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"Die Mörder Mohammeds" - haben Zeitreisende in die Geschichte eingegriffen?
In vielen Science Fiction-Erzählungen werden Zeitreisen geschildert und was sie für Konsequenzen haben. Das fängt bei einem beliebten Gedankenexperiment an:
Den eigenen Großvater ermorden!
Das muss geschehen, ehe er die Großmutter kennen lernt und mit ihr den Vater oder die Mutter zeugt. Dann wird der Zeitreisende, der das getan hat, selbst nie geboren. Wenn der Zeitreisende nicht geboren wird, kann er aber auch nicht den eigenen Großvater ermorden. Der heiratet dann und zeugt den Vater oder die Mutter des Zeitreisenden. Der kann dann in die Vergangenheit reisen und ... aber das hatten wir schon und das nennt sich Zeitparadoxon
Ein Ausweg aus diesem Paradoxon, der für das Strangthema wichtig ist, bietet die so genannte Viele-Welten-Theorie. Ihr zufolge "verzweigt" sich der Ablauf der Geschichte ständig in neue Äste mit "alternativer Geschichte" bzw. Paralleluniversen.
Ein Zeitreisender, der seinen Großvater ermordet, schafft demzufolge eine Welt, in der es seine Familie nicht geben wird. Er selbst stammt jedoch aus einer anderen Welt, wo der Großvater lebte und die Großmutter heiratete. Beide Welten existieren nun nebeneinander, ohne das unlösbare Paradoxa auftreten.
Diese Erklärung ist natürlich sehr verführerisch, um eine Welt mit einer anderen Geschichte zu erschaffen. So könnte einer der zahlreichen Kämpfer gegen den Islam ins 6. Jahrhundert nach Christus auf die arabische Halbinsel reisen und Mohammed ermorden, ehe er zum "Gesandten Gottes" und Begründer des Islams wurde.
Die Mörder Mohammeds erwartet in der Kurzgeschichte von Robert Silverberg eine böse Überraschung. Nicht Mohammed verschwindet aus der Geschichte, sondern seine Mörder! Es gibt nur einen und zumindest in den Rahmenbedingungen unabänderlichen Geschichtsablauf. Man kann als Zeitreisender in die Vergangenheit reisen, darf sie aber nicht irreparabel verändern wollen. Wer das doch tut und Mohammed oder andere wichtige Personen ermordert, der landet in einer Art "Fegefeuer". In der Erzählung wird das so beschrieben: die Geschichte ist wie eine lange, lange Spaghetti und Zeitreisende, die sie ändern wollen, landen in der Spaghettisoße.
In dem Roman "Zeitpatrouille" führt Silverberg diese Sichtweise weiter aus. Da reisen Menschen als Touristen in die Vergangenheit und ihre Reiseführer - oft professionelle Historiker - haben ihre liebe Not, dafür zu sorgen, dass sich die Touristen benehmen! Zudem gibt es noch die "Zeitpatrouille", die über die anderen Zeitreisenden wacht. Baut da ein Tourist oder ein Zeitreiseführer zu viel Mist, kann es sein, dass die Zeitpatrouille ihn aus der Geschichte entfernt, damit sie so verläuft, wie wir sie kennen.
Andere Autoren konnten ihre Finge aber nicht von der Geschichte lassen, denn zwei Eingriffe sind doch zu verlockend:
