock für eigene Fehler natürlich auch die Medien
... und genau mit diesem Verhalten ist sie genauso etabliert wie die Anderen auch
Unzufriedenen ein Ventil zu geben ist das eine.....
Aus Unzufriedenheit eine politische Bewegung zu machen, die nachhaltig etwas verändert, ist eine andere Aufgabe.
Dass man in Deutschland und in der Welt viele Gründe hat, ganz individuell unzufrieden zu sein.... ist für mich unbestritten.
ABER: Wer sich mal ernsthaft damit auseinandersetzt, wie die Welt funktionieren sollte, der stellt dann doch fest, dass es nicht DIE EINE wahre Meinung und Idee gibt, sondern halt viele. Und unter diesen vielen gibt es auch ausreichend viele, die konträre Ansätze verfolgen.
Nun ist dann die Frage, wie man unter diesen Voraussetzungen zu Entscheidungen dazu kommt, wie man das Zusammenleben möglichst friedlich und für möglichst viele lebenswert gestaltet. (Der Anspruch muss sein, dass das Leben für Alle lebenswert ist!)
In demokratischen Gesellschaften gibt es bei demokratischen Entscheidungen regelmäßig Gewinner und Verlierer. Selbst dann, wenn man Minderheiten explizit schützt. In undemokratischen Gesellschaften ist das nicht anders - es gibt aber einen fundamentalen Unterschied. In demokratischen Gesellschaften wird wenigstens der ernsthafte Versuch unternommen, eine verbindliche Rechtsstaatlichkeit auf Basis der Idee der Gleichheit der Menschen vor dem Recht zu implementieren. Das wird in weniger demokratischen oder gar autoritären Systemen nicht wirklich verfolgt.
Die Idee, die Rechtsstaatlichkeit verbindlich als Grundlage des Zusammenlebens zu akzeptieren, ist gesellschaftlich gesehen relativ jung - und verbunden mit Ideen der Aufklärung. Auch wenn es die Aufklärung schon seit 300 Jahren gibt - die Idee, dass alle Menschen gleich (vor dem Recht) sind, ist noch immer blutjung! Lange Zeit hat man Schwarze nicht als Menschen akzeptiert und ihnen die Menschenrechte verweigert. Frauenrechte wurden in der urdemokratischen Schweiz erst nach 2000 im letzten Kanton anerkannt......und auch wenn man über gleiche Rechte für alle Menschen ernsthaft nachdenkt, ist selbst in Deutschland noch bei Themen wie dem Recht auf Ehe für Schwule und Lesben, oder der Anerkennung von Menschen die sich nicht dem Geschlecht männlich oder weiblich zugeordnet fühlen, noch immer Nachsteuerungsbedarf.
Entsprechende Prozesse sind langwierig - dauern teilweise auch mehr als 100 Jahre! Und - Angriffe gegen diese Art des Menschenbildes finden sich auch überall.
Die AFD ist in diesem Kontext auf der Werteskala eine sehr rechte Partei, die sich auch erzkonservativ gegenüber Rechten von Schwulen, Lesben und auch Frauen im allgemeinen abgibt.
Wirtschaftspolitisch ist die AFD gleichzeitig auf einem Kurs, der inhaltlich manchmal nationalistisch, aber häufig vor allem Extrem-Liberal daherkommt.
Die Wähler der AFD aus dem Protestwählerspektrum (nicht alle AFD-Wähler sind Protestwähler !) kommen häufig genug aus dem enttäuschten Millieu von früheren SPD-Wählern, oder auch von CDU-Wählern, die auch oft genug wirtschaftlich nicht besonders erfolgreich darstehen. Es sind häufig Menschen, die ihr Heil darin suchen, dass sie Abgrenzen und Ausgrenzen - Menschen, die Angst vor Veränderungen haben.
Würde die AFD an die Macht kommen, und würde sie dann ihren Wirtschaftspolitischen Kurs umsetzen, wäre dieser wenig sozial - und damit geradezu konträr zu den Wählerinteressen vieler AFD-Wähler. Das schreit danach, dass es scheitern müsste.
