Donald Tusk hatte in der ukrainischen Hauptstadt mit Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj verhandelt und dabei erklärt, jene, die Putin im Stillen unterstützen, verraten Europa. „Aber wir werden nicht vergessen und ihnen nicht verzeihen.“ Das genügte, um eine heftige Protestnote des ungarischen Außenministeriums auszulösen.
„Donald Tusk hat bei seinem Besuch in Kiew vollkommen respektlos und mit unflätigen Worten die Position der ungarischen Regierung zum Ukraine-Krieg attackiert.“ Ungarn würde mit seinem „uneuropäischen“ Verhalten Verrat an Europa üben. „Wenn wir uns die Ereignisse der letzten Wochen in Polen anschauen, wo Politiker der Opposition ins Gefängnis geworfen werden, widerspiegelt dies das Demokratieverständnis des polnischen Ministerpräsidenten. Aber was bitte schön ist das denn für ein Verhalten inmitten Europas, dass abweichende Meinungen nicht toleriert werden?!“ Es gehöre noch immer zu den Grundwerten der EU, dass niemand bestraft werden darf, nur weil er einer anderen Auffassung als die amtierende Regierung ist. „In der EU hat jeder das Recht, seine eigene Meinung zu formulieren, einen eigenen Standpunkt zu vertreten. Niemand darf dafür mit Sanktionen belegt, abqualifiziert und schon gar nicht eingesperrt werden“, stellte Szijjártó klar.
Was die Haltung Ungarns zum Ukraine-Krieg anbelangt, war der Außenminister auch bei dieser Gelegenheit nicht um eine Antwort verlegen. Der bewaffnete Konflikt ziehe sich seit zwei Jahren in die Länge, weshalb eigentlich auch dem Letzten ein Licht aufgehen müsste, dass es auf dem Schlachtfeld keine Lösung geben kann. „Auf dem Schlachtfeld gibt es keine Lösungen, sondern tagtäglich nur mehr Tote und Zerstörung. Deshalb setzt sich Ungarn für Frieden ein.“ Ungarn werde sich nicht in das Lager der Kriegstreiber hinüberziehen lassen; es fordert einen unverzüglichen Waffenstillstand und Friedensgespräche. „Ungarn ist ein souveränes Land, mit dem Recht auf eine eigene Meinung. Wir bestehen darauf, so schnell es geht Frieden in der Ukraine zu schaffen, auch wenn es dem Kriegstreiber Donald Tusk nicht in den Kram passt“, schloss Szijjártó mit außergewöhnlich scharfen Worten.
Am Dienstag musste der Außenminister Informationen bestätigen, wonach über die ungarische Botschaft in Kiew eine Morddrohung gegen ihn eingegangen sei. In der auf Ukrainisch formulierten E-Mail ist die Rede vom Hass auf Ungarns Regierung, „die weiterhin alles dafür tut, damit wir den Krieg verlieren. Glaubt ihr im Ernst, euer Minister kann nach all diesen Attacken gegen die Ukraine so einfach zu uns kommen? Das denken wir anders. Am 29. Januar dürft ihr mit einem explosiven Gruß rechnen“, heißt es in dem Schreiben in Anspielung auf den Tag des Treffens der Außenminister in Ungvár (Uschhorod). Nicht einmal ein gepanzerter Zug werde Szijjártó schützen können, die Ungarn sollten schon mal ein Bestattungsunternehmen beauftragen, denn „Gott vergibt, die Ukrainer aber nicht“.
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