Von der geistlichen Sichtweise aus gesehen sind die Sünden der Menschheit "Schuld" am Tode Jesu, denn Schuld muss gesühnt, resp. beglichen werden.
Von der weltlich-historischen Sichtweise aus gesehen, waren es die jüdischen Schriftgelehrten (Pharisäer und Sadduzäer), die Jesus wegen Gotteslästerung töten wollten, da sie jedoch selbst das Todesurteil nicht vollstreckten konnten, übergaben Sie Jesus der römischen Obrigkeit und setzten dort die Kreuzigung durch.
Diese "weltlich-historische Sichtweise" ist durch eine äußerst einseitige Propaganda einer Richtung der frühen Gemeinden (organisierte "Kirche" war es noch nicht) geprägt und wurde entsprechend tradiert, während andere Richtungen unterdrückt und anderslautende Berichte vernichtet wurden.
Interessant ist aber die genannte "geistliche Sichtweise":
Warum mussten die Sünden/die Schuld der Menschheit "gesühnt" werden (einschließlich der zukünftigen) ?
Wenn Gott der Vater von Jesus war/ist/gewesen sein soll, warum musste er dann seinen eigenen Sohn foltern und hinrichten lassen?
Entweder ist er der allmächtige Gott, dann hätte er barmherzig sein und auch ohne Prügelknaben vergeben können, oder es gibt "etwas", das ihn gezwungen hat, erst ein Ersatz-Opfer zu präsentieren. Dieses "etwas" ist entweder ein noch höherer und noch mächtigerer Gott oder ein allumfassendes Prinzip, dem selbst der angeblich "Allmächtige" unterworfen ist - in beiden Fällen wäre er nicht der "allmächtige und barmherzige Gott", sondern immernoch ein untergeordneter Gott, wie zu seiner Zeit als Wüstengott des Nomadenstammes der Schasu und vor seinem Aufstieg zum "einzigen und allmächtigen" Gott durch die Reformen des König Hiskia!
Diesen Widerspruch hat noch niemand klären können.
Das kann ich nicht so nachvollziehen, handelt es sich doch um Geschichte und nicht um irgendwelche "gepräge und tradierte" Umstände.
Es ist geschichtlicher Fakt, dass die jüdische Geistlichkeit Jesus wegen seinem Anspruch auf Göttlichkeit wegen Gotteslästerung hinrichten wollte und ebenfalls ist es geschichtlicher Fakt, dass dann unter Pontius Pilatus die Kreuzigung vollzogen wurde.
Wie kommst Du zu der Behauptung, es handele sich um "Geschichte" und "geschichtliche Fakten"?
Welche historischen Belege gibt es denn?
Die 4 Evangelien des NT sind
keine Geschichtsschreibung, sondern das, was Anhänger, die die beschriebenen Ereignisse selber gar nicht mehr erlebt haben, aus ihrem
Glauben heraus aufgeschrieben haben. Und vor allem: die die Zensur einer bestimmten Glaubensrichtung weit über 100 Jahre später überstanden haben.
Wir wissen heute, dass es über 50 "Evangelien" gegeben hat, von denen die meisten vernichtet werden sollten, weil sie der Führungsriege der "obsiegenden Glaubensrichtung" widersprachen (besonders "schlimmer Finger" war wohl dabei ein gewisser Irenäus von Lyon).
Aus dem, was man da inzwischen weiß, lässt sich schließen, dass diese Richtung ein besonderes Interesse hatte, sich mit der Staatsmacht - den Römern - gut zu stellen, sie (Pilatus) "reinzuwaschen" und "die Juden" in ein schlechtes Licht zu rücken.
Extrem ist die wahrscheinliche Fälschung und Verbiegung aber auch, wo es um die Stellung der Frauen in der Gemeinde und der Hierarchie geht, exemplarisch an den Nachenschaften des Petrus-Lagers gegenüber Maria Magdalena.
Das, was Du
glaubst ist die
"gepräge und tradierte" Glaubensrichtung, aber nicht historisch belegt!
Jedoch das, was Du selber "weltlich-historischen Sichtweise" genannt hast, ist gar nicht mein zentaler Punkt, was ich
dazu geschrieben hatte, war eigentlich nur eine Nebenbemerkung.
"Zentral" ist Deine "geistliche Sichtweise", und zu dem, was ich da geschrieben habe, bringst Du auch in der Antwort nichts als Glaubenssätze, die aber genau zu dem "Widerspruch in sich" nichts bringen, sondern ihn nur bestätigen und weiter vertiefen!
Nein, da ist kein Widerspruch, wenn man die Hintergründe berücksichtigt.