1. Adolf Hitler ermorden!
Damit das auch funzt, sollte der Zeitreisende aber mehrere Pumpguns und großzügig bemessene Magazine mit Dumdum-Geschossen mitnehmen. Denn mit dem A. H. allein ist es IMHO nicht getan. Auch seine Paladine und die 2. bis 4. Garnitur der Nazi-Technokraten sollten beim großem Umlegen nicht vernachlässigt werden Nicht zu vergessen sind die Hintermänner, die Geldgeber - all das Pack, was Feuchtwanger als "Hitlers Gegner und Gönner" bezeichnete. Also schweres Gerät einpacken und die eine oder andere Villa mitsamt Bewohnern niederbrennen
Bei sauberer und gründlicher Arbeit lohnt sich die Mühe: kein Nazi-Terror, kein Holocaust, kein zweiter Weltkrieg mit zig Millionen Toten, keine BRD, keine DDR, kein Merkeldeutschland. Keine Pendelschläge zwischen erzkonservativ und liberal ultra, zwischen Reichswahn und Arschkriecherei vor Amis und Russen, zwischen Hunger, Wirtschaftswunder und Perspektivlosigkeit. All das Pack, das Deutschland zuerst in Schande und dann ins Nichts führte, hätte keinen Platz in der Geschichte. In Berlin würde es weder 20 Prozent Arbeitslose noch einen U-Bahnhof "Adenauerplatz" geben.
2. Den Atomkrieg verhindern
Weil dabei noch viel mehr Menschen sterben würden als durch die Nazis, ist das zweifellos ein löbliches Ziel, dem SF-Autoren viele Geschichten gewidmet haben.
Allerdings hat Larry Niven der Verhinderung des Atomkrieges eine Geschichte gewidmet, wo dadurch alles noch schlimmer wird. In der Welt nach dem Atomkrieg wird ein durch die Strahlung Verkrüppelter in die Zeit der Kuba-Krise zurückgeschickt. Er sorgt dafür, dass aus der Kuba-Krise nicht der Atomkrieg wird. Er selbst landet dann in einer Art Limbus, wo ihn nur Sterbenden sehen können und ihn für den Tod halten.
Dann trifft der Zeitreisende im Limbus andere Zeitreisende. Weil sich ohne Atomkrieg die Menschheit wie Ungeziefer vermehrt hat und die Erde ausgeplündert und zerstört hat, will der Zeitreisende nun die Verhinderung des Atomkriegs rückgängig machen. Lieber wenig Menschen nach einem Atomkrieg als viele, die die Welt noch gründlicher als Atombomben zerstören! So erschießt sich der Zeitreisende selbst und ... naja, noch ein Zeitparadoxon :rolleyes2: :rolleyes2:
Was ist, wenn der Zeitreisende, der ein Paradoxon erzeugt, sich selbst umbringt, ehe er das Paradoxon erzeugen kann?
Dafür sorgen, dass aus der Menschheit nichts wird!
Solche Gedanken waren es vermutlich, welche die Wissenschaftler, die im Auftrag von Außerirdischen eine Zeitmaschine erbauten, dazu veranlassten, ihre Auftraggeber eindringlich vor Eingriffen in die Geschichte zu warnen.
Doch besagte Außerirdische, die bösartigen "Meister der Insel", hörten nicht auf die Warnungen. Im 25. Jahrhundert geraten die Meister der Insel, die ganz Andromeda unterjocht haben, mit den Menschen aneinander. Die Menschheit hat mit Hilfe auf dem Mond notgelandeter anderer Außerirdischer schneller als erwartet interstellare Raumfahrt entwickelt. Sie hat ein "Solares Imperium" genanntes Sternenreich errichtet, das von einer kruden Mischung aus Militarismus und Humanismus, Größenwahn und tiefer Moralität geprägt ist.
Die Menschen schaffen es, die Völker Andromedas zur Rebellion gegen die "Meister der Insel" anzustiften und einen "Meister" nach dem Anderen umzubringen! Der letzte Meister der Insel, Mirona Thetin aka Faktor I, weiß sich nicht anders zu helfen als einen Eingriff in die Geschichte der Menschheit vorzunehmen. Das auf dem Mond notgelandete Raumschiff Außerirdischer soll vernichtet werden, ehe die Außerirdischen mit den Menschen Kontakt aufnehmen und ihnen ihre Technik zur Verfügung stellen.