Zu Zeiten der NSDAP war hier politisch auch ein anderer Ansatz! Die NSDAP hatte in ihrem Programm die Problematik bezüglich Wirtschafts- und Sozialpolitik besser erkannt, weil die NSDAP gerade ihrer Wählerschaft (durchaus ähnliches Klientel zur AFD) ein ausgesprochenes Sozialprogramm mitgegeben hat! Nach der autokratischen Machtergreifung wurde das auch durchaus umgesetzt - in dem Sinne, dass man für Arbeitsplätze für Alle gesorgt hat. Finanziell war das auch bei der NSDAP wenig seriös - Finanzierung auf Pump oder durch Enteignung wohlhabender Juden u.ä. waren Programme, die den Nazis über einige Jahre ihre perverse Politik ermöglicht hat.
Dem gegenüber ist die AFD wirtschaftspolitisch im Verhältnis zu ihren Wählern (der Mehrzahl) ungeeignet aufgestellt - eine echte Gefahr wäre die AFD dann, wenn sie beispielsweise ernsthaft ein glaubwürdiges BGE vertreten würden, oder für ein "Recht auf Arbeit" eintreten würde.
Solcherlei linke Forderungen sind aber politisch in der AFD nicht mehrheitsfähig - wären aber notwendig, um gegenüber den Wählern der AFD eine glaubwürdige Gesamtpolitik formulieren zu können.
Dass eine solche teils linke und teils nationalistische Politik kaum finanzierbar wäre.....ist eine andere Fragestellung - die NSDAP hat das nur geschafft, indem Schulden aufgenommen wurden, und Teile der Bevölkerung massiv diskriminiert und enteignet wurden. Solcherlei Freiräume schließe ich politisch derzeit für den Euroraum aus - der Aufwand so etwas durchzusetzen wäre heute bedeutend und dramatisch höher, als zu Zeiten der NSDAP.
So gesehen wird die AFD, sollte sie je in die Verlegenheit kommen, mal auch wirklich regieren zu müssen, kläglich gegenüber ihrer Wahlklientel versagen.
Protestparteien schrumpfen dann aber sehr schnell auch wieder zur Bedeutungslosigkeit zusammen.
Das haben wir mit den REP erlebt, mit der DVU und mit einigen anderen Splittergruppierungen.
Im linken Rand wäre das auch nicht anders, wenn die SPD mehr integrierende Kräfte entwickeln würde - die SPD aber neigt dazu, sich selbst zu zerlegen. Das war so in der Entstehungsphase der Grünen, das war so bei der Deutschen Einheit und dem, wie sich die SPD in den neuen Bundesländern positioniert hat, das war so als die SPD mit der Linken konfrontiert wurde - und es ist bis heute so. Die LINKE in Deutschland ist nicht in der Lage, sich geschlossen als Einheit politisch zu positionieren. Sie ist zu zerstritten. In der Folge sind Mehrheiten links der Mitte derzeit und auch auf lange Zeit eher unwahrscheinlich.
Die AFD greift aber notwendige linke Positionen für ihre Protestwählerschaft nicht auf - ein politischer Fehler, der die AFD letzten Endes überflüssig macht. Sie wird in 20 Jahren kaum mehr eine Rolle in der politischen Landschaft der BRD spielen - selbst wenn sie bis 2025 immer wieder auch mal politische Erfolge feiern wird. Es wird dann und nur dann anders kommen, wenn die AFD sich massiv neu erfindet, sich von Rechtsradikalen einerseits löst, und andererseits soziale Forderungen ihrer eigentlichen Protestwähler sich politisch zu eigen macht. Nur - das wäre dann eine gänzlich andere AFD als die, die wir heute kennen.
Ich glaube nicht, dass die AFD zu solcherlei Reformen in der kurzen Zeit bis 2025 in der Lage ist - deshalb bin ich eher überzeugt, dass die AFD eine überbewertete Randnotiz der Geschichte bleibt.