Das Reich Gottes ist ein zutiefst juristisches Reich, d.h. ein absolut gerechtes Reich.
Weil Gott sagte: Der Tod ist der Sünde Sold (dies zu Adam und Eva vor dem Sündenfall und Paulus wiederholt das dann in Römer 6,23), kann der absolut gerechte Gott nicht anders, als das Urteil Tod für Sünde auszusprechen und einzufordern.
Da kann Gott in diesem Sinne nicht einfach irgendwie "barmherzig" sein und darüber hinwegsehen und ein oder gar beide Augen zudrücken.
Auf Sünde folgt unweigerlich die Trennung von Gott, welches der Tod ist.
Darum hat Gottes Barmherzigkeit und Seine Liebe zu den bereits in Sünde gefallenen Menschen den Stellvertretertod am Kreuz wählen müssen.
Gott hat sozusagen stellvertretend am Kreuz die Strafe, das Urteil, für Sünde für diejenigen Menschen getragen, die das auch annehmen möchten.
Das bedeutet also, wenn ein Mensch das annehmen möchte, kann er zu Jesus gehen und dieses Geschenk der Sündenvergebung erbitten und Gott hat dann die juristische Handhabe, dass Er aufgrund Seines Blutes, welches Er freiwillig am Kreuz vergossen hat, diesem Menschen dann seine Sünden vergeben kann.
Das ist ein klassisches Zug um Zug Geschäft, der reuige Mensch liefert seine Sünde am Kreuz ab und erhält im Gegenzug die durch Jesu Blut erwirkte Vergebung.
Denjenigen, der lieber in Sünde und in Trennung von Gott leben möchte zwingt Gott nicht und solange ein Mensch nicht um diese Vergebung bittet, behält er auch auf eigenen Wunsch sozusagen seine Sünden vor Gott.
So hat Gottes Liebe einen rechtlich hieb und stichfesten Weg gefunden, um Menschen, die in Sünde gefallen sind und da raus wollen, die wieder zurück zu Gott wollen und Gemeinschaft mit Gott haben wollen, die die Ewigkeit in Gottes Nähe verbringen wollen, eine Möglichkeit dazu haben.
Hätte der Mensch keine Vergebung seiner Sünden, dann gäbe es nur das Urteil, ewige Trennung, ewiger Tod, aber keine Möglichkeit doch noch mit Gott Gemeinschaft haben zu können.
Was soll denn "absolut gerecht" sein, wenn ein (angeblich "allmächtiger") Vater seinen eignen - völlig "unschuldigen" (!) - Sohn als Prügelknaben foltern und abschlachten lässt?!
Da ist und bleibt doch der Widerspruch:
- entweder steht das "Prinzip Gerechtigkeit" (jede Sünde verlangt
irgendein Opfer) höher als der barmherzige Gott-Vater und der muss diesem Prinzip sogar seinen eigenen Sohn im ganz wörtlichen Sinne "opfern",
- oder der Gott ist der einzige und allmächtige Gott, dann hätte er auch ohne Opfer barmherzig sein können!
Wenn Gott - wie Du schreibst - hat "den Stellvertretertod am Kreuz wählen
müssen"
dann war er also gezwungen, also nicht "allmächtig" (selbst wenn es seine eigene pure Prinzipienreiterei gewesen wäre).
In dem Zusammenhang ist Dein "juristisch", "rechtlich hieb und stichfest" und "gäbe es nur das Urteil ..." doch genau der Widerspruch:
selbst Du stellst dieses angebliche "Recht" höher, als den Gott und - wie es immer bei "Recht" ist - höher als Gerechtigkeit.
Wenn es "Recht" gibt, dann gibt es auch einen Gesetzgeber, der dieses "Recht" in Gesetzen formuliert hat.
Wer ist dieser "Gesetzgeber" - der "allmächtige und allwissende, liebende und barmherzige Gott" kann es nicht sein, sonst hätte er nicht so eine Ungerechtigkeit des "notwendigen Opfers" hineingelegt.
Diesen Widerspruch hat noch niemand "gelöst"
schon gar nicht Du mit Deiner Antwort, Du hast ihn sogar nur noch deutlicher gemacht!
Feine "Gerechtigkeit"
Ein Richter an irgend einem Gericht verurteilt einen Täter, angenommen zu 10 Jahren Haft, nach 2 Jahren stirbt der Häftling, es stehen noch 8 Jahre aus, da muss der Richter seinen eigenen Sohn (der kein Verbrechen begangen hat) die restlichen 8 Jahre absitzen ? ? ?