Faktor I hofft, dass dann die Menschen auch im 25. Jahrhundert nur primitive Raumfahrt haben und im Wortsinne Lichtjahre davon entfernt sind, sich in die Belange der "Meister der Insel" in Andromeda einzumischen.
In "Perry Rhodan", woher ich dieses Beispiel für einen Eingriff in die Geschichte habe, scheitert er schon im Vorfeld. Der mit der Vernichtung des notgelandeten Raumschiffs beauftragte Offizier hat nichts Besseres zu tun, als sich auf der Venus von einer automatischen Festung abschießen zu lassen.
Dahinter steht die Sichtweise, dass jemand, der Eingriffe in die Geschichte vornehmen will, dabei das Opfer aller möglichen und unmöglichen Zufälle wird, die ihn an seinem Tun hindern. Weil noch so ein absurder Zufall wahrscheinlicher ist, als das jemand wichtige Elemente der Geschichte entfernen kann. Die Pistole mit der jemand A. H. erschießen will, hätte dann halt ständig Ladehemmung oder die Patrone würde hinten heraus fliegen und den Attentäter treffen :rolleyes2:
Das in "Perry Rhodan" von Faktor I befohlene Projekt, die Geschichte der Menschheit zu ändern, damit aus ihr nichts wird, hat in der Realwelt allerdings so viele Förderer und engagierte Unterstützer, dass ich mir erlaube, den Faden mal weiter zu spinnen.
Schon aus dem Grund, dass ein pflichtbewusster Raumschiffskapitän sich bei einer wichtigen Mission nicht auf einer Extratour abschießen lässt, sondern seinen Job gefälligst erledigt! Wie von Faktor I befohlen wird also das notgelandete Raumschiff auf dem Mond vernichtet und die Menschheit erhält nicht vorzeitig Zugang zu außerirdischer Technologie.
Die Menschen brauchen dann vielleicht noch 1 oder 2 Weltkriege und 200 Jahre, bis sie geeint sind und ihre Raumschiffe die anderen Planeten des Sonnensystems erreichen. In den nächsten 200 Jahren fliegen sie zu den Sternen, nehmen Kontakt zu anderen intelligenten Wesen auf und stoßen dann im Jahre 2400 - wie in "Perry Rhodan" - auf eine geheimnisvolle Verbindung zur bis dahin als unerreichbar geltenden Nachbargalaxis Andromeda.
Alles weitere wie gehabt. Die Menschen finden heraus, was es mit den "Meistern der Insel" auf sich hat, wiegeln die Völker Andromedas gegen sie auf und bringen einen "MdI" nach dem Anderen um. Für Faktor I ändert sich außer den Namen ihrer Gegner und der Bezeichnung ihres Gemeinwesens nicht viel. Dann ist es eben nicht Perry Rhodan vom Solaren Imperium, sondern Jennifer Lopez von der Allianz der Menschheit. Ms. Lopez hat vielleicht nicht so große Raumschiffe wie Mr. Rhodan, aber in der Milchstraße vielleicht mehr Verbündete, die ihr gegen die MdI helfen.
Wieder bleibt Faktor I nach dem Verlust ihrer Spießgesellen und aller anderen Machtmittel nichts anderes übrig, als einen Eingriff in die Geschichte der Menschheit zu befehlen.
Sie muss dafür sorgen, dass aus der Menschheit nichts wird! Keine irdische Raumfahrt, damit die Menschen im 25. Jahrhundert nicht in Andromeda aufkreuzen. Am besten ein System, wo die Menschheit sich bis zum 25. Jahrhundert selbst vernichtet hat oder in Barbarei zurück gefallen ist. Diskurse, wo jeder Bericht über Raumfahrt mit dem Satz endet: "Lieber die Probleme auf der Erde lösen", ohne das seine verblödeten Urheber wissen, welches ganz spezielle Problem Faktor I auf der Erde lösen will :rolleyes2:
Weil sich Ms. Lopez in Andromeda als so nervig erwiesen hat, fundamentalistische Arschlöcher in der Art der Taliban sponsorn, für die Frauen nur Tiere sind. Dafür sorgen, dass die Menschheit noch auf Jahrhunderte von fossilen Energien - Kohle, Erdgas, Erdöl, auch Uran und Thorium - abhängig ist, die als Energieträger für Raumschiffe nicht geeignet sind. Ein System schaffen, das für die Reichen wie "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley ist und für die Armen wie "1984" von George Orwell. Blöde und satte Reiche und verzweifelte und verrohte Arme sind allenfalls für sich selbst eine Gefahr.
