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Dieser Leitfaden, von seinem Mitarbeiter Friedrich Loeffler als „Kochsche Postulate“ bezeichnet, geht in die Geschichte ein und hat heute immer noch in abgeänderter Form Gültigkeit. Doch längst gelten sie nicht mehr so uneingeschränkt wie zu Kochs Lebzeiten. Er selbst stieß bei der Erforschung des Choleraerregers Vibrio cholerae bereits an die Grenzen seiner Postulate, denn es gelang ihm nicht, Versuchstiere mit dem isolierten Bakterium zu infizieren.
Pockenvirus Variola major© CDC
Inzwischen wurden Krankheitserreger entdeckt, die nicht alle geforderten Bedingungen erfüllen. Viren lassen sich beispielsweise nicht auf einem einfachen Nährmedium kultivieren. Andere Erreger, zum Beispiel Neisseria gonorrhoeae, haben auf Tiere eine andere Wirkung als auf Menschen. Das HI-Virus konnte überhaupt erst mit den modernen Methoden der Molekularbiologie nachgewiesen werden. Aus diesem Grund wurden die Postulate um ein viertes erweitert, das den Nachweis immunologischer Erreger-Wirt-Beziehungen beschreibt.
Bei Kochs Fassung der Postulate stand die Frage im Mittelpunkt, ob ein bestimmter Erreger eine bestimmte Krankheit verursachte. Die abgeänderte moderne Version wird dagegen auf bekannte Erreger angewendet, um die Entstehung einer Infektion im Einzelnen zu klären.