Woher wir wissen, dass Faktor I NICHT dafür gesorgt hat, dass aus der Menschheit nichts wird
Woher wissen wir, dass weder Faktor I noch Mörder von Hitler oder Verhinderer eines Atomkrieges in die Geschichte eingegriffen haben?
Wir wissen es aus Wunschdenken
Dieses Wunschdenken nennt sich "Methodologie" und die Methologie der Geschichtswissenschaften ist selbst kein "Wissen", sondern eine "Norm". Es ist ein Satz von Regeln, wie man historische Ereignisse zu erklären hat. Allgemein basiert das auf dem Ockhamschen Rasiermesser, dem zufolge man Sachverhalte möglichst einfach erklären soll. Wenn es möglich ist, das Ausbleiben eines Atomkriegs oder postmodernen Dummschwatz ohne Eingriffe von Zeitreisenden in die Geschichte zu erklären, hat man als Historiker gefälligst auf solche Eingriffe zu verzichten! Dazu kommt das Problem der Beliebikeit. Lässt man Zeitreisende als Ursache von Geschichte zu, kann man alle Ereignisse, deren Zusammenhänge man nicht versteht, damit "erklären", dass es die Zeitreisenden waren.
Zeitreisende kommen als Erklärung nur dann in Frage, wenn die Erklärung eines Sachverhaltes ohne Zeitreisende komplizierter und tautologischer ist als mit Zeitreisenden. So hat sich in einer Erzählung jemand dadurch als Besucher aus der Zukunft "ausgewiesen", dass er dem Protagonisten der Geschichte Antischwerkraft vorgeführt hat. Der Held schwebte dann schwerelos über den Bäumen und hatte die Wahl zwischen diesen Erklärungen:
1. Die Wissenschaft seiner Zeit hat insgeheim schon die Antischwerkraft entwickelt, obwohl die Physiker sagten, dass sie die Schwerkraft zwar beschreiben, aber nicht wirklich verstehen können.
2. Sein Besucher ist ein Außerirdischer, der aber wie ein Mensch aussieht und dessen Zivilisation Antischwerkraft kennt
3. Sein Besucher kommt aus der Zukunft, in der die Menschen Antischwerkraft entwickelt haben.
Weil die Erklärungen 1. und 2. komplizierte Implikationen enthalten, entschied sich der Held der Geschichte dafür, Erklärung 3. zu glauben. Er traf einen Zeitreisenden. Die Geschichtswissenschaft nun ist im Großen und Ganzen mit folgenden Erklärungen zufrieden:
1. Geschichte wird durch Faktoren in Vergangenheit und Gegenwart verursaucht. Ereignisse der Zukunft haben keinen Einfluss auf vergangene Geschichte und Zeitgeschichte.
2. Geschichte wird von Faktoren auf der Erde verursacht. Faktoren von außerhalb der Erde haben - abgesehen von Meteoren, Strahlungsschwankunden der Sonne - keinen Einfluss auf unsere Geschichte.
So ist die Welt und die Geschichte für unsere "Realisten" wieder in Ordnung Aber sie ist es nicht aufgrund "harter Fakten", sondern nur erkenntnistheoretischer Normen. Und es mag Ereignisse geben, wo die methodologischen Normen zu anderen Erklärungen zwingen als den in 1. und 2. skizzierten.
In vielen Science Fiction-Erzählungen werden Zeitreisen geschildert und was sie für Konsequenzen haben. Das fängt bei einem beliebten Gedankenexperiment an:
Den eigenen Großvater ermorden!
Das muss geschehen, ehe er die Großmutter kennen lernt und mit ihr den Vater oder die Mutter zeugt. Dann wird der Zeitreisende, der das getan hat, selbst nie geboren. Wenn der Zeitreisende nicht geboren wird, kann er aber auch nicht den eigenen Großvater ermorden. Der heiratet dann und zeugt den Vater oder die Mutter des Zeitreisenden. Der kann dann in die Vergangenheit reisen und ... aber das hatten wir schon und das nennt sich Zeitparadoxon
Ein Ausweg aus diesem Paradoxon, der für das Strangthema wichtig ist, bietet die so genannte Viele-Welten-Theorie. Ihr zufolge "verzweigt" sich der Ablauf der Geschichte ständig in neue Äste mit "alternativer Geschichte" bzw. Paralleluniversen.
Ein Zeitreisender, der seinen Großvater ermordet, schafft demzufolge eine Welt, in der es seine Familie nicht geben wird. Er selbst stammt jedoch aus einer anderen Welt, wo der Großvater lebte und die Großmutter heiratete. Beide Welten existieren nun nebeneinander, ohne das unlösbare Paradoxa auftreten.
Diese Erklärung ist natürlich sehr verführerisch, um eine Welt mit einer anderen Geschichte zu erschaffen. So könnte einer der zahlreichen Kämpfer gegen den Islam ins 6. Jahrhundert nach Christus auf die arabische Halbinsel reisen und Mohammed ermorden, ehe er zum "Gesandten Gottes" und Begründer des Islams wurde.
Die Mörder Mohammeds erwartet in der Kurzgeschichte von Robert Silverberg eine böse Überraschung. Nicht Mohammed verschwindet aus der Geschichte, sondern seine Mörder! Es gibt nur einen und zumindest in den Rahmenbedingungen unabänderlichen Geschichtsablauf. Man kann als Zeitreisender in die Vergangenheit reisen, darf sie aber nicht irreparabel verändern wollen. Wer das doch tut und Mohammed oder andere wichtige Personen ermordert, der landet in einer Art "Fegefeuer". In der Erzählung wird das so beschrieben: die Geschichte ist wie eine lange, lange Spaghetti und Zeitreisende, die sie ändern wollen, landen in der Spaghettisoße.
In dem Roman "Zeitpatrouille" führt Silverberg diese Sichtweise weiter aus. Da reisen Menschen als Touristen in die Vergangenheit und ihre Reiseführer - oft professionelle Historiker - haben ihre liebe Not, dafür zu sorgen, dass sich die Touristen benehmen! Zudem gibt es noch die "Zeitpatrouille", die über die anderen Zeitreisenden wacht. Baut da ein Tourist oder ein Zeitreiseführer zu viel Mist, kann es sein, dass die Zeitpatrouille ihn aus der Geschichte entfernt, damit sie so verläuft, wie wir sie kennen.
Andere Autoren konnten ihre Finge aber nicht von der Geschichte lassen, denn zwei Eingriffe sind doch zu verlockend:
1. Adolf Hitler ermorden!
Damit das auch funzt, sollte der Zeitreisende aber mehrere Pumpguns und großzügig bemessene Magazine mit Dumdum-Geschossen mitnehmen. Denn mit dem A. H. allein ist es IMHO nicht getan. Auch seine Paladine und die 2. bis 4. Garnitur der Nazi-Technokraten sollten beim großem Umlegen nicht vernachlässigt werden Nicht zu vergessen sind die Hintermänner, die Geldgeber - all das Pack, was Feuchtwanger als "Hitlers Gegner und Gönner" bezeichnete. Also schweres Gerät einpacken und die eine oder andere Villa mitsamt Bewohnern niederbrennen
Bei sauberer und gründlicher Arbeit lohnt sich die Mühe: kein Nazi-Terror, kein Holocaust, kein zweiter Weltkrieg mit zig Millionen Toten, keine BRD, keine DDR, kein Merkeldeutschland. Keine Pendelschläge zwischen erzkonservativ und liberal ultra, zwischen Reichswahn und Arschkriecherei vor Amis und Russen, zwischen Hunger, Wirtschaftswunder und Perspektivlosigkeit. All das Pack, das Deutschland zuerst in Schande und dann ins Nichts führte, hätte keinen Platz in der Geschichte. In Berlin würde es weder 20 Prozent Arbeitslose noch einen U-Bahnhof "Adenauerplatz" geben.
2. Den Atomkrieg verhindern
Weil dabei noch viel mehr Menschen sterben würden als durch die Nazis, ist das zweifellos ein löbliches Ziel, dem SF-Autoren viele Geschichten gewidmet haben.
Allerdings hat Larry Niven der Verhinderung des Atomkrieges eine Geschichte gewidmet, wo dadurch alles noch schlimmer wird. In der Welt nach dem Atomkrieg wird ein durch die Strahlung Verkrüppelter in die Zeit der Kuba-Krise zurückgeschickt. Er sorgt dafür, dass aus der Kuba-Krise nicht der Atomkrieg wird. Er selbst landet dann in einer Art Limbus, wo ihn nur Sterbenden sehen können und ihn für den Tod halten.
Dann trifft der Zeitreisende im Limbus andere Zeitreisende. Weil sich ohne Atomkrieg die Menschheit wie Ungeziefer vermehrt hat und die Erde ausgeplündert und zerstört hat, will der Zeitreisende nun die Verhinderung des Atomkriegs rückgängig machen. Lieber wenig Menschen nach einem Atomkrieg als viele, die die Welt noch gründlicher als Atombomben zerstören! So erschießt sich der Zeitreisende selbst und ... naja, noch ein Zeitparadoxon :rolleyes2: :rolleyes2:
Was ist, wenn der Zeitreisende, der ein Paradoxon erzeugt, sich selbst umbringt, ehe er das Paradoxon erzeugen kann?
Dafür sorgen, dass aus der Menschheit nichts wird!
Solche Gedanken waren es vermutlich, welche die Wissenschaftler, die im Auftrag von Außerirdischen eine Zeitmaschine erbauten, dazu veranlassten, ihre Auftraggeber eindringlich vor Eingriffen in die Geschichte zu warnen.
Doch besagte Außerirdische, die bösartigen "Meister der Insel", hörten nicht auf die Warnungen. Im 25. Jahrhundert geraten die Meister der Insel, die ganz Andromeda unterjocht haben, mit den Menschen aneinander. Die Menschheit hat mit Hilfe auf dem Mond notgelandeter anderer Außerirdischer schneller als erwartet interstellare Raumfahrt entwickelt. Sie hat ein "Solares Imperium" genanntes Sternenreich errichtet, das von einer kruden Mischung aus Militarismus und Humanismus, Größenwahn und tiefer Moralität geprägt ist.
Die Menschen schaffen es, die Völker Andromedas zur Rebellion gegen die "Meister der Insel" anzustiften und einen "Meister" nach dem Anderen umzubringen! Der letzte Meister der Insel, Mirona Thetin aka Faktor I, weiß sich nicht anders zu helfen als einen Eingriff in die Geschichte der Menschheit vorzunehmen. Das auf dem Mond notgelandete Raumschiff Außerirdischer soll vernichtet werden, ehe die Außerirdischen mit den Menschen Kontakt aufnehmen und ihnen ihre Technik zur Verfügung stellen.
Faktor I hofft, dass dann die Menschen auch im 25. Jahrhundert nur primitive Raumfahrt haben und im Wortsinne Lichtjahre davon entfernt sind, sich in die Belange der "Meister der Insel" in Andromeda einzumischen.
In "Perry Rhodan", woher ich dieses Beispiel für einen Eingriff in die Geschichte habe, scheitert er schon im Vorfeld. Der mit der Vernichtung des notgelandeten Raumschiffs beauftragte Offizier hat nichts Besseres zu tun, als sich auf der Venus von einer automatischen Festung abschießen zu lassen.
Dahinter steht die Sichtweise, dass jemand, der Eingriffe in die Geschichte vornehmen will, dabei das Opfer aller möglichen und unmöglichen Zufälle wird, die ihn an seinem Tun hindern. Weil noch so ein absurder Zufall wahrscheinlicher ist, als das jemand wichtige Elemente der Geschichte entfernen kann. Die Pistole mit der jemand A. H. erschießen will, hätte dann halt ständig Ladehemmung oder die Patrone würde hinten heraus fliegen und den Attentäter treffen :rolleyes2:
Das in "Perry Rhodan" von Faktor I befohlene Projekt, die Geschichte der Menschheit zu ändern, damit aus ihr nichts wird, hat in der Realwelt allerdings so viele Förderer und engagierte Unterstützer, dass ich mir erlaube, den Faden mal weiter zu spinnen.
Schon aus dem Grund, dass ein pflichtbewusster Raumschiffskapitän sich bei einer wichtigen Mission nicht auf einer Extratour abschießen lässt, sondern seinen Job gefälligst erledigt! Wie von Faktor I befohlen wird also das notgelandete Raumschiff auf dem Mond vernichtet und die Menschheit erhält nicht vorzeitig Zugang zu außerirdischer Technologie.
Die Menschen brauchen dann vielleicht noch 1 oder 2 Weltkriege und 200 Jahre, bis sie geeint sind und ihre Raumschiffe die anderen Planeten des Sonnensystems erreichen. In den nächsten 200 Jahren fliegen sie zu den Sternen, nehmen Kontakt zu anderen intelligenten Wesen auf und stoßen dann im Jahre 2400 - wie in "Perry Rhodan" - auf eine geheimnisvolle Verbindung zur bis dahin als unerreichbar geltenden Nachbargalaxis Andromeda.
Alles weitere wie gehabt. Die Menschen finden heraus, was es mit den "Meistern der Insel" auf sich hat, wiegeln die Völker Andromedas gegen sie auf und bringen einen "MdI" nach dem Anderen um. Für Faktor I ändert sich außer den Namen ihrer Gegner und der Bezeichnung ihres Gemeinwesens nicht viel. Dann ist es eben nicht Perry Rhodan vom Solaren Imperium, sondern Jennifer Lopez von der Allianz der Menschheit. Ms. Lopez hat vielleicht nicht so große Raumschiffe wie Mr. Rhodan, aber in der Milchstraße vielleicht mehr Verbündete, die ihr gegen die MdI helfen.
Wieder bleibt Faktor I nach dem Verlust ihrer Spießgesellen und aller anderen Machtmittel nichts anderes übrig, als einen Eingriff in die Geschichte der Menschheit zu befehlen.
Sie muss dafür sorgen, dass aus der Menschheit nichts wird! Keine irdische Raumfahrt, damit die Menschen im 25. Jahrhundert nicht in Andromeda aufkreuzen. Am besten ein System, wo die Menschheit sich bis zum 25. Jahrhundert selbst vernichtet hat oder in Barbarei zurück gefallen ist. Diskurse, wo jeder Bericht über Raumfahrt mit dem Satz endet: "Lieber die Probleme auf der Erde lösen", ohne das seine verblödeten Urheber wissen, welches ganz spezielle Problem Faktor I auf der Erde lösen will :rolleyes2:
Weil sich Ms. Lopez in Andromeda als so nervig erwiesen hat, fundamentalistische Arschlöcher in der Art der Taliban sponsorn, für die Frauen nur Tiere sind. Dafür sorgen, dass die Menschheit noch auf Jahrhunderte von fossilen Energien - Kohle, Erdgas, Erdöl, auch Uran und Thorium - abhängig ist, die als Energieträger für Raumschiffe nicht geeignet sind. Ein System schaffen, das für die Reichen wie "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley ist und für die Armen wie "1984" von George Orwell. Blöde und satte Reiche und verzweifelte und verrohte Arme sind allenfalls für sich selbst eine Gefahr.
Woher wir wissen, dass Faktor I NICHT dafür gesorgt hat, dass aus der Menschheit nichts wird
Woher wissen wir, dass weder Faktor I noch Mörder von Hitler oder Verhinderer eines Atomkrieges in die Geschichte eingegriffen haben?
Wir wissen es aus Wunschdenken
Dieses Wunschdenken nennt sich "Methodologie" und die Methologie der Geschichtswissenschaften ist selbst kein "Wissen", sondern eine "Norm". Es ist ein Satz von Regeln, wie man historische Ereignisse zu erklären hat. Allgemein basiert das auf dem Ockhamschen Rasiermesser, dem zufolge man Sachverhalte möglichst einfach erklären soll. Wenn es möglich ist, das Ausbleiben eines Atomkriegs oder postmodernen Dummschwatz ohne Eingriffe von Zeitreisenden in die Geschichte zu erklären, hat man als Historiker gefälligst auf solche Eingriffe zu verzichten! Dazu kommt das Problem der Beliebikeit. Lässt man Zeitreisende als Ursache von Geschichte zu, kann man alle Ereignisse, deren Zusammenhänge man nicht versteht, damit "erklären", dass es die Zeitreisenden waren.
Zeitreisende kommen als Erklärung nur dann in Frage, wenn die Erklärung eines Sachverhaltes ohne Zeitreisende komplizierter und tautologischer ist als mit Zeitreisenden. So hat sich in einer Erzählung jemand dadurch als Besucher aus der Zukunft "ausgewiesen", dass er dem Protagonisten der Geschichte Antischwerkraft vorgeführt hat. Der Held schwebte dann schwerelos über den Bäumen und hatte die Wahl zwischen diesen Erklärungen:
1. Die Wissenschaft seiner Zeit hat insgeheim schon die Antischwerkraft entwickelt, obwohl die Physiker sagten, dass sie die Schwerkraft zwar beschreiben, aber nicht wirklich verstehen können.
2. Sein Besucher ist ein Außerirdischer, der aber wie ein Mensch aussieht und dessen Zivilisation Antischwerkraft kennt
3. Sein Besucher kommt aus der Zukunft, in der die Menschen Antischwerkraft entwickelt haben.
Weil die Erklärungen 1. und 2. komplizierte Implikationen enthalten, entschied sich der Held der Geschichte dafür, Erklärung 3. zu glauben. Er traf einen Zeitreisenden. Die Geschichtswissenschaft nun ist im Großen und Ganzen mit folgenden Erklärungen zufrieden:
1. Geschichte wird durch Faktoren in Vergangenheit und Gegenwart verursaucht. Ereignisse der Zukunft haben keinen Einfluss auf vergangene Geschichte und Zeitgeschichte.
2. Geschichte wird von Faktoren auf der Erde verursacht. Faktoren von außerhalb der Erde haben - abgesehen von Meteoren, Strahlungsschwankunden der Sonne - keinen Einfluss auf unsere Geschichte.
So ist die Welt und die Geschichte für unsere "Realisten" wieder in Ordnung Aber sie ist es nicht aufgrund "harter Fakten", sondern nur erkenntnistheoretischer Normen. Und es mag Ereignisse geben, wo die methodologischen Normen zu anderen Erklärungen zwingen als den in 1. und 2. skizzierten.
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